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Das grosse Muminbuch

Das grosse Muminbuch

Titel: Das grosse Muminbuch
Autoren: Tove Jansson
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Boot hochziehen.
    Der Fischer schwang seine runzligen Beine über die Reling und hüpfte in den Sand. Seine Augen waren friedlich und milde, während er murmelte, ich habe nie etwas Böses getan ...
    Ja, und auch nie etwas Gutes, sagte der Vater, und mit der Kraft des Zornes gelang es ihm, das Boot ganz allein hoch auf den Strand zu ziehen.
    Er setzte sich in den Sand oder das, was vom Sand noch übrig war, und schnaufte. Das zornige Meer jagte anscheinend auch den Sand­strand, riss jede Nacht ein Stückchen davon weg. Er schaute den Fischer finster an und fragte, hast du den Kaffee gefunden?
    Der Fischer lächelte nur.
    Irgend etwas stimmt mit dir nicht, sagte der Vater zu sich. Du bist keine Person, du bist irgendein Gewächs, oder ein Schatten. Als ob du nie geboren wurdest.
    Ich bin geboren, sagte der Fischer sofort. Morgen ist mein Geburts­tag.
    Der Vater war so überrascht, dass er lachen musste
    Ach so, daran erinnerst du dich, sagte er. Du hast Geburtstag. Nein, so etwas! Und wie alt wirst du?
    Doch der Fischer hatte ihm den Rücken gekehrt und schritt lang­sam am Ufer entlang.
    Der Vater ging zum Leuchtturm zurück. Er machte sich um seine Insel große Sorgen. Der verlassene Waldboden war voller Löcher, und durch die Heide liefen lange Furchen, in denen die Bäume zum Leucht­turmberg gewandert waren. Dort standen sie nun voller Schrecken in einem verwirrten Knäuel.
    Ich möchte wissen, was man tut, um eine Insel zu beruhigen, über­legte der Vater. Es geht nicht, dass Meer und Insel nicht mehr Freunde sind, sie müssen sich einigen.
    Der Vater war stehengeblieben. Mit dem Berg, auf dem der Leucht­turm stand, stimmte etwas nicht. Jetzt sah er es wieder. Ein kurzer Ruck, der Felsen zog sich zusammen, runzelte sich wie Haut. In der Heide kullerten ein paar graue Feldsteine. Die Insel war aufgewacht.
    Der Vater lauschte. Der Nacken war ihm kalt vor Aufregung. Ein ganz schwaches, pochendes Geräusch, er fühlte es im ganzen Körper, es war überall, ganz nah. Es kam aus dem Erdboden.
    Der Vater legte sich ins Heidekraut und drückte das Ohr gegen den Boden. Und nun hörte er das Herz der Insel schlagen. Weit in der Brandung, tief in der Erde klopfte ein Herz, dumpf und weich und regelmäßig.
    Die Insel lebt, dachte der Vater. Meine Insel lebt genauso wie die Bäume und das Meer. Alles lebt.
    Er erhob sich langsam.
    Eine Krüppelkiefer kam friedlich durch die Heide gekrochen wie ein grüner schaukelnder Teppich. Der Vater ging ihr aus dem Weg, dann stand er mucksstill und fror. Er sah die Insel, die Insel, die lebte, die auf dem dunklen Grunde des Meeres kauerte und aus Angst vor dem Meer die Fassung verloren hatte. Angst ist gefährlich, sie kann plötzlich ausbrechen, kann sich der Länge lang hinwerfen oder um sich schlagen, und wer rettet dann alle kleinen Wesen, die gerade in der Nähe sind!
    Der Vater begann zu laufen. Er kam nach Hause, er hängte den Hut an den Nagel.
    Was ist los, fragte die Mutter. Ist das Boot... ?
    Ich habe es auf den Strand gezogen, sagte der Vater.
    Die Familie starrte ihn immer noch an, und er fügte hinzu, morgen hat der Fischer Geburtstag.
    Nein, ist nicht wahr, rief die Mutter. Machst du deswegen so ein komisches Gesicht? Den müssen wir aber unbedingt feiern. Nein, sogar der Fischer hat einen eigenen Geburtstag.
    Für den kann man sich leicht Geschenke ausdenken, sagte My. Kleine Päckchen mit Seegras. Ein Büschel Moos. Oder einen Stockfleck.
    Bist du mal wieder boshaft, sagte die Mutter.
    Nicht wahr! rief die Kleine My.
    Der Vater stand am Westfenster und schaute über die Insel. Er hörte, wie die Familie die beiden großen Probleme diskutierte, wie man den Fischer in den Leuchtturm und die Whiskykiste über die Landzunge bekommen könnte. Er aber konnte an nichts anderes denken als an das furchtsame Herz der Insel, das tief innen in der Erde pochte. Er musste mit dem Meer darüber reden.
    Der Vater stieg hinab auf das Einsamkeitsgesims und segelte auf seiner Insel gleich einer Galionsfigur vorne am Bug. Dies war der große Sturm, auf den er gewartet hatte. Aber er war anders, als der Vater ihn sich vorgestellt hatte. Keine weißen schönen Schaumperlen, die gab es nicht bei Windstärke 8. Der Gischt wurde davongeweht und fuhr über das Meer als rasender grauer Rauch; das Wasser war zer­furcht und aufgewühlt wie ein wütendes Gesicht.
    Der Vater drückte in seinem Kopf auf einen anderen Schalter, heute ging das ganz einfach. Und nun unterhielt er sich mit dem Meer,
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