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Mein auf ewig

Mein auf ewig

Titel: Mein auf ewig
Autoren: Shannon K. Butcher
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    In ein Haus einzubrechen war längst nicht so einfach, wie es im Fernsehen immer aussah. Elise McBride klemmte die kleine Taschenlampe zwischen die Lippen, knickte die verbogene Ecke ihrer Kreditkarte zurück und versuchte erneut, sie zwischen Tür und Türstock zu schieben. Wieder ohne Erfolg. Nur dass die Karte jetzt eine Plastikschicht weniger hatte und der Magnetstreifen zerstört war.
    Klasse! Auf Reisen eine neue Kreditkarte organisieren zu müssen, war schließlich ein ganz besonderes Vergnügen.
    Elise ließ den Kopf gegen die Haustür sinken. Am liebsten wäre sie in Tränen ausgebrochen. Nachdem sie tagelang nichts von ihrer sonst so mitteilsamen Schwester gehört hatte, war sie überzeugt, dass Ashley in Schwierigkeiten steckte. Und zwar in ziemlich großen.
    Ihr Instinkt sagte ihr, dass irgendetwas nicht stimmte. Sicher, Ashley neigte dazu, gelegentlich einen heißen Typen aufzugabeln, mit dem sie dann zu seltsamen Abenteuern aufbrach, bei denen es immer irgendwie um Kunst ging. Aber so lange war sie noch nie verschwunden gewesen.
    Elise hatte im Lauf der letzten Tage bestimmt ein Dutzend Nachrichten auf dem Anrufbeantworter ihrer Schwester hinterlassen. Aber Ashley hatte sie nie zurückgerufen.
    Bei der Polizei hatte man ihr versprochen, sie würden jemanden bei Ashleys Haus vorbeischicken. Aber was war, wenn sie das vergaßen? Oder wenn sie Elise einfach angelogen hatten, um sie loszuwerden? Wenn ihre Schwester verletzt oder bewusstlos im Haus lag? Wenn sie das Gedächtnis verloren hatte und sich irgendwo in irgendeinem Krankenhaus aufhielt, unfähig, jemanden anzurufen, weil sie nicht mehr wusste, wer sie war? Wenn sie mit dem Wagen in einen Graben gerutscht war, darin feststeckte und noch niemand sie gefunden hatte?
    Hör auf! Reiß dich zusammen! Diese Litanei, was alles passiert sein konnte – Elise klang ja schon wie ihre Mutter! Nach deren Überzeugung starb man typischerweise in einem Graben, bekleidet mit schmutziger Unterwäsche, nachdem man von Jungs überfallen worden war, die immer nur das Eine wollten.
    Ashley ging es gut! Es musste ihr einfach gut gehen! Elise brauchte bloß herauszufinden, wo sie diesmal steckte, und die Antwort auf diese Frage ließ sich mit Sicherheit in dem winzigen Haus ihrer Schwester finden.
    Kurz überlegte Elise, ob sie ein Fenster einschlagen sollte, aber es war bereits drei Uhr nachts. Haven, Illinois, war eine ruhige Kleinstadt, und Elise fürchtete, die Nachbarn könnten die Polizei rufen, wenn sie Glas klirren hörten. Und sie konnte schließlich nicht riskieren, wegen Einbruchs verhaftet zu werden, wenn ihre Schwester in Schwierigkeiten steckte.
    Vielleicht hatte Ashley irgendwo einen Schlüssel versteckt; schließlich vergaß oder verlor sie dauernd irgendetwas. Nachdem sie jahrelang von ihrer Familie verhätschelt worden war, musste sie jetzt allein mit ihrer Nachlässigkeit und Gedankenlosigkeit zurechtkommen – wie zum Beispiel damit, dass sie dauernd ihren Schlüssel verlegte. Angeblich war ihr das ganz gut gelungen. Sie hatte Elise immer wieder versichert, dass sie keinen Aufpasser brauchte – egal, wie viele Sorgen ihre große Schwester sich machte.
    Und Elise machte sich jeden Tag aufs Neue Sorgen. Sie sorgte sich darum, dass Ashley sich so sehr in ihrer Malerei verlieren könnte, dass sie zu essen vergaß. Sie sorgte sich darum, dass Ashley beim Fahren einen Vogel entdecken könnte, den sie malen wollte, ihm hinterherschauen und gegen einen Baum rasen würde. Sie sorgte sich darum, dass Ashley irgendwann den falschen Mann mit nach Hause nehmen und ihm – statt ein vergnügliches Wochenende mit ihm zu verbringen – zum Opfer fallen würde.
    Ashley vertraute Männern viel zu sehr, ließ sich viel zu leicht von einem freundlichen Lächeln und einem selbstbewussten Augenzwinkern einwickeln. Eines Tages würde sie deswegen noch in Schwierigkeiten geraten.
    Wenn nicht genau das bereits passiert war.
    Um das herauszufinden, musste Elise unbedingt ins Haus kommen.
    Die Veranda war übersät mit Rasenschmuck und Blumentöpfen, aber das alles wirkte fehl am Platz, leblos. Ein Dutzend Windspiele hing von der Decke. Elise wäre es nur recht gewesen, wenn ein Lüftchen aufgekommen wäre und sie alle Geräusche überdeckt hätten, die sie selbst vermutlich verursachen würde. Direkt neben der Tür stand in einem schmiedeeisernen Gestell eine mundgeblasene Kugel. Der Boden war aus Mosaikfliesen gefertigt, die einen stilisierten Pfau darstellten –
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