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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
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wieder, bis lautlose Stille eintrat. Das Rauschen des Regens war verstummt.
    Ich stieß Vater, der ein wenig zu schnarchen begann, mit dem Ellenbogen.
    »Ja, wo, was?« rief er und sprang auf.
    »Bleib sitzen«, sagte ich. »Es wird hell.«
    »Ach ja, richtig, hell. Regnet es noch?«
    »Es ist nichts mehr zu hören.«
    »Na, Gott sei Dank.«
    Don gähnte endlos lang, dann klagte er, daß ihm ein Bein eingeschlafen sei. Nach einer Weile fragte er: »Was klopft denn da dauernd an die Wand?«
    »Du meinst dieses leichte Poltern?«
    »Vielleicht ist’s ein Baumstamm, der sich im Wasser bewegt.«
    Als es heller wurde, fuhren wir mit dem Boot vors Haus und sahen nach dem Grund des Polterns. Es war eine alte Truhe. Wer weiß, woher sie stammte. Wir brachten sie ins Haus.
    Dann ruderten wir zum Wagen hinüber. Die drei schliefen noch. Bero lag quer über Mutter und Spinne. Er hatte ein richtig hübsches Gesicht, wenn er schlief.

    »Sein Gesicht hat noch nichts Gewöhnliches«, sagte Vater, »das ist es wohl.«
    Wir holten ein paar Felsbrocken und setzten uns drauf. Lange konnten die drei ja nicht mehr schlafen. Als Bero uns rief, entdeckten wir gerade, daß das Wasser zu sinken begann. Wir führten einen Freudentanz auf, nur Bero war traurig.
    »Es war so schön«, sagte er. »Es soll immer Überschwemmung sein.«

    Am übernächsten Tag kehrte der Bach wieder in sein Bett zurück. Die neue Brücke aber hing seltsam schief über diesem Bett, als hätte sie vergessen, wie waagerecht und senkrecht aussieht.
    Eine Woche später war als erster wieder der Bierfahrer da und wollte durch unser Zimmer.
    Er schenkte uns einen Kasten Bier und einen Kasten Limo.
    »Nach so viel Wasser«, sagte der gescheite Mann, »wollen die Leute wieder etwas anderes sehen.«
    Unser letztes Aufsatzthema war eine Naturkatastrophe gewesen. Besser gesagt, das Thema hieß: »Eine Naturkatastrophe«.
    Als Herr Hoffmann die Hefte verteilte und mir meines zurückgab, lachte er und sagte: »Na, Krämer, du hast wieder deiner Phantasie einen allzu breiten Raum eingeräumt. Die Wellen im Wohnzimmer glaub’ ich dir einfach nicht.«
    »Glauben ist eine Tugend«, sagte ich.
    Herr Hoffmann machte ein Gesicht, als hätte er eine heiße Kartoffel im Mund. — »Und die wertvolle Bauerntruhe aus dem siebzehnten Jahrhundert, die niemand vermißt. Es fehlt noch, daß sie voller Goldmünzen war.«
    »Ich hab’ mich eben streng an die Wahrheit gehalten.«
    »Auch, wie du schreibst, als du durchs Wohnzimmer geschwommen bist.«
    »Ehrlich, Sie können meine Eltern fragen.«
    »Ich kann überhaupt nicht glauben, daß es dieses Haus auf der Brücke gibt. Das ist doch wohl nur ein Haus an der Brücke.«
    »Sie können ja kommen und es sich ansehen.«
    »Wehe, das steht dann aber nicht auf der Brücke!«
    »Sie müssen nur richtig hinsehen. Außerdem war es schon einmal im Wohn-Magazin.«
    »Ach, was in Zeitungen und Illustrierten steht!«
    »Es waren auch Bilder drinnen. Echte Fotos.«
    »Mit Fotos kann man schwindeln. Wie find’ ich denn euer Haus?«
    »Ganz einfach«, sagte ich, »Sie fahren aus der Stadt, bis Sie in die Wiesen kommen, dort wo die Kühe weiden. Da biegen Sie rechts in die asphaltierte Straße und fahren direkt auf den Sauberg zu, und wenn Sie um den Sauberg herum sind, dann stehen Sie vor unserem Haus.«
    »Dem Haus auf der Brücke.«
    »Ja.«
    »Also durch die Wiesen, dann rechts abbiegen, auf der asphaltierten Straße, um den Sauberg herum, und dann bin ich da.«
    »Genau«, sagte ich, »aber Sie müssen die richtige Straße rechts abbiegen. Dort, wo die zwei Birken stehen.«
    »Also, wo die zwei Birken stehen rechts.«
    »Ja.«
    »Na, ich bin neugierig«, sagte Herr Hoffmann.
    Zwei Wochen später kam er wirklich. Es war ein Sonntag. Er wunderte sich über die vielen Leute, die alle gekommen waren, um unser Haus zu bewundern. Er hatte Mühe, an die Eingangstür heranzukommen. Vater lud ihn zum Kaffee ein. Er zierte sich ein bißchen, da seine Braut draußen wartete, aber dann holten wir auch die herein, und sie sah ganz toll aus, obwohl sie auch Lehrerin war.
    Als Herr Hoffmann die fünfte Tasse Kaffee trank, klingelte es an der Tür. Ich lief hin. Der Vorstand des Reitvereins begrüßte mich sehr freundlich, gab mir einen Zwanziger und fragte höflich, ob er mit seinen Reiterkameraden einmal durchreiten dürfte.
    Leider hatte ich übersehen, daß Bero gerade einen Luftballon aufblies. Und der zerplatzte laut knallend gerade in dem Augenblick, als
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