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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition)
Autoren: Jochen Till
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PROLOG
    ES WAR Mittwoch ... oder Donnerstag? Ich wusste es nicht genau, als ich meine Augen öffnete. Ernsthaft Sorgen machte ich mir deswegen nicht, schließlich war es nicht das erste Mal, dass ich meine innere Uhr verloren hatte; sie würde schon wieder auftauchen. Da war noch etwas anderes, das fehlte, etwas Größeres, aber ich kam nicht drauf, was es sein könnte. Ich lag auf meinem Bett und der Reißverschluss meiner Lederjacke piekste in meiner linken Backe, was mich vermuten ließ, dass ich am Abend zuvor wohl recht heftig getrunken hatte. Apropos linke Backe: Meine gesamte linke Gesichtshälfte schmerzte höllisch. Es brannte, als ob mir jemand ein Brandzeichen in der Größe eines Bügeleisens verpasst hätte, doch ich konnte mich an nichts erinnern. Ich stand auf. Mein Mund war so trocken, als hätte ich einen Staubsaugerbeutel gefrühstückt. Der Gedanke an Flüssigkeit veranlasste meinen Körper, mir einen Überschuss selbiger anzuzeigen, und so schlurfte ich erst mal ins Bad.
    Nachdem ich mich erleichtert hatte, stand ich schließlich meinem Spiegelbild gegenüber, und was ich dort sah, wollte mir überhaupt nicht gefallen. Verdammt, was war bloß passiert? Meine linke Backe war knallrot und dick geschwollen, mein linkes Auge gab der Farbe Blau eine völlig neue Bedeutung. Und dann mein Mund! Beim Anblick meiner Unterlippe musste ich unwillkürlich an das Foto eines afrikanischen Medizinmannes denken, das ich kürzlich in einer Illustrierten gesehen hatte. In dessen Unterlippe hätte man locker zehn Weihnachtsbaumkugeln piercen können, in meine jetzt mindestens fünf.
    Wenigstens wusste ich jetzt, dass der Schmerz beim Aufwachen keine Einbildung gewesen war.
    Ich ging in die Küche. Im Kühlschrank war außer ein paar Flaschen Bier und einer säuerlich riechenden Tüte Milch nichts Trinkbares zu finden. Schweren Magens entschloss ich mich für ein Bier und ging ins Wohnzimmer. Ich schob eine Oasis-CD ein, drehte auf, fläzte mich auf die Couch und steckte mir eine an wie immer, wenn es mir dreckig ging. Das Bier und die Zigarette taten mir – zumindest meinem Kopf – gut, doch die Erinnerung an den letzten Abend weigerte sich nach wie vor zu mir zurückzukehren. Ich schloss die Augen und sang leise »Wonderwall« mit.
    DIE KLINGEL meiner Haustür riss mich aus einem Traum, ich war wohl wieder eingeschlafen. Es klingelte Sturm, sehr aufdringlich und hektisch, und ich schleppte mich widerwillig zur Tür. Durch den Spion sah ich meinen guten Freund Flo. Ich öffnete die Tür und Flo stürzte herein.
    »Hey, David! Noch mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Hier, mein Geschenk. Hatte ich gestern vergessen.«
    Er drückte mir etwas verpacktes CD-Förmiges in die Hand und zog seine Jacke aus. Ich hatte also Geburtstag. Das war mir neu, erklärte aber das Übermaß an Alkohol am Abend zuvor. Wie alt ich wohl geworden war?
    »Mann, sieht ja krass aus, dein Gesicht! Hätte nie gedacht, dass sie so zuschlagen kann. Und, wie fühlt man sich so mit 25 und ohne Freundin?«
    Das war es! Das war es, was ich nach dem Aufwachen auch vermisst hatte. Meine Freundin. Warum war sie nicht hier? Und das an meinem 25. Geburtstag. Ich war verwirrt.
    »Moment«, sagte ich. »Jetzt mal ganz langsam! Lass uns erst mal in die Küche gehen und dann erzählst du mir alles ganz genau. Ich weiß nämlich absolut gar nichts mehr von gestern Abend.«
    Ich bugsierte ihn in die Küche, platzierte ihn auf einem Stuhl und machte uns zwei Bier auf.
    »So«, fuhr ich fort, »jetzt noch mal von vorn. Ich hatte bis eben sogar vergessen, dass ich heute Geburtstag habe. Oder hatte ich gestern schon? Der Wievielte ist heute überhaupt?«
    Flo lachte.
    »Also«, drängte ich, »was sollte das vorhin bedeuten? Du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass Christine mich so zugerichtet hat? Nicht meine Chris! Warum sollte sie?«
    »Doch, doch, glaub's mal. Es war Chris. Und sie hatte einen guten Grund dafür. Kannst froh sein, dass du noch lebst. Ich dachte, sie bringt dich um.«
    »Aber warum, verdammt?«
    Flo grinste über sein ganzes breites Gesicht. Nichts machte ihm in diesem Moment mehr Spaß, als mich zappeln zu lassen, und ich hasste ihn dafür.
    »Jetzt lass dich nicht so feiern!«, sagte ich ungeduldig. »Du weißt, wenn es um Chris geht, hört der Spaß bei mir auf. Was ist passiert? Warum hat sie das gemacht? Raus damit!«
    »Okay, okay, reg dich ab. Ich erzähl's ja schon«, hörte ich ihn sagen, musste aber noch mit
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