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Das Falsche in mir

Das Falsche in mir

Titel: Das Falsche in mir
Autoren: Christa Bernuth
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neben dem Mädchen.«
    Sie sehen zu, wie die drei Menschen in der Villa verschwinden.
    »Weißt du, wer die Frau ist?«
    »Nein. Aber vielleicht kennt Meret sie. Wir müssen sie noch einmal befragen.«
    Man sieht nun die drei Personen von hinten an der Haustür der Villa. Der Mann drückt auf den Klingelknopf, die Tür öffnet sich, alle drei verschwinden darin.
    Schnitt.
    Ein Gesicht taucht auf, das Gesicht des Mannes mit lockigen dunklen Haaren, der sich Leander Kern nennt und eigentlich René Richard Kalden heißt. Zumindest die Perücke erkennen sie wieder, ansonsten findet sich kaum eine Ähnlichkeit zu dem Mittdreißiger, den sie als Zeuge vernommen haben.
    »Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Ermitteln«, sagt der Mörder von Anne Martenstein und Karen Beck. »Ein kleiner Tipp zum Schluss: Tante Grete lebt noch.«

7
    Morgen werde ich entlassen in eine Freiheit, in der für jemanden wie mich kein Platz ist. Mein Anwalt wird mich abholen. Dr. jur. Gregor Makula, der eigentlich nicht mehr praktizieren darf. Er will mir trotzdem helfen, obwohl ich ihn nicht bezahlen kann. Er sagt, ich könne bei ihm wohnen, bis ich etwas anderes gefunden hätte. Das ist sehr nett von ihm, wenn man bedenkt, wie die Medien sein Haus belagern werden, sobald sie erfahren haben, wo ich mich aufhalte, der Schlitzer, der Mädchenmörder, das Monster.
    Der ja nun doch kein Monster ist.
    Sondern?
    Es gibt vieles, was mich belastet. Dass mein Vater ein Verbrecher war und dieses Gen an mich vererbt hat. Dass er eine willige Helfershelferin in Tante Grete hatte, die ich nicht umsonst in meiner Kindheit gehasst habe. Dass meine Mutter vielleicht etwas ahnte, aber sich lieber mit Tabletten betäubte, statt etwas zu unternehmen. Dass es in dieser Stadt ein Netzwerk des Bösen gab und mein eigener Vater im Zentrum dieser Machenschaften stand. Dass ich vielleicht deshalb so wurde, wie ich bin. Ein Monster. Eben doch ein Monster.
    Ich stehe an meinem Fenster und sehe zum letzten Mal hinaus auf das Backsteinkarree und den hohen, weiten Himmel, den die Morgenröte in flammende Farben taucht. Schließlich höre ich, wie jemand die Tür zu meiner Zelle aufschließt. Ich folge dem Vollzugsbeamten, der mich durch endlose hellgraue Gänge bis zu dem Raum führt, in dem ich meine wenigen Habseligkeiten zurückbekomme.
    Schließlich stehe ich draußen, auf der anderen Seite der Mauer, die auf dieser Seite mit Efeu bewachsen ist. Ein Auto, das ein wenig abseits geparkt hat, schert aus und hält neben mir, die Fahrertür geht auf. Hauptkommissarin Rastegar steigt aus, geht auf die andere Seite des Wagens und öffnet mir die Beifahrertür.
    »Was machen Sie hier?«, frage ich und bin überrascht, wie sehr ich mich freue, sie zu sehen.
    Sie lächelt. »Wonach sieht’s denn aus?«
    Ich steige ein und wir fahren los. »Nein, im Ernst«, sage ich, während sie sich in den morgendlichen Verkehr einfädelt. »Warum holen Sie mich ab? Wieder ein Verhör?«
    Sie sieht mich von der Seite an, schaut dann wieder auf die Straße. Wir bleiben vor einer Ampel stehen. Es ist merkwürdig, all die Menschen zu sehen, die die Straße überqueren und die jetzt keine Bedrohung mehr für mich sind. Ich kann sie nun aus sicherem Abstand durch bruchsicheres Glas beobachten, Schüler, Rentner, Berufstätige, hässliche und hübsche, alte und junge Frauen und Männer auf dem Weg in die Arbeit oder zum Einkaufen oder sonst wohin, jeder sein eigener kleiner in sich abgeschlossener Kosmos, angefüllt mit angenehmen, seltsamen oder sogar bösartigen Gedanken und Gefühlen und mehr oder weniger blind für das, was in seinem Nachbarn vor sich geht.
    »Ihre Tante Grete heißt Margarete Johansson«, sagt Rastegar, kuppelt und gibt wieder Gas.
    »Heißt das …«
    »Ja. Sie ist eine Tante von Silvia Johansson.«
    »Dann hat Leander Silvia absichtlich ausgewählt?«
    »Das vermuten wir. Auf seine schräge und kranke Art und Weise hat er mitgeholfen, diesen uralten Fall zu lösen. Manchmal frage ich mich, ob er all das geplant hat. Also jeden einzelnen Schachzug. Also auch …«
    »Meine Freilassung?«
    »Ja. Einfach alles.«
    »Wie sieht es mit der Fahndung aus?«
    Sie sieht mich wieder kurz an, dann biegt sie rechts ab. »Keine Spur von ihm bisher. Er hat sich abgesetzt, ohne irgendetwas mitzunehmen. Sein Konto ist leer geräumt und aufgelöst. Es ist, als hätte es ihn nie gegeben.«
    Mittlerweile haben wir den Stadtrand erreicht. Sie hält vor einem unspektakulären Reihenhaus an.
    »Wir
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