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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott
Autoren: Eric Ambler
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überschwenglichen Worten, daß alles in Ordnung sei. Als ein Freund von Señor Siepen war ich in ihrer Achtung zweifellos gestiegen.
    Es war ein BMW; das Mädchen saß hinter dem Lenkrad. Jost stellte mich ihr vor, als er sich neben sie setzte: »Das, mein Schatz, ist Herr Carter. Er ist ein Freund von Herrn Lewinson, und wir müssen noch über einige geschäftliche Dinge reden. Es wird nicht lange dauern.« Er tätschelte ihren Oberschenkel.
    Wie sein ›Schatz‹ hieß, sagte er mir nicht. Als ich auf den hinteren Sitz kletterte, lächelte sie mir kurz zu. Dann ließ sie den Motor an.
    Josts Haus lag auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht am Ende einer hügeligen Straße, die von zahlreichen Leitungsdrähten gekreuzt wurde. Unterwegs sagte er nur ein einziges Mal etwas. Als wir ein schweres Holztor passierten, wandte er sich zurück.
    »Lewinsons Haus. Waren Sie schon einmal dort?«
    »Nein.«
    »Ein wunderschönes Grundstück. Mit einem Zitronengarten.«
    Seine Villa stand unter Feigenbäumen; sie sah aus wie ein Bauernhaus. Das Wohnzimmer – der einzige Raum, den ich zu sehen bekam – war im Stil eines spanischen Landhauses eingerichtet; Polstermöbel und Sofas machten es noch gemütlicher, ebenso ein mächtiger Kamin. Zum Meer hin war eine gepflasterte Terrasse angelehnt; Weinreben, über eine bäuerliche Pergola gezogen, gaben Schutz vor der Sonne. Und von der Terrasse führte ein Pfad steil zum nahen Strand.
    Jost entzündete die Kerzen, die auf schmiedeeisernen Haltern steckten, und wandte sich mir zu.
    »Brandy oder Scotch Whisky?«
    »Brandy bitte.«
    Das Mädchen ging zurück ins Haus, und wenige Augenblicke später brachte eine ältere Frau ein Tablett mit einer Flasche und einigen Gläsern.
    Jost hatte mir einen Stuhl angeboten, aber zu nichtssagendem Geplauder schien er keine Lust zu haben. Das war mir nur recht. Er zündete sich eine Panatella an; schweigend warteten wir, bis die Frau gegangen war. Er füllte zwei Gläser und schob eines zu mir herüber.
    »Damit wir uns nicht mißverstehen«, begann er; »wir haben uns einmal kurz miteinander unterhalten, als ich ein Abonnement auf jenes Blatt bestellte, das Sie herausgaben. Wir haben einen gemeinsamen Bekannten, einen Schriftsteller namens Lewinson oder Latimer, der allem Anschein nach von der Erdoberfläche verschwunden ist. Das dürfte wohl alles sein, was uns verbindet. Von diesem Arnold Bloch, den Sie vorhin erwähnten, habe ich noch nie etwas gehört. Wenn Sie hypothetische Fragen stellen wollen, werden meine Antworten ebenso ausfallen. Ob Sie mir glauben oder nicht, liegt bei Ihnen. Habe ich mich verständlich genug ausgedrückt?«
    »Verständlich genug, Herr Oberst. Sie wissen nichts, Sie geben nichts zu.«
    Er stieß eine Rauchwolke aus und sah mich durch die Schwaden an. »Wenn Sie mich mit ›Herr Oberst‹ anreden, werden Sie nicht weiterkommen«, sagte er. »Und wenn Sie sich einbilden, Sie könnten mir mit diesem Wissen imponieren, irren Sie sich gewaltig.«
    »Ich wollte Ihnen damit nicht imponieren«, log ich. »Aber da dies eine hypothetische Diskussion ist, hielt ich eine hypothetische Höflichkeitsfloskel für angemessen. Latimer sagte in seinem letzten Buch – das ich im Auftrag seines Verlegers zu Ende führe –, Sie seien Oberst gewesen. Danach habe ich mich gerichtet. Wenn er sich irrte, bin ich natürlich bereit …«
    Mit einer Handbewegung tat er das Thema ab. »Das ist absolut unwichtig.«
    »Er schrieb auch, daß Sie gern erzählen.«
    Seine Lippen verkniffen sich. »Ich weiß nur zu gut, was er geschrieben hat.«
    »Sie haben sein Manuskript gelesen?«
    »Teilweise, ja.«
    »Hat er es Ihnen gegeben?«
    »Nein, Mr. Carter, er gab es mir nicht. Als ich erfuhr, daß er an einem Buch über den Fall arbeitete, den die Zeitungen die › Intercom- Affäre‹ nannten, entschloß sich jemand, der daran interessiert ist, sich das Manuskript einmal anzusehen.«
    »Ohne Latimers Wissen?«
    »Natürlich.«
    »Jemand, der daran interessiert ist … Waren Sie es? Oder Oberst Brand?«
    »Ich kenne niemanden, der Brand heißt.« Er zuckte die Achseln. »Nehmen wir an, es wäre Brand gewesen.«
    »Und er gab es Ihnen. Ich verstehe. Es muß für Sie beide ein böser Schock gewesen sein.«
    Er nippte an seinem Brandy und sah mich düster an. »Mr. Latimer war ein ziemlich ausgefuchster Mann«, sagte er. »Aber er war auch – ich bedauere, dies sagen zu müssen – ebenso verantwortungslos. Wegen der Dinge, die er geschrieben hat,
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