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Das Hotel New Hampshire

Das Hotel New Hampshire

Titel: Das Hotel New Hampshire
Autoren: John Irving
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unserem unechten Hotel. Susie sagt mir manchmal, Vater sei der beste Berater, den sie habe.
    »Wenn eine wirklich kaputt ist«, vertraut Susie mir an, »schick ich sie runter zu den Landestegen, wo sie den blinden Mann und Blindenhund Nummer Vier trifft. Was immer er ihnen erzählt, es muß eine gewisse Wirkung haben«, folgert sie. »Bis jetzt ist jedenfalls noch keine ins Wasser gesprungen.«
    »Bleiben Sie immer weg von offenen Fenstern, meine Liebe«, sagt mein Vater so ziemlich zu jeder. »Das ist das Wichtigste«, fügt er noch hinzu. Es ist zweifellos Lilly, die dem Rat meines Vaters so viel Autorität verleiht. Er war schon immer gut darin, uns Kindern einen Rat zu geben - selbst wenn er absolut keine Ahnung hatte, was los war. »Vielleicht gerade wenn er absolut keine Ahnung hat«, sagt Frank. »Schließlich weiß er immer noch nicht, daß ich schwul bin, aber er gibt mir ständig gute Ratschläge.« Wenn das nicht gekonnt ist!
    »Okay, okay«, sagte Franny zu mir am Telefon, erst letzten Winter, gleich nach dem großen Schnee. »Ich hab dich nicht angerufen, um die Einzelheiten jeder Vergewaltigung in Maine zu erfahren - ein andermal wieder, Kleiner«, sagte Franny zu mir. »Willst du immer noch ein Baby?«
    »Natürlich will ich ein Baby«, sagte ich ihr. »Ich versuche Susie jeden Tag davon zu überzeugen.«
    »Nun«, sagte Franny, »was würdest du sagen, wenn das Baby von mir käme?«
    »Aber du willst doch kein Baby, Franny«, erinnerte ich sie. »Was meinst du also damit?«
    »Ich meine damit, daß Junior und ich ein bißchen nachlässig waren«, sagte Franny. »Aber statt zu tun, was man heute so tut, überlegten wir uns, daß wir ja eigentlich die perfekten Eltern für ein Baby kennen.«
    »Besonders in der heutigen Zeit, Mann«, sagte Junior an seinem Ende der Leitung. »Ich glaube, Maine ist bald so was wie der letzte Schlupfwinkel.«
    »Jedes Kind sollte in einem seltsamen Hotel aufwachsen, meinst du nicht auch?« sagte Franny.
    »Meine Überlegung war die, Mann«, sagte Junior Jones, »daß jedes Kind wenigstens einen Elternteil haben sollte, der nichts tut. Ich will dich bestimmt nicht beleidigen, Mann«, sagte Junior zu mir, »aber als eine Art Betreuer, der nichts Besonderes tut, bist du einfach perfekt. Du weißt, was ich sagen will?«
    »Er will sagen, du sorgst dich um alle«, sagte Franny in ihrer lieben Art. »Er will sagen, das ist irgendwie deine Rolle. Du bist ein perfekter Vater.«
    »Oder eine Mutter, Mann«, fügte Junior hinzu.
    »Und wenn Susie ein Baby um sich hat, geht ihr vielleicht ein Licht auf«, sagte Franny.
    »Vielleicht hat sie dann den Mut, die Sache in die Hand zu nehmen, Mann«, sagte Junior Jones. »Bildlich gesprochen«, fügte er hinzu, und Franny jaulte vor Vergnügen. Sie hatten diesen Anruf offensichtlich schon länger miteinander geplant.
    »He!« sagte Franny an ihrem Apparat. »Hast du deine Zunge verschluckt? Bist du noch da? Hallo, hallo!«
    »He, Mann«, sagte Junior Jones. »Bist du in Ohnmacht gefallen, oder was?«
    »Hat dich ein Bär am Wickel?« fragte mich Franny. »Ich frage dich, willst du mein Baby?«
    »Das ist nicht irgendein Jux, Mann«, sagte Junior Jones.
    »Ja oder nein, Kleiner?« sagte Franny. »Ich hab dich lieb, das weißt du doch«, fügte sie hinzu. »Ich würde mein Baby nicht jedem überlassen, ich hoffe, das weißt du, Kleiner.« Aber ich brachte kein Wort heraus, so glücklich war ich.
    »Ich biete dir neun Monate meines Lebens an, verfickt nochmal! Ich biete dir neun Monate meines schönen Körpers an, Kleiner!« lockte mich Franny. »Es liegt an dir!«
    »Mann!« rief Junior Jones. »Deine Schwester, von deren Körper Millionen träumen, macht dir ein Angebot! Sie ist bereit, deinetwegen ihre Gestalt zu ändern. Sie ist bereit, wie eine verfickte Colaflasche auszusehen, nur um ein Baby für dich zu haben, Mann. Ich weiß nicht genau, wie ich damit zurechtkommen werde«, fügte er hinzu, »aber wir lieben dich schließlich beide. Also, was ist? Es liegt an dir.«
    »Ich liebe dich!« betonte Franny noch einmal mit Nachdruck. »Ich versuche dir zu geben, was du brauchst, John«, sagte sie mir.
    Doch Susie der Bär nahm mir den Hörer aus der Hand. »Himmel nochmal«, sagte sie zu Franny und Junior, »erst weckt ihr uns so früh am Tag, daß ich glaube, es ist schon wieder eine verfickte Vergewaltigung, und jetzt habt ihr es geschärft, daß er ganz rot im Gesicht ist und kein Wort mehr herausbringt! Verfickt und zugenäht! Was
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