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Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Herzblut 02 - Stärker als der Tod

Titel: Herzblut 02 - Stärker als der Tod
Autoren: Melissa Darnell
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1. KAPITEL
    Savannah
    D er Privatjet des Vampirrates, ein riesiger Kokon aus weißem Leder und exotischen Hölzern, wollte mich mit seinem Brummen in den Schlaf wiegen. Ich lag warm und sicher in den Armen des einzigen Jungen, den ich je geliebt hatte, aber ich konnte meiner Erschöpfung nicht nachgeben. Noch nicht. Uns blieb so wenig Zeit, diese Illusion von Frieden und perfektem Glück zu genießen. Ich musste gegen den Schlaf ankämpfen, solange ich konnte.
    Tristan Coleman hatte neben mir schon den Kampf verloren. Er lag wie hingegossen am einen Ende des Sofas, das wir uns in der hinteren Kabine teilten. Obwohl ihm das Kinn mit dem Dreitagebart auf die Brust gesackt war, was eigentlich nicht angenehm sein konnte, umspielte ein leises Lächeln seine Lippen. Seine Arme hielten mich fest umschlungen. Selbst im Traum wollte er mich beschützen.
    Dabei hätte ich ihn beschützen müssen.
    Wir saßen zwar auf einem weichen Ledersofa, trotzdem musste diese Haltung für Tristan unbequem sein. Immerhin war er, im Gegensatz zu mir, ein Mensch, und sein Körper konnte nicht so viel vertragen. Als ihm vor ein paar Stunden langsam die Augen zugefallen waren, hatte ich ihm gut zugeredet, er solle doch einen Liegestuhl oder zumindest das Sofa für sich allein nehmen und sich richtig ausstrecken. Aber Tristan hatte sich geweigert. Er wollte unbedingt im Sitzen schlafen, damit ich in seiner Nähe bleiben konnte.
    Weil ich wusste, was uns erwartete, hatte ich nachgegeben. Es war egoistisch, aber auch ich wollte ihn noch nicht loslassen.
    Eine blonde Locke fiel ihm in die Stirn, genauso eigensinnig wie Tristan selbst. Ich strich sie sanft zurück und versuchte den Kontrast zwischen meiner blassen und seiner gebräunten Haut zu ignorieren.
    In wenigen Stunden würde ich mir nicht mal mehr diese kleine Berührung erlauben können.
    Ich versuchte mir sein Gesicht in allen Einzelheiten einzuprägen. Meist wirkte es fest entschlossen oder blendete alle mit seinem berüchtigten Grinsen. Jetzt erschien es sanft vom Schlaf und dem falschen Glauben daran, dass alles gut sei. Er ahnte ja nicht, welches Opfer ich gebracht hatte, damit der Vampirrat ihn freiließ. Die Vampire hatten meine Selbstbeherrschung mit Tristans mächtigem Clann-Blut voller Magie auf die Probe gestellt. Tristan war in einem Nebenraum mit Handschellen an einen Stuhl gekettet gewesen. Er hatte nicht gehört, welch schreckliches Versprechen ich diesen kalten Wesen geben musste. Und bald würde ich so sein wie sie.
    Nachdem wir den Pariser Hauptsitz des Rates verlassen hatten, hätte ich Tristan die Wahrheit sagen können. Aber ich hatte es nicht getan. Zum Teil aus Angst vor seiner Reaktion, aber vor allem, weil ich jeden Moment auskosten wollte, der uns noch zusammen blieb.
    Mein Brustkorb verkrampfte sich so, dass ich nicht richtig atmen konnte, und wieder rann eine Träne an meiner Nase herab. Blöde Tränen. Seit wir das Tunnellabyrinth vor dem Sitz des Rates verlassen hatten, musste ich immer wieder weinen.
    Und wenn ich daran dachte, was ich zu Hause im texanischen Jacksonville tun musste, damit Tristan in Sicherheit war, bekam ich Angst, dass die Tränen nie versiegen würden.
    Eine ganze Reihe absolut logischer und guter Gründe sprach dafür, dass ich für Tristan die Falsche war, dass ich mich einfach an mein Versprechen halten musste, mich nicht mehr mit ihm zu treffen. Vom Kopf her verstand ich das. Warum nur wollte mein Herz es nicht begreifen?
    Tristan ließ den Kopf nach hinten sacken und zog mich seufzend näher. Ich hätte mich, zu seiner Sicherheit, losmachen und von ihm abrücken sollen. Aber ein letztes Mal gab ich meinem Herzen nach. Mit geschlossenen Augen schmiegte ich den Kopf an die warme starke Stelle zwischen seinem Hals und der Schulter, die wie für mich geschaffen schien. Als ich tief die Luft einsog, nahm ich noch einen Hauch seines Aftershaves von Freitagmorgen wahr, als er sich zum letzten Mal hatte rasieren können. Darunter witterte ich ganz vage das köstliche und absolut verbotene Clann-Blut, das er für meine Prüfung hatte vergießen müssen. Eine Prüfung, die ichum ein Haar nicht bestanden hätte. Und die ihn beinahe das Leben gekostet hätte.
    Ich schluckte schwer und versuchte die gefährliche Erinnerung zu verdrängen.
    Bald. Bald würde ich mich an mein Versprechen dem Rat gegenüber halten. Aber … jetzt noch nicht. Ein paar Stunden waren wir in diesem Flugzeug vor den Gesetzen des Clanns und des Vampirrates noch sicher.
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