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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
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Er sah sich um. »Die andere Tür solltet ihr auch aufmachen, dann kann später das Wasser besser abrinnen.«
    »Was meinen Sie, hält unsere Brücke?«
    »Die hält«, sagte der Bauer, »die sitzt auf Fels.«
    »Und die neue Brücke?«
    Der Bauer grinste. »Ich weiß nicht, aber ich glaub’, die wird absaufen.«
    »Absaufen!« rief Mutter.
    »Bitte, vielleicht auch nicht. Man wird’s ja sehen.«
    »War schon einmal eine derartige Überschwemmung?« fragte Vater.
    »Solange ich denken kann, nicht.«
    »Na, hoffentlich bleibt die nächste dann auch so lang aus.«
    Der Brunntalerbauer hob die Hand zum Gruß, warf wieder den Motor an und stob in Richtung Stadt davon. Er wollte sich dort noch seine Wiesen ansehen. Eine halbe Stunde später raste er wieder durchs Wohnzimmer zu seinem Hof zurück.
    Noch nie hatte ich im Wohnzimmer so hohe Wellen gesehen. Bero war geradezu begeistert.
    Plötzlich begann unser Dackel zu wimmern. Er stand oben auf der obersten Treppe und winselte ganz jämmerlich. Ein bißchen später bellte er ganz hell, einfach zum Verrücktwerden.
    »Mein Gott!« rief Mutter. »Der war heute noch nicht draußen. Schnell, nehmt ihn ins Boot und führt ihn ans feste Land, damit er kann, was er muß.«
    Ich setzte Hexi ins Boot und ruderte hinüber zu unserem Wagen, zu den Zwergkaninchen, den Schafen und den Zwergziegen. Das obere Drittel der Wiese war noch immer frei, dort setzte ich ihn aus und wartete. Hexi verschwand im Gebüsch und kam nach einer Weile sichtlich erleichtert zurück. Er sah mich geradezu dankbar an, als ich ihn wieder zurück ins Boot nahm.
    Im Haus saß Bero noch immer auf der Treppe und wartete, daß ein Fisch anbeißen möge. Seine Geduld war bewundernswert.
    Als es zu dunkeln begann, beratschlagten wir, was wir nun machen sollten. Wir kamen zu dem Entschluß, daß Mutti, Spinne und Bero im Wagen oben auf der Wiese schlafen sollten, wir Männer würden im Haus bleiben und abwechselnd Wache halten.
    »Aber wenn es gefährlich werden sollte«, bat Mutti, »dann kommt sofort zu uns. Wir können dann noch immer den Steinbruch hochklettern, dort sind wir ganz sicher außer Gefahr.«
    Ich ruderte zuerst Spinne mit Bero und dann Mutti mit dem Bettzeug hinüber. Es schien ein bißchen weniger zu regnen. Aber vielleicht schien das auch nur so, weil es bereits dunkel war.

    Ein Glück, daß Oma nicht hier ist, sie würde uns noch nervöser machen, überlegte ich. Sie hat Angst vorm Wasser, weil sie nicht schwimmen kann.
    Ich sprang aus dem Boot und hielt es fest, damit Mutter gut aussteigen konnte. Dann reichte ich ihr die Bettwäsche an Land.
    »Gebt gut acht auf euch«, flehte Mutter, als ich wieder ins Haus zurückkehren wollte, dann fuhr sie mir durchs Haar und gab mir einen Kuß.
    »Machen wir schon«, sagte ich.
    »Und wenn ihr verdächtige Geräusche hört, dann verlaßt sofort das Haus.«
    Aber so schnell gaben wir unser Haus nicht auf. »Klar«, rief ich und steuerte wieder in unser Haus hinein.
    »Da kommt er ja«, sagte Vater. »Hast du nicht irgendwo eine Taube mit einem Ölzweig gesehen?«
    »Wieso?«
    »Mensch, wach auf!« rief Don. »Kennst du nicht die Geschichte von der Arche Noah?«
    »Ach so, diese Taube«, sagte ich. »Nein, außerdem ist’s schon ziemlich dunkel.«
    »Die arme Frau«, seufzte Vater, »jetzt muß sie noch um ihre Liebsten bangen.«
    »Hoffentlich kann sie wenigstens schlafen«, sagte Don.
    Wir saßen eine Weile schweigend auf der Treppe, dann sagte Vater: »Geht ihr beide jetzt schlafen, ich wecke euch dann schon.«
    Aber wir wollten nicht, und vielleicht hatten wir auch ein wenig Schiß, wir blieben bei unserem Vater und stellten alle die Füße auf die unterste noch trockene Treppenstufe.
    Wenn das Wasser noch stieg, würde die Nässe an den Füßen uns wecken.
    Mitten in der Nacht heulte die Hupe des Wagens auf. »Was ist?« fuhr Vater hoch. Die Hupe hörte eine ganze Weile nicht auf zu dröhnen, dann war es still. Wir sprangen zu dritt ins Boot und ruderten hinüber. Aber Mutti stand schon am Ufer und rief: »Keine Angst, es war nur Bero, er ist mit seinem Fuß auf den Hupring gekommen, und dann hat er den großen Zeh eingeklemmt.
    Wir lassen nämlich den Motor ein bißchen laufen, weil es sonst zu kalt wäre.«
    »Ist gut«, sagte Vater. »Hauptsache, es geht euch gut.«
    Wir ruderten zurück und setzten uns auf unseren alten Platz. Als der Morgen graute, wachte ich auf. Ab und zu gluckste das Wasser auf, es war, als seufze es. Dann gurgelte es
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