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Rolf Torring 067 - Der Fakir

Rolf Torring 067 - Der Fakir

Titel: Rolf Torring 067 - Der Fakir
Autoren: Hans Warren
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      1. Kapitel. Ein kleiner Zwischenfall.  
     
      Einiges Aufsehen erregten wir schon, als wir in Bangalore den Zug der „Madras-Calicat-Eisenbahn" verließen. Sir Hastings, der Gouverneur von Madras, dem wir mehrfach hatten helfen können (siehe Band 64 bis 66), hatte unsere Ankunft mitgeteilt, und nun empfing uns auf dem Bahnhof Charles Roberts, der Polizeichef von Bangalore, mit seinem Stab und einem ganzen Zug Polizisten. Vor dem Bahnhofsgebäude stand Lionel Horsing, der Oberst des hier stationierten Regiments, der eine halbe Kompanie hatte antreten lassen.  
      Uns blieb nichts anderes übrig, als die Front der Soldaten abzuschreiten, eine Ehre, die uns für die Rettung der englischen Frauen und Mädchen in Madras zuteil wurde.  
      Pongo mußte mit dem treuen Maha hinter uns gehen. Er hatte zwar versucht, im letzten Augenblick zu verschwinden, aber Oberst Horsing hatte ihn sofort persönlich geholt.  
      Sehr angenehm war uns der Empfang nicht, so ehrenvoll er sein mochte. Wir zogen es vor, unbeachtet zu bleiben, denn in Madras hatten wir uns einen unversöhnlichen Feind geschaffen, den Fürsten Tippu Nega, der allen Grund hatte, uns zu hassen.  
      Er war mit wenigen seiner Anhänger entkommen, als sein Palast von den englischen Soldaten gestürmt wurde (siehe Band 65). Seitdem war mir etwas unbehaglich zumute, wenn wir von einer unübersichtlichen Menschenmenge umgeben waren. Wie leicht konnten wir einem heimtückischen Attentat zum Opfer fallen!  
      Auch jetzt beachtete ich mehr unsere Umgebung als die Soldaten, an deren Reihen wir entlangschritten. Wir hatten zur Genüge die Hinterlist der Inder kennen gelernt. Wer sollte uns helfen, wenn wir plötzlich von Giftpfeilen getroffen würden?  
      Wir hatten die Reihen der Soldaten abgeschritten. Auf das Kommando eines Leutnants schwenkten sie in Gruppenkolonnen um. Wir ließen sie an uns vorbeimarschieren, dann fuhr das Auto des Obersten vor. Mit höflicher Verbeugung forderte er uns auf einzusteigen.  
      Plötzlich hörten wir hinter uns einen Schrei, heiser und so grauenvoll, daß er fast nichts Menschliches hatte. Sofort schnellten wir herum und sahen einen Offizier in beschmutzter, zerrissener Uniform auf uns zustürzen, das Gesicht mit blutigen Striemen bedeckt. In seinen Augen glühte der Wahnsinn.  
      Mit gezogener Pistole sprang er auf uns zu, die starren, weit aufgerissenen Augen auf den Obersten gerichtet. Er achtete auf keinen der Umstehenden und sah auch nicht, daß Pongo wie ein schwarzer Schatten auf ihn zuglitt.  
      Im nächsten Augenblick wand er sich verzweifelt, aber vergeblich in den Fäusten des Riesen. Pongo hielt ihn nur fest: es widerstrebte ihm, den armen Menschen niederzuschlagen. Sofort sprangen einige Polizisten hinzu und legten dem Tobenden, der unverständliche Worte ausstieß, Stahlfesseln an.  
      „Entsetzlich," stöhnte der Oberst, der weiß geworden war, „das ist Leutnant Town, einer meiner tüchtigsten Offiziere. Vor einer Woche verschwand er spurlos, und jetzt taucht er in diesem Zustand auf!"  
      »Anscheinend Tropenkoller," meinte Rolf mitleidig.  
      Oberst Horsing warf ihm einen sonderbaren Blick zu und sah den Polizeichef an. Roberts nickte.  
      „Meine Herren, es ist vielleicht unbescheiden von mir," sagte Horsing, „wenn ich bitte, Ihnen den grauenvollen Fall vortragen zu dürfen. Sie sind ja zur Erholung hergekommen, nachdem Sie in Madras so gefährliche Abenteuer erlebten."  
      „Herr Oberst," rief Rolf sofort, „hat die Erkrankung des Leutnants einen besonderen Hintergrund? Sie wissen ja, daß wir stets auf der Suche nach Abenteuern sind. Wenn ein Verbrechen an dem Unglücklichen verübt worden ist, würde ich Sie bitten, uns die Geschichte zu erzählen."  
      „Kommen Sie mit in mein Büro," bat der Oberst, „der Polizeichef wird uns begleiten. Ihn geht die Sache ebenso an wie mich als Kommandeur des Regiments."  
      Er warf noch einen Blick auf den weiter tobenden Leutnant, der von den Polizisten mit vieler Mühe in einen geschlossenen Wagen gebracht wurde.  
      Dann lud er uns wieder zum Einsteigen ein und drang darauf, daß auch Pongo mit Maha den Wagen bestieg. Der Polizeichef setzte sich vorn neben den Fahrer, und in flottem Tempo fuhren wir durch Bangalore.  
      Unterwegs sagte uns Oberst Horsing, daß er sich erlaubt hätte, uns in seinem Bungalow Zimmer zur Verfügung zu stellen. Der Fahrer würde uns sofort hinbringen, wenn wir seine
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