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Das Ekel von Datteln

Das Ekel von Datteln

Titel: Das Ekel von Datteln
Autoren: Leo P. Reinhard; Ard Junge
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Mark.«
    »Billig. Unterm Strich bleibt fast nichts. Mindestens noch fünf Drehtage, die Computergrafik …«
    »Vergiss nicht die 4000 Mark von Roggenkempers Partei, wenn wir aus dem Material noch ein Video für die Altersheime basteln …«
    »Weitere drei, vier Tage Arbeit. Die Sache rechnet sich wirklich nicht. Roggenkemper hat uns mit dem Auftrag geleimt.«
    Als die Bedienung mit dem Eiskaffee kam, vergaß Mager seine Sorgen. Er stieß den bunten Plastikhalm ins Glas und pumpte sich die kalte Flüssigkeit in den Wanst, ehe er begann, die Sahne und das Gefrorene einzuschaufeln. Er war fertig, bevor Susanne auch nur angefangen hatte. Während sie die neueste Brigitte durchblätterte, nahm Mager seine Relaxposition ein: Die Beine lang, das Kreuz durchgedrückt, die Hände hinter dem Kopf gefaltet. Er schloss die Augen und gähnte. Durch die geöffnete Gartentür hörte er einem Geschwader Spatzen zu, das in dem alten Birnbaum herumtobte.
    Gute zehn Minuten ließen sie sich gegenseitig in Ruhe. Die Zeiten, in denen sie sich mehr zu sagen hatten, lagen fast anderthalb Jahrzehnte zurück. Es gab Tage, an denen Mager das bedauerte – dieser gehörte nicht dazu.
    Plötzlich fuhr er hoch und knallte die rechte Hand auf die Tischplatte: »Ich hab’s!«
    Erschrocken blickte Susanne ihn an.
    »Geld!«, sagte er.
    »Ja?« Sie sah sich um: »Wo?«
    »Auf dem Neumarkt«, verriet er und legte eine Kunstpause ein.
    »Ach« – »Ja. Wir sollen doch zum Schluss ein Statement von Roggenkemper aufnehmen. Wir stellen ihn dafür neben diesen schönen Brunnen vor Karstadt und der Bank. Und du gehst vorher mit Saale hin und fragst die Heinis, was sie zahlen, damit ihre Firmennamen in den Film kommen …«
    »Hier!«, meinte sie und tippte sich an die Stirn.
    »Im Ernst! Die zahlen garantiert ’nen Tausender. Und dann klappern wir noch ein paar Firmen ab, die auch aufs Band dürfen. Ich sag dir: So rechnet sich die Sache doch!«

7
     
     
    Die Insel liegt wie eine Barriere fast dreißig Kilometer vor dem Abschlussdeich des Ijsselmeeres und besteht aus zwei völlig gegensätzlichen Landschaften: dem sieben Kilometer langen und dreitausend Meter breiten Vliehors, der flachen Wüste im Westen, wo nur Robben und Soldaten hausen, und den idyllischen Wald-, Heide- und Weidegebieten des zwölf Kilometer langen, schlankeren Hauptteils.
    Weit weg vom Lärm des Militärs, tausend Meter vor dem Ostkap, befindet sich das Dorf. Zwei, drei Straßenzüge breit duckt es sich zwischen Deich und Dünen – die höchste misst immerhin vierzig Meter und hat zur Belohnung einen Leuchtturm aufgesetzt bekommen.
    Eine feste Straße, meist dicht am Watt verlaufend, verbindet das Dorf mit einer Radarstation und den Kasernen am Vliehors und einem Jachthafen am Kap. Nach Norden gehen vier Straßen: An der Kirche beginnt der Badweg zu den Bungalows und den beiden einzigen Hotels am Strand, östlich des Dorfes, an der Anlegestelle, führt der Lutinelaan in ein kleines Neubaugebiet, die nächste Querstraße durch den Wald zum Campingplatz und die letzte zur Mülldeponie.
    Fragt man Einheimische, warum ihr Dorf nicht einfach Vlieland, sondern Oost- Vlieland heißt, bekommen sie einen verklärten Blick: Westlich der schmalen Inselmitte lag an einer windgeschützten Bucht einst ein zweites Dorf, das West- Vlieland hieß. In Hollands Goldenem Zeitalter war es Walfangbasis und Umschlagplatz des Welthandels auf dem Weg ins Ijsselmeer, nach Amsterdam, und diese Lage ließ es reich werden. Doch wie Hollands Glorie verging auch der frühere Wohlstand der Insel: Das westliche Dorf versank im Meer, und nur noch das malerische Posthuis, das die vier Flurnachbarn der ermordeten Ruth Michalski an diesem Samstag besuchten, erinnert an die große Zeit …
     
    Als Hoekstra das Hotel erreichte, waren die Panzersoldaten bereits eingetroffen. Sie saßen im Frühstücksraum, unterhielten sich leise und tranken Unmengen Kaffee und Tee, mit denen Dijkstra sie gratis versorgte. Ihren Anderthalbtonner hatten sie klugerweise auf dem Hof abgestellt.
    »Gut, dass ihr da seid!«
    Der Oberwachtmeister reichte jedem die Hand und wandte sich an den Sergeanten, der die Truppe führte: »Ihr stellt euch nur vor die Tür, falls es draußen eine Menschenansammlung gibt. Die Sache wird noch genug Aufsehen …«
    Der Mann nickte nur.
    Hoekstra setzte sich ins Büro und wartete. Nach dem Brand im Seeduyn-Hotel hatte Leeuwarden zwar eine starke Gruppe an Kriminaltechnikern auf die Insel geschickt, um
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