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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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und richtete seine graue Jacke. Seine grünen Augen starrten auf die Nasenwurzel des Polizisten.
    »Herr Puth hat mir einen Mord gestanden …«
    Saale stockte der Atem. Als er endlich wieder seine Lippen bewegen konnte, wurden seine Worte von einem Signalhorn übertönt. Auf der anderen Seite der Schleusen tauchte ein Rettungswagen auf, jaulte die Galerie vor den Wasserbecken entlang und hielt mit schleifenden Reifen über ihren Köpfen auf der Rampe.
    Als Mager sich noch einmal zu Puth umsah, blieb ihm fast das Herz stehen: Roggenkemper kniete neben dem Toten, den Kopf gesenkt und die Hände gefaltet, und sprach ein stummes Gebet.

47
     
     
    Die Farben auf dem Monitor verblassten, Puths Stimme setzte aus, dann blieb das Bild schwarz.
    »Wenig, bitter wenig, meine Herren«, sagte Lohkamp und schüttelte seine Locken. Brennecke zog die Nase hoch, und auch auf den Gesichtern der drei anderen Kriminalbeamten spiegelte sich nackte Enttäuschung.
    »Und auf der Grundlage soll ich einen Mann wie Roggenkemper festnehmen? Was meinen Sie, was seine Anwälte mit mir machen?«
    »Roggenkemper ist ein Mörder. Das hat Puth klipp und klar gesagt. Das können wir beeiden.«
    »Herr Mager«, antwortete Lohkamp. »Erstens. Zur Sprachregelung. Ein Mörder ist einer erst dann, wenn er von einem ordentlichen Gericht rechtskräftig wegen dieses Delikts verurteilt worden ist …«
    Er sah, dass Mager tief Luft holte, ließ ihn aber gar nicht erst zu Wort kommen.
    »Was immer Sie sagen wollen: In meinem Büro ist das so. Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf: Halten auch Sie es so bei Ihrer Arbeit. Das erspart Ihnen jede Menge Ärger.«
    Der PEGASUS-Vize verdrehte die Augen und starrte zur Zimmerdecke hoch. Belehrungen konnte er noch nie vertragen, und von Bullen erst recht nicht.
    »Zweitens«, fuhr Lohkamp unerbittlich fort und zielte mit seinem Kugelschreiber auf den Kontrollmonitor. »Zur Sachlage: Fahren Sie doch noch einmal die letzte Passage ab, die Sie auf dem Band haben. Achten Sie auf den Text, nicht auf das Bild …«
    Mager spulte das Band ein Stück zurück. Nach zwei Versuchen hatte er die richtige Stelle gefunden.
    Seit zweiundvierzig Jahren schleppe ich das mit mir herum. Es gibt noch immer Nächte, in denen mich die Erinnerung an diesen Mord nicht schlafen lässt. Und dann kam dieser Montag, an dem ich nahe dran war zu krepieren …
    Mager und Saale blickten sich an. Langsam dämmerte ihnen, was Lohkamp demonstrieren wollte.
    Ich hatte Angst, sie kriegten mich im Krankenhaus nicht wieder auf die Beine. Ich dachte, das ist vielleicht die letzte Gelegenheit, alles zu erzählen …
    Seufzend lehnte sich Lohkamp zurück und griff nach Zigarette und Feuerzeug.
    »Haben Sie’s gemerkt? Wenn es in dieser Sache jemals zu einem Prozess kommen sollte – bieten Sie die Kassette Roggenkempers Anwalt an. Dafür rückt der ein Honorar heraus, wie es Ihre Firma noch nicht gesehen hat.«
    Betretenes Schweigen lastete auf der Versammlung. Es war heiß und stickig geworden. Lohkamp stand auf und öffnete das Fenster. Die Blätter des wilden Weins, der an den Außenwänden des Präsidiums hochkroch, färbten sich bereits rot. Der erste Herbststurm würde sie mit sich nehmen.
    »Trotzdem müssen wir das Band behalten«, meinte er, als er sich wieder umdrehte. »Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Und vielleicht filtern unsere Techniker an den verdorbenen Stellen etwas mehr heraus, als wir hier mit diesen Geräten hören können.«
    Saale und Mager rührten sich nicht.
    »Vielen Dank, meine Herren«, sagte Lohkamp. »Sie haben eine Menge für uns getan. Vielleicht kann ich mich mal revanchieren …«
    Sie packten ihre Ausrüstung zusammen und schleppten sie hinaus. Der lange Brennecke stiefelte hinter ihnen her: »Warten Sie! Mit mir kommen sie leichter durch die Kontrolle am Ausgang …«
     
    »Dieser Scheiß-Bulle!«, fluchte Mager, kaum dass sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. »Wenn daraus wirklich noch mal ein Prozess wird, dann könnten wir die Aufnahme gut gebrauchen. Puths letzte Worte im Fernsehen – das wäre ein Knüller.«
    »Wenn, wirklich, wäre«, äffte ihn Saale nach. »Vergiss es!«
    Sie zogen über den leeren Vorplatz des Präsidiums und strebten auf die Steintreppe zu, die zur Straße hinunterführte.
    »Jetzt weiß ich, was ich gegen Recklinghausen habe«, meinte Mager. »Guck dir das mal an: Hinter uns die Bullen, vor uns das Finanzamt. Eine Firma wie unsere würde dazwischen glatt
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