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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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wie unbeirrbar Folke blieb, gingen sie mit ein wenig mehr Zuversicht, als sie gekommen waren. Folke sah den Männern nach. Auf Land schienen sie ein wenig ungelenk - wie Bären, die nach der Winterzeit zum ersten Mal ihre Höhle verlassen. Sie mußten lange auf See gewesen sein.
    Während Aasa sich um den Verletzten kümmerte, trank Folke einige Schlucke Warmbier und trabte dann gemächlich zur Werft zurück. Er hatte seine Neugier gestillt; nun mußte er sehen, wie ihr Schiff zu einem guten Bauende kam. Es würde mindestens so schön werden wie das norwegische Drachenboot.
    Der Drachenkopf steckte schon fest, als Folke zwischen den Schuppen auf den Bauplatz trat. Aber ganz zufrieden war der Stevenschnitzer nicht. Mit einem verärgerten Grunzen hebelte er den Kopf wieder heraus und arbeitete mit dem Stechbeitel noch ein wenig nach. Thorbjörn, der Folke kommen sah, lächelte und hob die Schultern. Es ging anscheinend nicht so gut voran. Um so besser, dachte Folke, dann hatte er nichts versäumt. Danach berichtete er seinem Vaterbruder, was am Hafen passiert war.
    »So, so«, sagte Thorbjörn nachdenklich, »die haben also einen Ruderer weniger jetzt.«
    »Ja«, stimmte Folke zu und wunderte sich: das war nicht, worauf es ihm ankam. Für ihn war viel bemerkenswerter, was seine Mutter festgestellt hatte. »Was meinst du, mit wem der Mann gekämpft haben könnte?«
    »Ein Zweikampf war es vielleicht, aber nicht innerhalb der Besatzung eines Königsschiffes, da hat Aasa recht. Ich wüßte keinen Nordmann, der solche armseligen Waffen noch benutzt. Wahrscheinlich haben sie mit Slawen gekämpft. Es ist schließlich auch nichts Besonderes, mit diesen Leuten aneinander zu geraten.«
    Das leuchtete ihm ein. Und doch war er nicht ganz zufriedengestellt. Warum hatte der Schiffsführer es für nötig gehalten zu lügen?
    »Folke«, sagte Thorbjörn entschlossen, »was würdest du dazu sagen, auf See zu gehen?«
    »Eine Seereise? Jetzt, kurz vor Winterbeginn?«
    Thorbjörn kraulte seinen Bart, wo er am dichtesten war und zuweilen die Haut ein wenig juckte. »Genau das. Eine Seereise. Ich will dich bald wieder hierhaben, sobald ich das neue Schiff auf Kiel lege. Aber bis dahin...« Er verstummte und schien zu überlegen, während Folke strahlte, als er merkte, worauf Thorbjörn hinauswollte. »Ich werde mit Hjalti Olafssohn reden. Nun, wo er einen Ruderer verloren hat, könnte er dich vielleicht gut gebrauchen. Ich wäre wirklich neugierig zu erfahren, ob norwegische Boote aus Kiefer sich anders segeln als dänische Boote aus Eiche. Und es ist nicht die schlechteste Ausbildung, zum Handwerk auch die See zu allen Jahreszeiten zu kennen. Njörd macht, wozu er Lust hat, aber der Steuermann und der Schiffbauer müssen wissen, was er will.«
    Das stimmte. Der Gott des Meeres war nicht berechenbar, aber man konnte doch lernen, mit ihm auszukommen. Und schon oft hatte Thorbjörn davon geredet, daß Folke nicht nur die eigenen Schiffe, sondern auch die der anderen Nordleute kennenlernen sollte. Schließlich hatte jeder Schiffbauer sein Steckenpferd. Die unterschiedlichen Bauweisen vergleichen, das Beste übernehmen und das Unbrauchbare verwerfen, so dachte Thorbjörn, und das hatte er Folke bereits am Anfang seiner Lehre eingeprägt. Er war stolz auf seine Schiffe. Und daher würde Folke nicht nur zur eigenen Bereicherung unterwegs sein, sondern seine Erfahrungen würden der Werft zugute kommen und ihren gemeinsamen Ruhm erhöhen.
    Deshalb und weil es ihm auch Spaß machen würde, auf einem schnellen Schiff zu fahren, nickte Folke. Als er sich abends bei seiner Mutter erkundigte, wie es dem Norweger ging, tat es ihm nur in Maßen leid zu hören, daß dieser weiterhin reiseunfähig sein würde. Hild, die Frau Thorbjörns und Schwägerin von Aasa, schwieg und machte ein mürrisches Gesicht, als Aasa über den Verwundeten sprach. Es war nicht das erste Mal, daß man ihr Kranke ins Haus trug, wenn Aasa sich hier aufhielt, aber einverstanden war sie damit nicht. Es gab immer Unruhe und Schmutz, wenn Krieger durchs Haus stapften.
    Folke schöpfte sich einen Schlag Suppe in die Schale und spähte zum Lager des Kranken hinüber. Der Mann war so unter Decken verborgen, daß er nichts von ihm erkennen konnte, und er rührte sich auch nicht. »Er hat ein einziges Mal gestöhnt«, bemerkte Aasa und setzte sich mit ihrem Teller auf einen Hocker, der neben dem Feuer stand.
    »Ist das gut oder schlecht?« fragte Folke.
    »Einer, der stöhnt, ist
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