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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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viel erzählen konnte, nun bekam er einen zweifelhaften Weichling aus dem Hinterland von Haithabu. Mit saurer Miene legte Folke Sax und Schild neben sich und setzte sich auf der kurzen Bank so weit weg von ihm, wie es ging, aber da hatten ihre Beine immer noch Tuchfühlung. Während die Männer in der größten Breite des Schiffes die Ruder bereits durch die Pforten steckten, stellte der Nachbar sich leise als Sven vor, und das entging Folke beinahe, weil er sich um sein eigenes Ruder bemühte.
    Sein Hintermann knuffte ihn sachte in die Schulter. »Wir nicht«, sagte er. »Warte noch.« Dankbar, daß er jemanden in der Nähe hatte, der ihm Ratschläge geben wollte, drehte sich Folke um. Hinter ihm saß ein dürrer älterer Krieger mit einer runden grünen Kappe auf dem Kopf. Seine umherschweifenden Augen schienen die Ruderer ständig zu überwachen. »Du wirst es merken, wenn es soweit ist. Ich bin Hrolf, der Wachführer der Steuerbordseite.« Folke saß an Steuerbord. Folglich sollte er tun, was Hrolf ihm befahl, hieß das. Folke war es recht.
    Dann erst merkte er, daß neben diesem Hrolf der junge Mann saß, der den Verletzten gebracht hatte - vor ihm selber aber der mißtrauische Frodi, dessen gewaltige Nase gerade das Wetter zu erschnüffeln suchte. Auch sie rührten sich nicht.
    Folke nahm die Gelegenheit wahr, während des Ablegemanövers die Zuschauer auf dem Steg und an Land zu beobachten. Sein Blick erfaßte Svens drei Begleiter. Als sie den Kopf ihres Schützlings über den Schilden sahen, verzogen sich ihre starren Mienen nicht um Haaresbreite. Sie wollten wohl nur sicherstellen, daß ihr Verwandter nicht mehr an Land entwischen konnte, bevor sie steifbeinig fortgingen. Und dann tauchte Thorbjörn auf dem Steg auf, und im Gegensatz zu den drei Fremden hob er den Arm und winkte und rief Folke laut »Gute Reise und guten Wind!« zu, und anders hatte Folke es auch nicht erwartet. Froh winkte er zurück, und noch an der Hafeneinfahrt konnte er Thorbjörns derbe Hand von den anderen Händen unterscheiden. Das letzte, was er von Haithabu sah, war Hauptmann Benno, der am Molenkopf die Freigabe der Hafeneinfahrt beaufsichtigt hatte und ihm nun zuzwinkerte, als er unter ihm vorbeirauschte.
    Folke hätte am liebsten seine Freude laut herausgebrüllt, als der »Graue Wolf« Fahrt aufnahm, aber das traute er sich denn doch nicht. Und dann waren sie plötzlich draußen in der Schlei, und viel zu heftig fuhr er endlich sein Ruder durch die Verschlußöffnung und legte los. Zum Takt, den der Steuermann ganz hinten ausrief, ruderte er das erste Mal in seinem Leben auf einem Kriegsschiff und war voller Erwartung.

 
2
Der »Graue Wolf«
     
    Kaum hatte Folke beim Rudern den Takt gefunden und sich mit Sven im engen Vorschiff wegen des Platzes geeinigt, gab Hjalti am Steuer schon einen neuen Befehl, den Folke nicht verstand. Wie die anderen Männer, die vor ihm am Bauch des Schiffes saßen, ließ er sofort das Ruder ruhen. »Die Vorschiffmänner nicht«, brummte Hrolf einsilbig, und Folke nahm sofort das Rudern wieder auf. Sven hob kaum den Kopf.
    Alle Mann außer den Bankreihen im Bug beteiligten sich am Setzen des Segels. Folke versuchte, weiterhin den Takt zu halten und trotzdem zwischen seinen Haaren hindurch auf die anderen Männer zu lugen, die ihre Ruder verstauten und sich dann über die Rah und das Segel hermachten. Alles hatte seine Ordnung: keiner der Männer hastete unnötig herum, und jede Bewegung war berechnet. Binnen kurzem stieg die Rah mit dem Segel in die Höhe. Als es ausgeschüttelt wurde und sich entfaltete, krängte der »Graue Wolf« bis zum Schanzkleid. Noch während die Männer das Segel an Schoten, Brassen und Bulinen festsetzten, schoß er los. Ganz von selbst hatte Folke mit Rudern aufgehört, denn so schnell, wie ihr Schiff jetzt über das Wasser flog, konnte kein Mensch es durch Rudern in Fahrt halten. Der Wind blies kräftig, aber hier, im hintersten Ende der Schlei, wurden kaum Wellen aufgeworfen, und so gab es außer Njörd niemanden, der den »Grauen Wolf« hätte aufhalten können. Die Geschwindigkeit verschlug Folke den Atem, und hastig verstaute er das Ruder, wie sein Hintermann es anordnete. »Das gilt auch für dich«, sagte Hrolf, und Folke bemerkte erst jetzt, daß Sven, den Ruderschaft in der Hand, mit gesenktem Kopf dasaß.
    »Warum?« flüsterte Sven und blickte endlich auf, so daß Folke ein wenig mehr von ihm erkennen konnte als die aschblonden Haare. »Wir müssen ja doch
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