Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
Vom Netzwerk:
auf einen Esel?«
    »Weil ich leider einen Esel haben will.« Leider sagte er jetzt ziemlich häufig.
    »Ein Esel kostet Geld.«
    »Ich hab’ fünf Mark siebzig.«
    »Ein Esel kostet aber mehr.«
    »Du hast ja mehr Geld.«
    Nein, man kam Bero kaum bei.
    »Was kostet denn ein Esel?« fragte mich Vater.
    »Ich denke, so vier-, fünfhundert.«
    Vater pfiff zwischen den Zähnen, er schien zu überlegen.
    Dann streckte er die Hand aus und fragte: »Was soll denn das?«
    »Ein Tropfen! Tatsächlich. Bero, pack deinen Katalog ein und komm ins Haus, es beginnt zu regnen.«
    »Kaufst du mir dann einen Esel?«
    »Du sollst ohne Esel gehorchen, verstanden?« Drinnen sagte Vater zur Mutter: »Dein Jüngster bildet sich einen Esel ein, er hat geheult, weil keiner im Versandhauskatalog ist.«
    »Einen Esel?« In Mutters Augen leuchtete es plötzlich. »Das wäre gar nicht so ungeschickt. Wenn wir ihn dazu brächten, daß er etwas trägt, dann könnte ich mit ihm in die Stadt einkaufen gehen. Stell dir vor, wie die Leute gucken würden.«
    »Nein, nein, schlag dir das aus dem Kopf. Mit einem Esel einkaufen. Weißt du denn, was ein Esel kostet?«
    »Höchstens fünfhundert«, schätzte ich.

    »Und dann vergiß nicht, daß so ein Tier einen Stall braucht.«
    »Vergiß nicht, daß an unseren Steinbruch gelehnt eine halbverfallene Scheune steht, die könnten wir selber ein bißchen herrichten, und so hätten wir einen Stall. Dann könnten wir einen Garten anlegen und gleich den Mist dafür verwenden.«
    »Nichts als Arbeit«, sagte Vater, »und wenn wir mal verreisen wollen?«
    »Dann geben wir alle unsere Viecher dem Bauern. Schließlich ist der auch, und nicht selten, über unsere Brücke gefahren.«
    Ich spürte, uns stand ein Esel ins Haus.
    Weil es jetzt draußen stärker regnete, kam Bero tatsächlich ins Haus. Er hatte schon nasse Haare.
    »Wann kaufen wir den Esel?« fragte er.
    »Bald«, sagte Vater, »wir müssen erst wissen, wo wir einen bekommen.«

    Ich wachte davon auf, daß die Tür zu meinem Zimmer knarrte. Draußen regnete es nun schon die zweite Nacht, ich strengte mich an, etwas zu sehen, aber es war zu dunkel. Da knarrte die Tür wieder. Und jetzt zuckte der Strahl einer Taschenlampe auf. Ich biß die Zähne aufeinander, daß sie nicht zu klappern begannen. Was war los?
    Jetzt konnte ich sehen, daß sich eine dunkle Gestalt ins Zimmer schob und vorsichtig die Tür schloß.
    Verdammt, dieses Türknarren zerrte am Nerv! Gerade als ich Luft holte, um ordentlich Hilfe schreien zu können, sagte eine Stimme: »Manfred, bist du wach?«
    Es war Vater.
    »Was ist?« fragte ich und setzte mich auf.
    »Ich habe eine Idee«, sagte Vater.
    »Was für eine Idee?« fragte ich verschlafen.
    »Eine Idee mit der Brücke. Hör zu! Vorne an der Straße ist doch ein Holzlagerplatz. Da haben sie doch vor einigen Monaten, nein, schon im vorigen Jahr, an der Straße gearbeitet.«
    »Ja, und?«
    »Und dort stehen jetzt noch einige Schilder, die die Bauarbeiter wahrscheinlich vergessen haben. Darunter auch Umleitungsschilder. Sie lehnen an einem Holzstapel und zeigen nach oben. Man müßte sie dort wegnehmen, weil sie irreführend sind. Stell dir vor, da kommt ein Autofahrer und meint, er müsse auf den Holzstapel hinauffahren.«
    »Und was machen wir weiter?«
    »Wir stellen die Umleitungsschilder so, daß sie auf unseren Zufahrtsweg weisen, und auf die neue Brücke stellen wir ein Schild für generelles Fahrverbot. Dann müssen sie wieder alle zu uns kommen. Und die neue Brücke bleibt vollkommen unbeschädigt.«

    »Das stimmt«, sagte ich und war hellwach.
    »Und Diebstahl ist es auch nicht. Schließlich ist es gleich, ob die Schilder am Holzstapel lehnen oder mitten auf der Straße stehen.«
    »Nein«, sagte ich. »Diebstahl ist es nicht.«
    »Machen wir’s?«
    »Gut, machen wir’s.« Ich drehte mich auf die Seite und wollte weiterschlafen.
    »He, nicht einschlafen! Wir müssen es gleich machen. Eine Regennacht ist günstig.«
    Ich gähnte und setzte mich auf. Dann war ich in drei Minuten in Hose, Socken und Anorak. Mit den Schuhen in der Hand schlich ich hinunter und wartete auf Vater. Gemeinsam zogen wir uns im Wohnzimmer noch die Schuhe an, dann ging’s hinaus in die unwirtliche Nacht. Die ersten paar Meter fuhren wir ohne Scheinwerfer, damit Mutter nichts merkte. Aber als wir um den Ausläufer des Sauberges waren, preschte Vater richtig los.
    Wir brauchten keine Stunde, da hatten wir’s geschafft. Die neue Brücke war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher