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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
Autoren: Anna Fuchs
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ist des Lobes wert,
    Da findet man Roß und Pferd.
    Großer Kurzeweile viel,
    Sagen, singen, Saitenspiel.
    Das findet man zu Wien genug.
    Hübschheit und Ungefug. 1

    1 Freudenleere, der, sprechender Name eines ostmitteldeutschen Dichters, verfasste um 1280 den gegen die aufstrebenden Wiener Patrizier gerichteten Schwank »Der Wiener Meerfahrt«, eine frühe Heurigengeschichte, in der die Zecher ihre Trunkenheit als zunehmend stürmischere Seereise erleben.

Erster Teil
Burg Walbenstein, im Jahr des Herrn 1363
    Das markerschütternde Schreien der Gebärenden, das nun schon die zweite Nacht von den dicken Mauern der Burg widerhallte, ging langsam in ein raues Wimmern über.
    Der Gesandte des Kaisers wusste nicht, was ihm mehr zusetzte, das offensichtliche Leiden der jungen Frau oder die Gewissheit, dass ihre Kräfte langsam schwanden und sie sich bereits im Dunkel zwischen Leben und Tod befand. Blass und nachdenklich stand der hochgewachsene, kräftige Mann neben dem bequemen Sessel, den man ihm ins Schlafzimmer der jungen Frau gestellt hatte. Er konnte nicht mehr sitzen, fahrig strich er sich mit der rechten Hand durch seinen sorgfältig gestutzten Kinnbart. Der eckige, mit einem Amethyst versehene Bischofsring blitzte kurz im Schein der unzähligen Kerzen, die von den Dienstboten scheinbar lautlos immer wieder ersetzt wurden, sobald sie heruntergebrannt waren. Selbst am helllichten Tag kam nur wenig Licht durch die kleinen, mit Butzenscheiben verglasten Fenster, und jetzt, zwei Stunden nach der Vesper, war es draußen bereits dunkel. Es war warm im Zimmer, das Feuer im Kamin brannte lichterloh, und die Luft war zum Schneiden stickig.
    Schweißperlen hatten sich auf der Stirn der Wehmutter gebildet, das Weiß ihrer Leinenhaube, das ein älteres, gutmütiges Gesicht mit lebhaften braunen Augen umrahmte, war fleckig und feucht. Stunden schon verbrachte sie am Bett der Gebärenden, schwankte zwischen beruhigendem Zureden und aufmunternden Worten. Mittlerweile war ihr die Verzweiflung anzusehen, und immer wieder trafen sich die angstvollen Blicke der stämmigen Frau mit denen des Gesandten. Beide wussten, dass die Lage aussichtslos war und beiden graute vor dem, was da noch kommen sollte.
    Wieder kam eine Wehe wie eine schmerzvolle Welle, und gleich blutroten Schaumkronen ergoss sich ein weiterer Schwall Blut auf die auf dem Bett ausgebreiteten Laken. Die Gebärende schrie heiser auf. Ihr Leib krümmte sich und sie zitterte.
    »Agnes, du musst mitpressen, Mädchen, so wird das nichts, komm meine Liebe, mein Augenstern …«
    Der Gesandte hörte nur zu deutlich die Panik in der Stimme der Wehmutter mitschwingen, und er verfluchte den Tag, der ihm diesen Auftrag beschert hatte. Er schalt sich selbst, seines Ehrgeizes wegen die Bürde auf sich genommen zu haben und Zeuge bei dieser Geburt sein zu müssen.
    Was tat er hier eigentlich, auf der einsamen Burg, hoch auf einem Felskopf? Lächerlich klein war die Anlage. Die Ringmauern nur etwas mehr als einen Meter dick, nicht einmal einen Bergfried gab es. Vom Wohngebäude, dessen Fensteröffnungen mit dicken Butzenscheiben versehen waren, sah man auch, warum ein Turm hier gar nicht notwendig war. Die Burg war so hoch gelegen, dass man schon von hier einen weiten Blick über das Sarntal hatte. Es war schlicht unmöglich, sie mit schwerem Kriegsgerät einzunehmen. Erst einmal musste der steile Saumweg hier herauf bezwungen werden.
    »Eine gute Wahl, denn hier herauf kommen nicht so leicht ungewollte Besucher«, dachte der Bischof und rief sich jene Szene vor wenigen Tagen ins Gedächtnis, wo er der Gräfin am Hof von Meran gegenüberstand, um die Anweisungen der hohen Frau entgegenzunehmen. Die schlanke Gestalt in einem engen Kleid aus golddurchwirktem Stoff mit schwarzen Arabesken bestickt, duldete keinen Widerspruch. Entschlossen war ihr Blick aus stahlblauen Augen, gerade und ebenmäßig ihr Antlitz, das von einem purpurroten Schleier, der über die schmalen Schultern bis zum Boden fiel, eingerahmt war. Fassungslos wurde er sich in diesen Minuten bewusst, welche Prüfung ihm da bevorstand, wollte er bestehen und weiterhin als einer der verlässlichsten Diplomaten seines Kaisers gelten.
    Mit unbeteiligtem, gefährlich ruhigem Ton sprach die Gräfin von dem, was er hier auf der versteckten Burg im Sarntal, auf hohem Felsen zwischen Bozen und Meran erbaut, für sie zu erledigen hatte. So ruhig sprach sie, so ohne Gefühl, als ginge es um irgendeinen willkürlichen
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