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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
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Kreuz, weil sie ihm so viele Steine bringen mußte. Vielleicht sogar schon Schwielen an den Händen.«
    »Übertreib nicht so«, sagte Mutti.
    Da klingelte es.
    Wir alle stürzten zur Tür, aber es war nicht die Großmutter mit Bero. Es war ein Bauernbursch, der den Hut aus der Stirn schob und fragte, ob wir Krämer hießen.
    Vater wies auf das Türschild.
    »Also, mich schickt die Großmutter.«
    »Ist Bero in den Bach gefallen?« fragte Mutti entsetzt. »Nein, nein, sie kriegt den Kleinen nur nicht von der Brücke herunter. Und es soll jemand kommen und ihr helfen.«
    »Ich wußte es ja«, sagte Vater. »Ich kenne doch meinen Sohn. Als ich gleich von Anfang an ein bißchen strenger mit ihm sein wollte, schalt mich dieselbe Großmutter hartherzig, es sei doch noch ein so kleines Baby.«
    »Also dann«, sagte der Bauernbursch.
    »Wie sollen wir Ihnen das danken?« fragte Mutti. »Ach, nicht der Rede wert.« Und schon rannte der Bauernbursch die Treppe hinunter.
    »Ja, da werde ich wohl hinfahren müssen, sonst sind die beiden morgen noch immer auf der Brücke«, meinte Vater.
    Ich durfte mitfahren.
    Schon von weitem sahen wir die beiden, Großmutter schleppte immer noch Steine herbei. Wir stellten den Wagen bei einer Scheune ab und gingen die letzten hundert Meter. Bero zeigte überhaupt kein schlechtes Gewissen.

    »Noch ein Stein«, sagte er. Und Großmutter reichte ihm einen.
    »Schluß jetzt!« rief Vater. »Jetzt wird endlich nach Hause gegangen.«
    »Ein Stein noch«, bettelte Bero Vater an.
    »Also gut, ein Stein noch, aber dann ist Schluß, hörst du?« Er brachte Bero einen Stein.
    Der warf ihn in den Bach und erklärte grinsend: »Stein hat plumps macht.«
    »Fein. Und jetzt gehen wir.«
    »Manfred auch noch ein Stein«, sagte Bero.
    »Also gut.« Ich brachte auch noch einen.
    Eine dreiviertel Stunde später kamen Mutti und Spinne auf ihren Rädern.
    »Ich verstehe nicht, daß du so nachgiebig bist«, sagte Mutti zu Vater. »Man kann sich von einem kleinen Jungen doch nicht so tyrannisieren lassen.«
    »Noch ein Stein«, sagte Bero zu Mutti.
    »Also gut, einen Stein noch, aber dann ist Schluß«, sagte Mutti.
    »Spinne auch noch einen Stein.«
    Eine halbe Stunde später war Don mit seinem Moped an der Brücke. »Der Bauer schickt den Jockel aus«, rief er.
    »Man kann ja nur hoffen, daß niemand erfährt, wie uns der Knirps an der Nase herumführt.«
    »Noch ein Stein«, grinste Bero Don an.
    »Von mir kriegst du keinen, du Quälgeist!« schrie Don. Aber dann bückte er sich und gab Bero doch einen Stein.
    »Jetzt alle noch einen«, sagte Bero nachher.
    Als wir heimfuhren, dunkelte es schon. Großmutter und Bero schliefen sofort im Wagen ein. Großmutter bekamen wir an unserem Haus noch wach. Bero nicht mehr. Er schlief, während wir ihn hinauftrugen, auszogen, wuschen, für das Bett ankleideten und ins Bett legten.
    Dafür verlangte er am nächsten Morgen um fünf, daß wir auch ausgeschlafen sein sollten.
    Das ist unser Familienleben.

    Großmutter hatte eine Entdeckung gemacht. Sie beklagte sich, unser Bero sei ängstlich.
    »Ängstlich, wieso?« fragte Mutti.
    »Er fürchtet sich vor manchen Straßen.«
    Mutter wurde blaß. »Vor Straßen?«
    »Ja. Er will und will in manche Straßen nicht hineingehen. Sträubt sich, klammert sich an mich und zieht mich in eine andere Richtung.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Mutter, »mir ist das noch nicht aufgefallen.«
    »Du warst auch ein so ängstliches Kind«, sagte Großmutter. »Kaum warst du vom Haus weg, hast du dich gefürchtet.«
    »Aber doch nicht Bero!«
    »Doch, er fürchtet sich. Ich weiß es genau.«
    Meine Mutter wollte mit Vater darüber reden.
    »Er ist sensibler, als ihr denkt«, sagte Großmutter. »Vielleicht hat er zuwenig Liebe.«
    »Wir sind fünf, die ihn lieben«, sagte Mutter bös, »nun hör aber auf.«
    »Vielleicht ist es nicht genug.«
    »Bero will nicht abgedrückt werden, wie du es immer versuchst«, sagte ich. »Er sträubt sich dagegen. Er mag das nicht.«
    »Das verstehst du nicht«, sagte die Großmutter, »es ist die Nestwärme. Und er fürchtet sich.«
    Ich ärgerte mich, weil Großmutter sagte, daß ich das nicht verstehe. Als sie am Nachmittag mit Bero spazierenging, schlich ich den beiden nach.
    Bero zeigte zunächst absolut keine Angst, in Straßen hineinzugehen, er schien Kreuzungen oder den Beginn einer neuen Straße überhaupt nicht zu bemerken.
    Erst als die Großmutter den Rückweg einschlug, sträubte er sich.
    »Nein,
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