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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Südnorwegen. Große Taten dieses Gaukönigs waren jedoch noch nicht berichtet worden. Und Hjalti war ihm unbekannt.
    Benno schien es ähnlich zu gehen. Er nickte gleichmütig. »Du hast einen weiten Weg auf dich genommen, um mit einem Mann zu sprechen, der nicht da ist. Högni ist in diesem Sommer in Birka.«
    Högni, der größte Kaufmann von Haithabu: zu ihm kam man nicht um einer Kleinigkeit willen. Geirmund mußte Kostbarkeiten zu verkaufen haben, dachte Folke, während er den Fremden nicht aus den Augen ließ.
    »Seine Sippe erwartet ihn mit jedem Tag zurück«, fügte Benno hinzu.
    »Ich werde ihn finden«, sagte Hjalti kurz, und damit war für ihn die Angelegenheit erledigt. »Benno Wachhauptmann, ich habe einen verletzten Mann an Bord. Wir hatten einen Zweikampf. Gibt es bei euch eine heilkundige Frau?«
    Benno zögerte und nickte dann Folke zu. Folke trat vor, und Hjalti richtete seinen ein wenig starren Blick auf ihn. »Ich bin Folke Björnssohn von der Bärensippe auf dem Bärenhof zu Missunde. Meine Mutter Aasa ist für ihre Heilkunst in der Gegend bekannt.«
    Hjalti schüttelte ein wenig unzufrieden den Kopf. »Wie lange dauert es, sie vom Bärenhof herzuholen? Mein Mann wird den Tag vielleicht nicht überleben.«
    »Sie ist hier in Haithabu«, versicherte Folke. »In wenigen Minuten kann sie hier sein.«
    »Es wäre gut«, murmelte Hjalti.
    Folke stürmte davon, ohne auf Hjaltis Entscheidung zu warten. Immer noch waren bei ihm Herz und Kopf schneller als Überlieferung und Sitte.
    Benno sah ihm zufrieden nach. Diese Gäste, denen man den Willkomm hatte aussprechen müssen, auch wenn sie keine Kaufleute, sondern Krieger eines fremden Königs waren, würden nicht erzählen können, man habe sie aus Haithabu fortgeschickt.
    Auf den Ruf der Stadt war König Knuba bedacht und in seinem Namen der Wikgraf; und vom Wikgrafen bekam er, Benno, der sächsische Krieger, der sich trotz seiner Fremdheit unter den Dänen und Schweden zu einem geachteten Mitglied der Stadt emporgearbeitet hatte, seine Befehle.
    Folke mußte man nicht lange erklären, was nottat. Vielleicht hielt der Wikgraf seine Hand über Folke, weil dieser flink im Kopf und auf den Beinen war.
    Ganz genau wußte Benno darüber nicht Bescheid. Aber er wäre der letzte gewesen, Folke daran zu hindern, beides zu gebrauchen.
    Es dauerte nicht lange, da meldeten die atemlosen kleinen Jungen, die sich mit blitzenden Augen als freiwillige Späher und Läufer betätigten, daß Aasa unterwegs sei. Hinter Aasa, die sich kaum Zeit genommen hatte, ihre Tunika überzuwerfen, kam Folke. Er drängte sich entschlossen zwischen den Leuten auf dem Ufersteg durch, und als diese Frau Aasa erkannten, machten sie bereitwillig Platz.
    Hjalti, ein Mann, der seinen Nutzen zielsicher abzuwägen pflegte, wußte sofort, daß Frau Aasa die richtige war, sich um seinen kranken Mann zu kümmern. Eine edle Frau aus guter Sippe. Das hatte er beim Anblick des einfachen Handwerkers im Arbeitswams nicht erwartet.
    Aasa sah zum Schiffsführer hinauf. Die Schlei führte nach regnerischen Tagen viel Wasser, und das Drachenboot schwamm hoch auf. »Könnt ihr den Mann nicht herausheben? Ich bin eine alte Frau und klettere nicht gerne auf Booten herum.«
    Nun sah Aasa nicht so alt aus, wie sie tatsächlich war, denn ihr Gesicht war immer noch faltenlos, und in Haithabu hätte die Höflichkeit unter Kaufleuten es erfordert, daß Hjalti widersprach.
    Aber die Männer waren keine Kaufleute, sondern norwegische Krieger, und Hjalti bot an: »Wir heben dich herein.«
    Ehe Aasa sich's versah, hatte ein Ruderer sie umfaßt und auf starken Armen in das Schiff geschwenkt. Da er dies in aller Ehrerbietigkeit tat, gab es keinen Grund zu protestieren. Aasa verschwand aus dem Blickfeld ihres Sohnes. Weder die Wachleute noch Folke konnten beobachten, was im »Grauen Wolf« vor sich ging, aber sie hörten die Schiffsleute still werden. Kurz darauf trat Aasa bereits zu Hjalti an die Bordwand.
    »Hjalti Olafssohn«, sagte sie mit weittragender Stimme, »die Verwundung deines Mannes ist so schwer, daß ein weiterer Tag an Bord ihn umbringen wird. Ich möchte, daß ihr ihn in Thorbjörn Bootsbauers Haus bringt. Er wird wochenlange Pflege benötigen - wenn dir daran liegt, ihn zu behalten.« Und während sie auf Hjaltis Zustimmung wartete, fügte sie so leise hinzu, daß die Neugierigen am Ufer sie nicht hören konnten: »Seit wann tragen Krieger eines Königs Zweikämpfe mit Keulen oder Steinen aus?«
    Die
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