Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Masken

Das Geheimnis der Masken

Titel: Das Geheimnis der Masken
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Kapitel Eins
    M ick Williams schob die letzte Abendzeitung in einen Briefkastenschlitz und sprang auf sein Fahrrad. Schnell fuhr er zurück zum Zeitungsladen. Diesen Teil der Arbeit genoss er am meisten: die Tasche, die zu Beginn seiner Tour so schmerzhaft schwer über der Schulter gehangen hatte, flatterte nun leer im Windschatten hinter ihm.
    Er bog um eine Ecke, überquerte die Straße und steuerte geradewegs auf den Bürgersteig zu. Einen Sekundenbruchteil vor Erreichen der Bordsteinkante riss er am Lenker und wuchtete das Vorderrad in die Höhe. Das ganze Rad hob ab und landete perfekt auf dem Bürgersteig. Mike stieg in die Rücktrittbremse und schleuderte elegant mit dem Hinterrad herum. Ein Trick, den er schon vor langer Zeit gelernt hatte. Genau neben dem großen Schaufenster kam er zum Stehen.
    Er lehnte das Rad gegen die Hauswand und wollte den Laden betreten. Als er die Tür öffnete, sah er einen Jungen, den er nicht kannte. Er stand vor dem Schaufenster, eine Hand auf dem Sattel eines Rennrads. Mick hoffte, dass er den Fremden mit seinem Schleudertrick gebührend beeindruckt hatte.
    „Draußen wartet ein neuer Junge, Mick“, sagte Mr Thorpe, der Zeitungshändler. „Zeigst du ihm die Tour Nummer sieben?“
    „Klar doch“, sagte Mick. Er bekam jede Woche für den einen oder anderen Gelegenheitsauftrag zusätzliches Geld. Er kannte alle Touren in- und auswendig, und wenn einer der anderen Jungs nicht zur Arbeit erschien, sprang Mick ein. Wenn es einmal keine zusätzliche Arbeit gab, kehrte er den Laden aus und fuhr anschließend nach Hause.
    Mick klopfte gegen die Scheibe und winkte dem anderen Jungen zu, er solle hereinkommen.
    „Mick Williams wird dir deine Tour zeigen, Junge!“, rief Mr Thorpe nach draußen.
    Mick musterte den anderen. Er schätzte, dass sie ungefähr im gleichen Alter waren, auch wenn der Kerl größer und schwerer wirkte als Mick. Sein Gegenüber hatte kurze blonde Haare, und Mick fiel auf, dass er ein Hemd mit zugeknöpftem Kragen trug.
    „Wie heißt du?“, fragte Mick.
    „Randall Izard“, antwortete der andere.
    „Eigenartiger Name.“
    „In meiner alten Schule haben mich alle Izzie genannt“, erwiderte er.
    Mick nahm die Zeitungstasche des Jungen und legte sie flach auf die Ladentheke, zusammen mit denNews of the World. „Weißt du, wie man die Zeitungen einpackt?“

    „Ich schätze schon.“
    „Dann mal los“, sagte Mick. Er beobachtete den anderen Jungen eine Minute lang, während dieser sich vergeblich abmühte. „Hast du schon mal Zeitungen ausgefahren?“, fragte er schließlich.
    „Nein.“
    „Dachte ich mir.“ Mick zeigte ihm, wie man die Zeitungen richtig in die Tasche schob, dann half er ihm, die Tasche über die Schulter und den Kopf zu schlingen.
    „Ganz schön schwer!“, sagte Izzie, als sie auf die Straße traten.
    „Warte nur bis Freitag“, lachte Mick. „Freitags sind die Zeitungen immer viel dicker.“
    „Beeilt euch, Jungs!“, rief Mr Thorpe den beiden hinterher. „Nur zu, oder die Acacia Avenue 35 kommt sich wieder beschweren, weil ihre Zeitung zu spät ausgeliefert wurde.“
    Mick starrte voller Bewunderung auf Izzies Rad. Es hatte einen Rennlenker und eine Zehngangschaltung. Als Izzie aufstieg und dabei mit der Zeitungstasche kämpfte, sah Mick, dass er gerade mal so groß genug für sein Fahrrad war. Für ihn selbst wäre es zu groß gewesen, dachte Mick.
    Er sprang auf sein eigenes Rad. Als sie gemeinsam losfuhren, sagte er: „Schade um dein Rad.“
    Izzie errötete ein wenig. „Wieso?“, fragte er. „Was stimmt denn nicht damit?“
    „Es ist ein gutes Rad“, sagte Mick. „Aber es macht die Arbeit unnötig schwer. So ein Rad wie das hier ist viel besser.“ Micks Rad hatte einen hochgezogenen Lenker und dicke Reifen mit grobem Profil.
    „Ich habe es nicht fürs Zeitungsausfahren bekommen“, murmelte der Junge.
    Sie bogen in die Acacia Avenue und Mick zeigte auf das erste Haus. Während sie die Zeitungen austeilten, erzählte er Izzie, welche Abonnenten ihre Zeitung auf der Türschwelle und welche sie durch den Briefkastenschlitz geschoben haben wollten, damit sie bei Regen nicht nass werden konnte, und welche Abonnenten nicht wollten, dass er über den Rasen stiefelte oder eine Abkürzung über die Hecke nahm.
    „War das früher deine Tour?“, fragte Izzie.
    „Ich hab schon alle Touren das eine oder andere Mal abgefahren“, antwortete Mick. Er mochte den neuen Jungen nicht besonders, das wurde ihm jetzt bewusst.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher