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Das Haus auf der Brücke

Das Haus auf der Brücke

Titel: Das Haus auf der Brücke
Autoren: Othmar Franz Lang
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Schreibtisch schnarchen.«
    Einige Tage später bekamen wir die Hefte zurück. Ich mit einem Mangelhaft. Begründung: »Thema verfehlt.« Ich hätte ganz gut angefangen, aber mich dann ins Monströse verirrt, denn wo gäbe es das, daß ein Schneepflug in einem Wohnzimmer stehenbleibe. Der Schnee würde ja herunterschmelzen und das Wohnzimmer völlig unwohnlich machen. Vollkommen unglaubhaft sei, daß eine Frau sich nach solchen Zuständen zurücksehne.
    Ich lächelte müde. Was wußte der gute Mann von Frauen.
    Keine Ahnung hatte er.
    Daheim fragte mich Mutter, ob wir die Aufsätze schon zurückbekommen hätten.
    »Ja«, sagte ich.
    »Und, hast du eine Eins drauf?«
    »Da sieh selbst«, sagte ich und reichte ihr das Heft. Mutter las es und begann zu weinen.
    »Ein Mangelhaft ist nicht der Weltuntergang«, sagte ich, »auch Schiller haben die Deutschlehrer nicht verstanden.«
    »Aber deswegen weine ich doch nicht«, sagte sie. »Kannst du dich nicht erinnern, wie wir versuchten, der Kuh die Schürze zu entreißen, und wie das nicht mehr ging, und als ihr zum Schluß nur noch das Schürzenbändel aus dem Maul hing, und wir schließlich lachten?« Sie lachte und weinte in einem.
    Auch ich hätte heulen können. Wenn man ein bißchen Leben in seinem Wohnzimmer gewohnt war, dann ist’s schon furchtbar öd in einem Wohnzimmer, das nur schön aufgeräumt ist. Mir war klar, daß ich irgend etwas tun mußte, daß ich einen Einfall brauchte. Bitte, man konnte die andere Brücke nicht einfach in die Luft sprengen, so etwas war schließlich strafbar und unvernünftig.
    Aber irgendeinen anderen Weg mußte es doch schließlich geben!
    Am Abend nahm ich Vater zur Seite und fragte ihn: »Kann ich mal von Mann zu Mann mit dir sprechen? Unter vier Augen?«
    »Bitte«, sagte Vater, »ich stehe zur Verfügung.« Vater besaß schon immer gute Manieren.
    »Wir müssen handeln«, sagte ich. »Es geht, du weißt, um Mutter.«
    »Ich weiß«, sagte Vater, »sie verträgt die Ruhe nicht, die so plötzlich über uns hereingebrochen ist. Offen gestanden, ich auch nicht. Jetzt stinkt’s nicht mal mehr nach Jauche hier herinnen.«
    »Auch Don zählt zu den Leidtragenden«, sagte ich. »Don?«
    »Hast du’s noch nicht gemerkt?«
    »Was soll ich bemerkt haben?«
    »Karin, seine Freundin, kommt nicht mehr, seit hier nichts los ist.«
    »Tatsächlich? Nein, das hab’ ich noch gar nicht bemerkt.«
    Vater schien nachdenklich und schüttelte den Kopf. »Und wenn unsere drei Engel wieder in den Ferien kommen, dann...«
    »Was dann?«
    »Dann werden die auch nicht lange bleiben. Wo nicht mal mehr Kühe durch unser Haus gehen.«
    »Und was machen wir da?«
    »Wir sollten einmal alle Möglichkeiten ins Auge fassen und dann die möglichste durchführen.«
    »Wir könnten alle Leute einladen oder bitten, doch wenigstens hin und wieder durch unser Haus zu fahren.«
    »Das machen sie ein- oder zweimal, und dann fahren sie wieder den schnelleren Weg über die neue Brücke.«
    »Möglich«, sagte Vater. »Weißt du etwas?«
    »Was ist, wenn wir ein Schild auf die Brücke hängen, Brücke einsturzgefährdet, Betreten nur auf eigene Gefahr?«
    »Das wäre schon eher etwas. Aber wie kommen wir zu solch einem Schild?«
    »Es gibt in der Stadt ein Geschäft für Schilder und Stempel und solches Zeugs.«
    »Ja, aber dann wissen die doch, daß wir es waren.«
    »Allerdings, an das hab’ ich nicht gedacht.«
    Weil Mutter auf uns aufmerksam wurde, als wir uns so angestrengt in der Sitzecke unterhielten, standen wir auf und gingen vors Haus zu unseren Zwergziegen und zu den Zwergkaninchen.
    Bero sah sich mit unserem Dackel einen Versandhauskatalog an. Versandhauskataloge waren seine liebsten Bilderbücher.

    »Es muß ein einwandfreier Weg sein, wenn wir etwas machen«, dozierte Vater. »Schließlich können wir die Brücke nicht in die Luft sprengen.«
    »Diese Idee hab’ ich auch schon verworfen.«
    Da begann Bero zu weinen.
    Wir beachteten ihn zuerst nicht, weil es am Anfang nicht so schlimm war. Doch allmählich wurde es immer lauter.
    »Bero«, rief Vater, »was ist los?«
    Keine Antwort. Nur Heulen.
    »Willst du mir endlich sagen, was los ist?« fragte Vater nun etwas energischer.
    »Da ist kein Esel drin.«
    »Na und?«
    »Er soll drin sein.«
    »Was machst du mit einem Esel in einem Versandhauskatalog?«
    »Ich will einen Esel bestellen.«
    »Versandhäuser haben keine Esel«, sagte ich, »du bekommst ja auch im Kaufhaus keinen Esel. Wie kommst du überhaupt
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