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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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an.
    »Eindeutig«, sagte Steigerwald: »So kennt ihn der ganze Landkreis aus der Zeitung: Roggenkemper!«
    »Und was soll das Spiel?«, fragte Hänsel, seine herrlich grüne Krawatte zurechtzupfend.
    Lohkamp nahm die Blätter weg, mit denen er den Rest des Fotos abgedeckt hatte. Alle studierten die Szene. Und lasen den Text: Duitse bezetters – uitrustend in de sére bij Hotel Dijkstra.
    »Deutsche Besatzer«, übersetzte Hänsel, »die sich auf der Veranda vor dem Hotel Dijkstra ausruhen …«

45
     
     
    Puth atmete schwer und lockerte den Sitz seiner Krawatte. Hochrot im Gesicht stand er vor dem Bürgermeister, die Schultern leicht gebeugt, den Schädel gesenkt wie ein Stier vor dem Angriff. Der Streit strengte ihn sicher mehr an, als es seinem Arzt gefallen hätte. Aber noch hielt er durch und wankte nicht.
    Roggenkemper schwieg und musterte ihn, als wollte er testen, wie lange Puth noch auf den Beinen stand.
    »Vergiss eines nicht!«, sagte er plötzlich, und seine Stimme war kalt und schneidend.
    »Wenn ich falle, Gustav, dann fällst du auch. Du selbst weißt am besten, was du alles auf dem Kerbholz hast. Lass deinen Anwalt mal zusammenrechnen, wie viel Jahre du für deine Betrügereien absitzen musst. Da kommst du höchstens in einer Holzkiste wieder heraus. Denk daran, bevor du jetzt auch noch umfällst und irgendwelche Geschichten verbreitest!«
    »Willst du mir drohen? Mir? Wo ich jetzt schon mit einem Bein im Grab stehe?«
    »Nein, ich drohe nicht. Ich warne dich nur. Weil ich die Unterlagen habe. Alle …«
    Puth starrte ihn verblüfft an.
    »Was für Unterlagen?«
    »Alle. Deine Schiebereien bei den Bauaufträgen. Die Sache mit den Leiharbeitern. Aber das ist ja Kleinkram. Am schönsten sind nämlich die Tricks, mit denen du eure Maschinenfabrik retten wollest. Die hättest du verkaufen sollen, an einen, der Ahnung hat. Das war nicht deine Branche, Gustav, und deshalb hat sie dir auch den Hals gebrochen.«
    »Wer hat dir die Sachen gegeben? Ruth?«
    Roggenkemper zog die Schultern hoch.
    »Gellermann?«
    »Beide«, lachte der andere. »Uwe und Ruth. Aber Ruth war die bessere Quelle. Sie hat nicht nur deine Sünden aufgezeichnet, sondern auch Uwes. Ich könnte dir auf Heller und Pfennig ausrechnen, um wie viel er dich beschissen hat.«
    Puth schüttelte den Kopf und trat ein Stück näher ans Ufer. Die Kähne hatten sich, dünne Rauchfäden im Schlepp, schon ein ganzes Stück von ihnen entfernt. Nur die letzten Ausläufer ihres Kielwassers plätscherten noch gegen die Uferbefestigung.
    »Hast du ihr die tausend Mark gegeben?«
    »Welche tausend?«
    »Dieser Lohkamp sagte so etwas. Sie soll jemanden erpresst haben: Seit einem Jahr hat sie monatlich einen großen Braunen zusätzlich kassiert und aufs Konto gelegt …«
    »Mich erpresst keiner, merk dir das«, entgegnete der Bürgermeister und kicherte plötzlich: »Nein, sie hat Uwe zur Kasse gebeten als Wiedergutmachung für eine Enttäuschung. Und der hat’s, nehme ich an, von dir genommen …«
    Eine Weile stand Puth sprachlos. Seine Hände verkrampften sich in den Zweigen der Trauerweide, die auf der flachen Uferwiese einsame Wache hielt.
    »Du bist das größte Schwein, das ich kenne«, sagte er.
    »Spiel nicht den Empörten. Du hast auch kassiert, und das nicht zu knapp. Wer hat denn die meisten Bauaufträge bekommen? Du. Und warum? Weil deine Kalkulationen nie über den Sätzen der anderen Firmen lagen. Und warum war das so? Weil ein gewisser Gustav Puth stets rechtzeitig in die Angebote der Konkurrenten gucken durfte …«
    »Das war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, Gerd. Vergiss dein Haus in Spanien nicht! Nein, ich meine etwas anderes …«
    Er holte tief Luft und sah sich noch einmal nach allen Seiten um, ehe er weitersprach.
    »Wir alle sind für dich nur Marionetten gewesen, die du nach Belieben eingesetzt hast. Miteinander, gegeneinander – aber immer nur für dich.«
    Er lachte bitter auf und schüttelte den Kopf.
    »Ich halte vierzig Jahre lang die Schnauze, und du hetzt deine Spione auf mich. Hattest du Angst, dass ich auspacke? Druckmittel sammeln, was? Die besten Leute, die es gibt, hast du gesagt und den Wohltäter gespielt. Aber in Wirklichkeit haben sie alles über mich gesammelt, was sie bekommen konnten. Doch damit nicht genug: Du hast sie auch noch gegeneinander gehetzt: Ruth gegen Gellermann, Gellermann gegen Ruth. Jeden wolltest du in der Hand haben! Meine Güte, wenn das die Leute wüssten: Gerhard Roggenkemper, der
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