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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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rot-weißer Drachenkopf und an dessen Seitenwänden die roten Kriegsschilde aufgesteckt waren, ließ sich der Wachführer von den friedlichen Absichten der Mannschaft überzeugen. Nach kurzer Zeit wurden die Sperrbalken, die in diesen unruhigen Zeiten in die Hafeneinfahrt gelegt wurden, langsam beiseite gezogen. Der Schiffsführer eilte ans Steuer, und die Ruder im vorderen Teil des Schiffes hoben sich. Wenige Schläge nur waren nötig, um das Drachenboot an die Kaianlagen heranzutreiben, dann wurden die Ruder eingezogen.
    Folke kam im Laufschritt im selben Moment an, wie zwei Mann aus dem Kriegsschiff auf den Steg sprangen und seine etwas zu hohe Geschwindigkeit mit der Bugleine abbremsten. Der eine stemmte die Hacken auf die Bohlen und zog hart, während der andere das Ende des Tampens um einen Holzpoller schlang. Mit einem heftigen Ruck kam die Fahrt aus dem Schiff, dann legte es sich längsseits an die Leeseite des Steges. Es schaukelte heftig, während die Köpfe der Besatzung hinter den Schilden auftauchten. Der Bootsbauer verkniff sich das Lachen. Eine solche Ansammlung von wilden Männern hatten sie hier schon lange nicht mehr gesehen. Rote und blonde Bärte, struppige Haare und Narben in den Gesichtern sprachen von unfriedlichen Unternehmungen einen ganzen Sommer lang. In Haithabu sah man heutzutage selten solche Leute; die pflegten befestigte Handelsstädte nicht zu besuchen, denn Handel war nicht ihr Zeitvertreib. Haithabu aber war der Knotenpunkt des Wikingerhandels in alle Welt und viel zu gut bewacht, um im Handstreich genommen und ausgeplündert zu werden. Dafür sorgte schon der Wikgraf mit seinen Kriegern. Die Ruderer schwatzten miteinander; im ersten Moment verstand Folke wegen des singenden Tonfalls kaum ein Wort. Ganz so melodiös wie die Schweden, denen zur Zeit die Stadt gehörte, sprachen sie jedoch nicht. Norweger also, dachte Folke und hätte beinahe laut gepfiffen. Ein norwegisches Kriegsschiff hatte er im Hafen noch nicht gesehen. Als er hinter sich das hohle Stampfen der Stadtwache hörte, trat er beiseite, um ihr und dem Wachhauptmann Platz zu machen. Es war derselbe Hauptmann, der am Palisadentor das Entfernen der Sperre veranlaßt hatte. Im Sturmschritt war er den langen Weg über das Halbrund der Mole und über die Hafenstraße herangeeilt.
    Folke kannte Benno Wachhauptmann, und er kannte auch das Ritual, das nun folgen würde, genau wie die Bevölkerung der Stadt, von der sich mittlerweile so viele Einwohner auf dem Steg drängten, daß er schwankte und das Holz knarrte. Während Hauptmann Benno die fremden Seeleute begrüßte und ihnen erklärte, daß die Stadt unter dem Frieden des Schwedenkönigs Knuba und unter der unmittelbaren Aufsicht seines Wikgrafen stehe und daß Fremde sich widerspruchslos diesem Frieden zu beugen hätten, fingen die vier Soldaten an, die Neugierigen langsam und beharrlich vom Steg auf das Ufer zurückzudrängen. Um Folke machten sie einen Bogen, weil sie von seinen guten Verbindungen zum Wikgrafen wußten.
    Der Schiffsführer war ein großer, kräftiger Mann in einem grauen Wams mit Kapuze. Er richtete seine stahlblauen Augen unter den buschigen weißblonden Augenbrauen unverwandt auf Benno, als müßte er genau hinhören, um ihn zu verstehen, - und das konnte gut sein, denn Benno war Sachse und hatte sein Dänisch nicht schon am Rockzipfel seiner Mutter gelernt. Endlich war Benno mit der Erklärung fertig. »Das wird wohl so sein«, stimmte der Schiffsführer uninteressiert zu, »aber wir haben weder Waren bei uns, noch möchten wir welche kaufen. Wir sind auf dem Rückweg nach Skiringssal im Süden des Norwegerlandes und sind hier nur eingelaufen, um mit Kaufmann Högni zu sprechen.« Folke zeigte seine Überraschung nicht. Von wo mochten die Norweger kommen? Vom Westen sicher nicht; da hätte man von Rückweg nicht sprechen können. Also von Osten. Aber auch da gab es kaum einen Schiffahrtsweg in den Oslofjord, der nicht näher und bequemer gewesen wäre als der über Haithabu.
    »Wer bist du, und für wen führst du dieses Kriegsschiff?« fragte Benno, der langsam, aber gründlich war.
    Der Schiffsführer wollte aufbrausen, aber dann besann er sich. »Es ist dein gutes Recht zu fragen. Ich«, sagte er und hob die Stimme, so daß die Zuschauer am Ufer ihn gut verstehen konnten, »ich bin Hjalti aus der Sippe Olafs, und ich führe den >Grauen Wolf< für Geirmund auf Geirstad.«
    Von Geirmund hatte Folke schon gehört. Er war ein Gaukönig in
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