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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
Autoren: Anna Fuchs
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gelassen, es war mir sogar lieber so. Ich mochte sowieso nicht länger Sibylle sein.«
    »Von Montfort«, hauchte Ewald.
    »Ja, ich bin die jüngere Schwester von Hugo, dem Minnesänger und Hofmeister von Herzog Leopold.« Ewald, der Hugo, der ebenfalls auf der Preußenreise des Herzogs Albrechts mit von der Partie gewesen war, schätzen gelernt hatte, flüsterte: »Aber weiß Hugo, dass du …«
    Yrmel fiel ihm ins Wort und meinte ganz ruhig: »Er weiß es.«
    »Aber dann bist du ja die Tochter von Ursula von der Pfirt und die …« Entsetzt starrte Ewald zu Katharina, »die Base von der da … Um Gottes willen, Yrmel, also Sibylle, was machst du bei den Büßerinnen?« Betroffen starrte Ewald die junge Frau an.
    »Das führt jetzt zu weit, Ewald. Das erkläre ich dir ein andermal.«
    Vom geöffneten Grab her kam ein auffälliges Räuspern, und Ewald sah Äbtissin Katharina, die tadelnd zu den Flüsternden sah. Sander und Gretlin bekamen davon nichts mit, sie standen gottlob mit dem Rücken zu den beiden. Vorsichtig setzte Sibylle fort: »Bitte sag den anderen nichts, sie haben von meinem Gesang nichts mitbekommen, für die bin ich die stumme Yrmel in der Küche. So soll es bleiben bitte.«
    »Aber die Äbtissin?«, fragte Ewald erstaunt.
    »Sie wird nichts verraten, das kannst du als gegeben annehmen.« War da ein grimmiger Ausdruck auf Yrmels Gesicht zu sehen oder täuschte er sich? Ewald konnte es nicht sagen. Doch er nickte und gab sein Ehrenwort, nichts zu verraten. Die Messe war zu Ende, und Ewald und Yrmel, stellten sich zum geöffneten Hochgrab. Auf ein Nicken Katharinas hob der Pater den knarrenden hölzernen Deckel einer länglichen Holzkiste, die man in die marmorne Umrandung eingelassen hatte. Katharina hielt den Atem an, schloss kurz die Augen, bis das Knarren vorüber war und sie annehmen konnte, dass der Deckel vollends gehoben war. Ihr Herz klopfte nervös, und einen lächerlichen Augenblick lang musste sie an das alte Kräuterweibel denken und an die Melisse in ihrem Tragekorb. Dann öffnete sie die Augen und sah sich einer mumifizierten Gestalt gegenüber. Keine Frage, warum so viele hochgestellte Persönlichkeiten Kirche und Kloster der Minderen Brüder zu ihrer letzten Ruhestätte erkoren, dachte sie erstaunt. Hatten die Patres doch auch bei der Gräfin Margarete ganze Arbeit geleistet, bevor sie die hohe Frau vor 20 Jahren hier in dieses Grab betteten. Nicht nur, dass die Minderbrüder beteten, nach drei Tagen, nach neun Tagen, nach 30 Tagen und zu allen Jahrestagen, um die Seele der Verstorbenen rein zu halten, nein auch der Leichnam, von den Intestinae 44 befreit, mit Essig gewaschen und mit Stroh ausgefüllt, war zu fast ewiger Schönheit gerichtet. Katharina staunte über die ganz und gar nicht abstoßenden Gesichtszüge der Gräfin. Zwar war die Haut wie Leder über das eingefallene Kinn gespannt, der Kopf mit der seidenen Schapel und einem feinen Schleier zur Seite gekippt und dort, wo früher Augen geleuchtet hatten, nur mehr Löcher zu sehen, doch das tat dem hoheitsvollen Gesamteindruck keinen Abbruch. Mit weiter nervös klopfendem Herzen betrachtete Katharina jene Frau, die unfreiwillig so viel zum Aufstreben der Familie Habsburg beigetragen hatte. Abwartend blickte sie auf zu jener lebenden Frau, die jetzt genauso viel zum Abstieg der Familie beitragen konnte. Katharina sah Gretlin, die sanft über Handschuhe aus feinem Leder strich, die die gefalteten Hände der Verstobenen bedeckten. Sie beobachtete, wie die Enkelin den kostbaren Rosenkranz und das Kreuz befühlte, wie sie ihr einen Ärmel des ehemals honiggelben, nun schlammgrauen Kleides zurechtzupfte und ihre Gürtelschnalle mit dem Siegel sanft betastete, silberner Adler auf rotem Schild. Inzwischen rannen Tränen die Wangen Gretlins herunter und tropften auf ein verblichenes, hellblau und türkisfarbenes Kissen mit Rüschen auf den Seiten, worauf das Haupt der Verstorbenen ruhte. Eine Strähne ehemals blonden Haares schaute vom Schleier hervor und ringelte sich graubraun um den Reif, der den Kopf umschloss. Langsam fuhr Gretlin die Stola entlang, die so kreuzweise über Brust und Hüfte der Verstorbenen gebunden war, dass die gestickten schwarzen Adler aufrecht zu liegen kamen. Jeden Adler befühlte Gretlin, sie fuhr die Konturen der Perlenschnüre nach und tippte auf die ziselierten Emailleplättchen.
    Da auf einmal sah Katharina, wie ihre Base Sibylle Gretlins Unterarm drückte und sie aufforderte, noch einmal die Stola
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