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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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warst. Du musst das Schwein sein, von dem mir Puth erzählt hat. Vor dem er solch eine Angst hat, dass er selbst nach einem Herzinfarkt nicht mit dem Namen herausrückt. Und ich werde die Holländer dazu kriegen, dass sie hinter dem Rathaus buddeln. Da war doch euer Wehrmachtsheim, wo ihr gesoffen und rumgehurt habt. Und da liegt doch die Leiche, die auf dein Konto geht. Stimmt’s? Also, genieße dein letztes freies Wochenende. Das hat sie gesagt – und aufgelegt.«
    Er verstummte und rang nach Atem. Dann änderte er Tonfall und Taktik: »Denk doch nach! Mir blieb keine andere Wahl – sie musste weg. Aber sollte ich selber hinfahren und sie zum Schweigen bringen? Diese Lösung ist die beste – und Gellermanns Geständnis gibt uns die Chance, auch noch unsere letzten Jährchen zu überstehen. – Mensch, Gustav, uns kann doch keiner.«
    Die PEGASUS-Männer starrten sich an. Die Lippen des Dicken formten lautlos zwei Silben: Wahnsinn. Noch immer hatte er die nutzlos gewordene Kamera auf der Schulter, während Saale den Rekorder längst auf der Fahrbahn abgestellt hatte.
    Der Blickwechsel mit Mager löste Saale aus der Erstarrung. Dass die beiden da unten sie noch nicht entdeckt hatten, war fast ein Wunder. Vielleicht lag es daran, dass sie am Ende der Rampe kauerten, hoch über ihren Köpfen …
    »Wir müssen hier weg«, hauchte Saale schließlich. Mager schüttelte heftig den Kopf und zeigte ihm einen Vogel: Von der Generalbeichte da unten wollte er sich keine Silbe entgehen lassen. Das Flehen in Saales Augen konnte ihn nicht rühren.
    Doch dann wurde die Situation auf ganz andere Weise geklärt.
    »Das Fernsehen ist ja auch schon da!«, bellte eine laute, gereizte Stimme hinter ihnen.
    Saale zuckte zusammen: Lohkamp! Er wollte noch den Zeigefinger vor den Mund legen, aber es war zu spät, wie ein Blick über die Schulter bestätigte: Puth schaute herauf, und er hatte sie entdeckt. Mager mit der Kamera, Saale mit warnend erhobener Hand, Lohkamp mit Brennecke – alle in voller Größe, ungeschützt zwischen den Baumstämmen statt hinter ihnen.
    Was sich von diesem Bild wirklich noch in seine Netzhaut einbrannte, konnte niemand mehr in Erfahrung bringen. Puths Gesicht verzerrte sich plötzlich in einem ungeheuren Schmerz, seine linke Hand fuhr an die Brust, er taumelte und schlug hin. Der schwere, eigensinnige Schädel schlug dumpf auf der Betonkante des Kanalbeckens auf.
    »Gustav!«, schrie Roggenkemper und beugte sich über den Gestürzten.
    Halb rutschend, halb springend flog Lohkamp die Böschung hinunter. Er kniete neben Puth nieder und presste ihm das Ohr auf die Brust, hob den Kopf und suchte die Halsschlagader.
    »Einen Krankenwagen!«, schrie er. »Mach schnell, Brennecke!«
    Der Kriminalmeister machte auf dem Absatz kehrt und spurtete die Rampe hinunter.
    Nun gerieten auch die PEGASUS-Leute in Bewegung. Mager legte endlich die Kamera ab und stolperte hinter Saale zum Ufer hinunter, wo Roggenkemper versuchte, sich zwischen Puth und den Polizisten zu schieben: »Gustav! Gustav!«
    Ein Schweißfilm überzog seine Stirn, und in dem sonst so beherrschten Gesicht spiegelten sich Furcht und Entsetzen. Noch immer hielt er die Hand des Kranken, der mit ihm mehr als ein halbes Jahrhundert auf Gedeih und Verderb verbunden war.
    Puth hatte die Lider zusammengepresst, sein Gesicht war verzerrt. Der schwere Körper bebte wie in einem Krampf, der Mund zuckte, ein Seufzer kam über die zerbissenen Lippen.
    »Gustav, komm zu dir, sprich doch!«
    Doch Puth konnte nichts mehr sagen. Seine Augen hatten sich geöffnet und starrten in den graublauen Himmel über dem Kanal.
    Es dauerte etliche Sekunden, bis die Umstehenden begriffen, was geschehen war. Betreten standen sie da und wussten nicht, was sie tun sollten.
    Roggenkemper erwachte aus seiner Benommenheit.
    »Wie konnten Sie uns nur so erschrecken«, giftete er die drei an. »Sie wussten doch, dass der Mann krank ist. Sie haben ihn auf dem Gewissen. Sie alle.«
    Sie standen wie vom Donner geschüttelt.
    »Hören Sie«, sagte Saale. »Wer Puth in den Tod getrieben hat, ist doch wohl klar. Sie …«
    »Was machen Sie hier eigentlich? Haben Sie mich belauscht? Ich habe mit einem alten Freund ein Privatgespräch geführt. Er hat mir ein paar entsetzliche Dinge gebeichtet, von denen ich bis heute keine Ahnung hatte …«
    »Wie bitte?«, fragte Mager.
    »Herr Lohkamp«, sagte Roggenkemper feierlich. Er richtete sich auf, steckte den Zipfel seiner Krawatte in den Hosenbund
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