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Dampfnudelblues

Dampfnudelblues

Titel: Dampfnudelblues
Autoren: Rita Falk
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Schulrektor gebracht. Und das bei mäßiger Intelligenz. Respekt.
    Das hat sie so erzählt, die Schwester. Mehr weiß sie auch nicht, sagt sie. Weil sie nur so lang mit ihm zu tun hatte, wie es sich eben nicht vermeiden ließ. Weil sie ihn halt auch nicht mag, den Höpfl. Ob es überhaupt jemanden gibt, der ihn mag, weiß sie nicht. Früher jedenfalls nicht. Sie hat sogar den starken Verdacht, nicht einmal die Eltern, Gott hab sie selig, haben ihn mögen. Ja, das ist jetzt ein Punkt, der deutlich von mir und vom Leopold abweicht. Aber sonst alles sehr ähnlich.
    »Sie haben wohl nicht zufällig ein aktuelles Foto von ihm?«, frag ich, weil ich natürlich mit dem uralten Reisepassbild nicht mehr wirklich viel anfangen kann.
    »Gott bewahre«, lacht sie.
    »Möchten Sie eine Vermisstenanzeige aufgeben?«, frag ich am Schluss.
    »Nein, eigentlich nicht. Ich vermisse ihn ja nicht.«
    »Ja, aber es ist halt so, dass er jetzt schon drei Tage langabgängig ist. Alle Papiere und Koffer und so sind bei ihm daheim. Schaut nicht grad nach einer Reise aus.«
    »Trotzdem. Was geht mich das an?«
    »Ja«, sag ich. »Eigentlich ist das auch wurst, weil jetzt sowieso ermittelt wird. Es wär halt nur schöner, wenn Sie offiziell   …«
    »Nein, tut mir leid«, sagt sie und steht auf.
    Ich quäl mich aus dem Sitzsack.
    »Ich käm mir ja vor wie eine Heuchlerin.«
    Wer könnte das besser verstehen als ich.
    »Ich melde mich, sobald ich was weiß«, sag ich noch so auf dem Weg zur Tür.
    »Wenn es sich nicht vermeiden lässt«, sagt sie und schließt hinter mir zu.
     
    Wo ich jetzt schon einmal in Landshut bin und die Sonne so einwandfrei runterscheint, verlangt mein Gaumen nach Eis. Weil, das muss man den Landshutern lassen, sie haben die beste Eisdiele weit und breit. Ich fahr also gemütlich mit dem Streifenwagen über die Isarbrücke. Fenster runter, Ellbogen raus und eine große Vorfreude macht sich direkt in mir breit. Die wird aber gleich drastisch reduziert, wie ich mich der Eisdiele nähere. Ganz offensichtlich sind schon mehrere auf diese grandiose Idee gekommen, weil: Der Platz vor dem Eingang zugeparkt bis zum Gehtnichtmehr. Trotz absolutem Halteverbot. Und dahinter sitzen sie dann, auf dem breiten Gehweg, gemütlich an den Tischen. Die Parksünder. Lutschen ein Eis oder schlürfen einen Kaffee. So als wär’s das Normalste auf der Welt. Die meisten haben eine Sonnenbrille auf. Als könnte man sie dahinter nicht sehen. Quasi als Tarnung. Wie sie den Streifenwagen entdecken, werden manche schon nervös, rutschen auf den Stühlen nach vorne. Kommen aber noch nicht richtig indie Gänge. Warten wohl ab, was jetzt passiert. Ob er denn aussteigt und Strafzettel verteilt, der dämliche Bulle. So weit kommt’s noch. Blaulicht an und Sirene. Und im Nullkommanix hab ich den besten Parkplatz im ganzen Viertel. Praktisch Traumparkplatz. Ich setz mich dann nieder und bestell mir ein Eis. Mit Sahne. Sonnenbrille auf und fertig.
    Perfekt.
    Am Abend, wie ich zur Küche reinkomm, stapeln sich die Einkaufstüten bis unter die Decke. Das muss die Realisierung aller Oma-internen Träume sein. Weil ich dem nichts entgegenzusetzen habe, geh ich gleich mit dem Ludwig meine Runde und zieh mich dann zurück. Leg mich aufs Kanapee unter die Decke und versuch mich zu entspannen. Die Decke riecht nach Susi. Das ist nicht wirklich entspannend. Drüben laufen die Beatles. In gewohnter Lautstärke. Und ich hör den Leopold lachen. Was könnte jetzt noch kommen? Brechdurchfall oder eitrige Pusteln?
     
    Es ist der Brechdurchfall. Er kommt praktisch schon zwanzig Minuten später und bleibt die ganze Nacht. Gott weiß, woher ich den habe. Jedenfalls ist er da. Und so verbring ich die nächsten Stunden auf dem Klo mit einem Eimer auf dem Schoß.
     
    Natürlich ist es mir nicht möglich, nach so einer Nacht in die Arbeit zu fahren. Ich lieg wie verreckt auf dem Kanapee und hauche dort mein Leben aus. Um viertel nach acht kommt die Oma und stampft durch den Saustall.
    »Ja, was ist denn los, Franz? Warum fährst denn nicht ins Büro?«, schreit sie mir her. Dann steht sie vor mir und schaut mich kurz an.
    »Du schaust ja furchtbar aus, Franzl!«
    Wenn sie Franzl sagt, muss ich verheerend ausschauen.Das hat sie zuletzt gesagt, wie ich im Krankenhaus lag und an der Phimose operiert wurde. Da war ich vierzehn.
    »Du bist ja käsweis im ganzen Gesicht. Und schwitzen tust auch wie ein Schwein. Und am Hirn hast schon ein Riesenfurunkel«, sagt sie und langt
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