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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
Autoren: Anna Fuchs
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hätte. Als dieser ihn weinselig anblickte, und seinerseits die Arme um den Bauch des Pfarrers schlang, lallte dieser: »Bruada Aloisius hoaß i, oba du derfst Loisl sogn. Mei, so a Gaudi hob i selten erlebt bei ana Hinrichtung, so a Gaudi!« 41

    *

    »Du kannst nicht mehr weglaufen, Vater, ich bin dein Sohn.« Mit einem schnellen Sprung stellte sich Heinrich dem davoneilenden Ulrich von Schaunberg in den Weg. »Ein Stück Dreck bist du, weiter nichts«, schrie dieser und stieß den jungen Mann achtlos zur Seite, »und jetzt lass mich in Ruhe, bevor ich mich vergesse.« Unverzüglich kam Heinrich wieder auf die Beine und riss seinen Vater stolpernd am Ärmel. Wutentbrannt drehte sich dieser um und presste ihn mit aller Gewalt gegen die grobe Mauer. Er legte seinen Unterarm über den Hals Heinrichs und erhöhte langsam aber stetig den Druck auf dessen Kehle. Die Panik, die den Blick seines Sohnes verschleierte, stachelte Ulrich nur noch mehr an. Nur wenige Zoll von seinem Kopf entfernt spie er ihm förmlich ins Gesicht: »Wenn du verwachsene Kreatur mein Sohn wärst, dann hättest du deine Dreckfinger vom Minderen Bruder gelassen!«
    »Aber … aber … warum … der Bruder, der …«, hechelte Heinrich. Mit einem Ruck drückte Ulrich so fest die Kehle Heinrichs zu, dass dieser fast in Ohnmacht fiel. »Weil dieser Bruder niemand anderer als mein eigener Bruder gewesen ist, du elender Bastard!« Genauso schnell, wie er ihn an die Wand gedrückt hatte, ließ Ulrich von Heinrich ab. Schwach und nach Luft ringend sank dieser zu Boden. Der Schaunberger stieß mit seinem Stiefel auf den am Boden Kauernden und zischte: »Such’s dir aus, du Stück Dreck. Willst du wirklich mein Sohn sein? Dann bist du auch der Mörder deines Oheims, deines eigenen Fleisches und Blutes!« Damit rauschte Ulrich von Schaunberg aus der Burg, und draußen auf dem Hof hörte man ihn wütend nach seinem Stallburschen rufen. Jahrelange Arbeit, angefüllt mit Intrigen und Schmiergeldzahlungen waren mit dem Lederriemen eines lächerlichen Federspiels zunichtegemacht worden! Wie gut hatte alles geklappt, wie gekonnt hatte sein Bruder den Bruder Konrad gemimt. Gut, bis auf die Kutte, die eben braun statt schwarz war, aber kenne sich einer mit den Gepflogenheiten der Wiener aus! Blödes Volk! Und jetzt, damit bemächtigte sich wieder ohnmächtiger Zorn seiner Gedanken, ist das einträgliche Geschäft mir den Reliquien vorbei! Wegen diesem Kretin da drinnen …
    Heinrichs Blut pochte in seinen Schläfen. Mühsam rappelte er sich auf, den Rücken weiterhin an die aus groben Steinen gefügte Mauer gelehnt.
    »Dein eigen Fleisch und Blut«, murmelte er, beugte seinen Kopf weit zurück und begann gleich darauf hysterisch zu lachen. Bilder von einer kränklichen, dürren Frau kamen ihm ins Gedächtnis. Ihr mitleidheischender Blick, der rasselnde Atem, dieser von schlechten Säften durchdrungene Geruch. Die Erinnerung an die Berührungen mit ihren ewig kalten Händen, an die Küsse mit zittrigen, ewig vom Speichel verklebten Lippen verursachte ihm Brechreiz. Davon hatte er sich befreit, hatte ihr die Luft genommen, so wie allen anderen Weibern nach ihr. Denn er wollte nicht zu dieser schwachen, kranken Weiberwelt gehören, er war stark, sein Platz war bei seinem Vater. Da trafen ihn die letzten Ereignisse wie ein Blitz, und wie unter Schlägen krümmte er sich zusammen.
    »Ich bin dein Sohn, Vater, bitte, ich bin dein Sohn!«, gellend schreiend und mit den Armen rudernd wie ein Betrunkener begann Heinrich zu laufen. Stolpernd bahnte er sich den Weg vorbei an den Angehörigen des Hofes, die zu dieser frühen Stunde auf dem Weg zu ihrem Dienst waren. Er hastete weiter zur gewundenen Treppe, die auf den Burgfried führte. Er hörte nicht die Schritte, die ihm folgten. Immer wieder wurden seine Schreie durch Schluchzen unterbrochen, das wie Wehklagen eines geschundenen Tieres klang, heiser und krächzend, schrill und hohl zugleich. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass er eine Gelegenheit vertan hatte. Er war gescheitert in der Welt der Männer, er hatte Hand an seinen eigenen Oheim gelegt, hatte ihn erdrosselt wie ein billiges Weib. Das war unverzeihlich. Der Schrei des Falken drang an sein Ohr, und es klang wie ein Hohnlachen. Er lachte ihn aus, ihn, der es diesem edlen Vogel gleichtun wollte, der sich anmaßte, der König der Lüfte zu sein, der Herrscher über Leben und Tod. Er hatte versagt, das Opfer, das er sich suchte, war seinesgleichen. Schreiend
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