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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
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einer antiken Kommode, zog eine Schublade auf, nahm drei Taschentücher mit der Krone darauf heraus und sagte: >Wenn du schon älter wärest, mein Sohn, dann hätte ich dir gerne meine Tochter zur Gemahlin gegeben, so aber nimm als Zeichen meines Dankes die drei Taschentücher. Sie sind noch neu.<
    Ich sagte noch so etwas wie: >Danke, das wäre doch nicht nötig gewesen!< Aber er drängte sie mir geradezu auf. Dann ließ er mich in seinem Rolls-Royce nach Hause fahren.«

    »Und die Tochter?«
    »Die kam drei Wochen später aus dem Krankenhaus. Sie hat mich, als ich wieder heimfuhr, an die Bahnstation begleitet und konnte beim Abschied ihre Tränen nicht unterdrücken. Ein Prachtmädchen. Wäre ich älter gewesen, hätte ich sie tatsächlich geheiratet.« Das war die Geschichte mit den drei Taschentüchern. Aber die wollte ich gar nicht erzählen. Es geht ja um unsere Familie und Bero. Und vor allem um die Brücke über den Bach, ihr wißt schon, wo zwischen den
    Alles auf Englisch natürlich.
    Der Wirt stürzt zum Telefon, alarmiert den Arzt. Dann läßt er ein Pferd satteln, denn mit dem Auto können wir nicht an den Unfallort. Und dann geht’s wie die Wilde Jagd mit dem Arzt durch den Wald zurück. Und da liegt die Herzogstochter und hat ihr Bewußtsein verloren. Aber sie atmet noch schwach. Wir tun alles, um sie wieder ein wenig fit zu bekommen, wir machen eine Infusion, dann heben wir sie auf mein Pferd, nehmen das ihre mit und kehren so vorsichtig wie möglich zum Dorfkrug zurück. Schon ist ein Krankenwagen da, und heulend braust er mit der Herzogstochter davon.«
    Die Pause war vorüber. Ich mußte aufhören. Es kam die Turnstunde. Eine flaue Stunde, denn alle wollten wissen, wie die Geschichte weiterging.
    Sogar ich.
    »Ja«, sagte ich dann in der nächsten Pause, »es vergehen zwei Tage. Da kommt die Pflegemutter in meine Kammer gestürzt und sagt: >Der Herzog steht draußen, und er will dich sprechend Ich gehe hinaus, und da steht er. Zuerst will er mir nur die Hand geben, englische Herzöge sind immer sehr kühl, aber dann übermannt es ihn, und er drückt mich an seine Brust. >Mein Sohn<, sagt er. >Mein braver, guter Sohn!< — Und der Pflegemutter erklärte er: >Er hat das Leben meiner Tochter gerettet.<«
    »Wie hieß sie eigentlich?« fragten die anderen.
    »Mary Ann«, sagte ich. »Und dann lud er mich auf sein Schloß ein. Und als ich dorthin kam, empfing er mich an der Treppe, führte mich zur Bar und fragte: >Whisky oder Fruchtsaft?<
    >Harte Männer trinken Milch<, sagte ich.
    Der Herzog zog eine Augenbraue hoch und winkte dem Butler, der verneigte sich und brachte auf einem silbernen Tablett ein Glas Milch herbei. Dann ging der Herzog selbst zu einer antiken Kommode, zog eine Schublade auf, nahm drei Taschentücher mit der Krone darauf heraus und sagte: >Wenn du schon älter wärest, mein Sohn, dann hätte ich dir gerne meine Tochter zur Gemahlin gegeben, so aber nimm als Zeichen meines Dankes die drei Taschentücher. Sie sind noch neu.<
    Ich sagte noch so etwas wie: >Danke, das wäre doch nicht nötig gewesen!< Aber er drängte sie mir geradezu auf. Dann ließ er mich in seinem Rolls-Royce nach Hause fahren.«
    »Und die Tochter?«
    »Die kam drei Wochen später aus dem Krankenhaus. Sie hat mich, als ich wieder heimfuhr, an die Bahnstation begleitet und konnte beim Abschied ihre Tränen nicht unterdrücken. Ein Prachtmädchen. Wäre ich älter gewesen, hätte ich sie tatsächlich geheiratet.« Das war die Geschichte mit den drei Taschentüchern. Aber die wollte ich gar nicht erzählen. Es geht ja um unsere Familie und Bero. Und vor allem um die Brücke über den Bach, ihr wißt schon, wo zwischen den Steinen die Forellen stehen. Und das wird auf jeden Fall eine viel längere Geschichte.
    Das Ganze kam so. Großmutter war auf Besuch. Und Bero wollte von ihr das Märchen vom Rotkäppchen hören. Und da Bero es wollte, erzählte sie auch das Märchen. Sie kannte ja Beros neueste Masche nicht. »Da war einmal ein braves, kleines Mädchen«, begann also die Großmutter, »das hatte eine kranke Großmutter.«
    »Eine arme, alte Großmutter«, sagte Bero.
    »Ja, richtig«, sagte die Großmutter. Und sie erzählte, wie Rotkäppchen das Körbchen voll mit guten Sachen packte, mit Wurst und Kuchen, Honig und Obst. »Und Kondensmilch«, sagte Bero, vor dem man ja keine offene Kondensmilchbüchse stehenlassen darf. »Auch mit Kondensmilch«, lenkte Großmutter ein. »Und so nahm das Rotkäppchen das
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