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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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die Spuren zu sichern, aber die polizeitaktische Arbeit, vor allem die Vernehmungen, hatte der Oberwachtmeister mit seinen Leuten fast allein erledigt. So bekam er den Chef des Recherche Bijstands Teams an diesem Samstag zum ersten Mal zu Gesicht: Der Major hatte sich auf Menorca gesonnt, als sie im Regen nach dem Feuerleger forschten.
    Als de Jong eintrat, war Hoekstra unwillkürlich etwas enttäuscht. In der fantasielosen grün-braunen Kombination mit dem am Kragen geöffneten Hemd machte der Mittvierziger äußerlich wenig her. Braun waren auch seine angegrauten Haare, die großen Augen und der kräftige Oberlippenbart mit den hängenden Enden.
    »Setzen Sie sich doch wieder«, bat der Major. Er selbst blieb stehen, mit verschränkten Armen an den Türpfosten gelehnt, und überließ den freien Stuhl einem etwa dreißigjährigen Kriminalbeamten mit stark gelichtetem Haar, der ihm als Notizbuch diente.
    »Reichen Ihnen fünf Minuten?«
    »Bestimmt, Major.«
    De Jong folgte Hoekstras Bericht aufmerksam und geduldig. Hin und wieder nickte er leicht oder gab ein leises »Mh-mh« von sich, um zu signalisieren, dass er zuhörte. Dann und wann hefteten sich seine Augen an einzelne Einrichtungsgegenstände oder sahen zu, wie sein Schildknappe die über den Tisch geschobenen Notizen einsammelte; doch meist waren sie auf den Oberwachtmeister gerichtet, als wollte er den Klang seiner Stimme mit dem Gesichtsausdruck vergleichen.
    »Die Idee mit den Fotos ist in Ordnung«, sagte er zum Schluss. »Die Hafensperre auch. Obwohl …«
    Ein leichtes Schulterzucken verdeutlichte seine Zweifel am Erfolg dieser Maßnahme.
    »Und jetzt die Tote!«
    Hoekstra führte ihn hin. Auch de Jong blieb zuerst auf der Schwelle stehen und ließ die Szene eine Zeitlang auf sich wirken. Dann tasteten seine Augen den Raum systematisch ab. Klebten für kurze Zeit an dem Stapel Prospekte, dem benutzten Bett und der sorgsam auf einem Sessel abgelegten Kleidung. Die Tür zum Bad stand auf, aber außer der Toilette, der Handtuchstange und der leeren Whisky-Flasche neben dem Abfalleimer war von de Jongs Standort aus nichts zu sehen. Sein Blick kehrte zu der Toten zurück.
    »Ich glaube nicht, dass es Lärm gegeben hat. Keine Kampfspuren, keine Unordnung. Sie muss ahnungslos und völlig überrascht gewesen sein, als der Täter zupackte. Und dann hatte sie keine Chance mehr …«
    Er schaute nochmals zu dem kleinen Schreibtisch zwischen Wandschrank und Badezimmertür hinüber. »Ganz schön bildungshungrig …«
    Er rückte ein wenig zur Seite. Sein Hilfssheriff hatte bereits eine Kamera und ein Stativ ausgepackt. Von der Tür aus schoss er einige Blitzlichtfotos, um die genaue Lage der Toten festzuhalten.
    »Bei seinem Schädel«, sagte de Jong zu Hoekstra, »ist das Blitzlicht reine Verschwendung.«
    Der Kahle verzog keine Miene – offenbar war er an solchen Spott gewöhnt. Er packte seine Ausrüstung wieder ein und gab dem Gerichtsmediziner, der stumm und scheinbar desinteressiert abgewartet hatte, einen Wink.
    Während die Leiche untersucht wurde, trat der Major, wie Hoekstra es auch getan hatte, an die Feuertür und spähte hinaus. Der Hof und die Straße lagen wie üblich leer und verlassen. Hier gab es keine vielbesuchten Geschäfte mehr, sondern außer einer Brennstoffhandlung und ein paar Wohnhäusern nur noch die Gärten und Höfe der Anwohner von Dorpsstraat und Willem de Vlaminghweg. Die Gefahr, hier nachts jemandem in die Arme zu laufen oder auch nur beobachtet zu werden, war gleich null.
    »Ganz schön schlau, der Bursche … Aber man sollte dennoch alle Anwohner befragen. Manche Leute stehen zu den unmöglichsten Zeiten am Fenster, um den Mond zu betrachten …«
    Der Kahle kritzelte wieder in seinem Notizbuch. »Also gut«, meinte de Jong und schaute Hoekstra an: »Mit dem nächsten Schiff kommt unser Team herüber. Wo kann ich die Leute …«
    Der Sergeant stapfte eilig den Flur entlang: »Es geht los, Oberwachtmeister. Draußen steht eine Menge Leute herum. Können Sie nicht mal mit ihnen reden?«
    Die Straße vor dem Hotel war voller Menschen. Teils sensationslüstern, zum Teil betreten starrten sie zum Eingang herüber, vor dem sich zwei Soldaten wie Schildwachen aufgebaut hatten.
    Hoekstra ging auf die Schaulustigen zu, unter denen sich zahlreiche Einheimische befanden. Das Stimmengewirr verstummte.
    »Goed middag, Leute!«
    Ein allgemeines Gemurmel antwortete.
    »Was gibt es denn?«
    »Erzählen Sie uns, was passiert ist! – War das
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