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Dampfnudelblues

Dampfnudelblues

Titel: Dampfnudelblues
Autoren: Rita Falk
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meinem Revier. Die alte Schleimsau. Will mir ganz offenkundig und ohne den Anflug eines schlechten Gewissens die Oma ausspannen. Das ist eine Kriegserklärung. Das Essen ist versaut. Gut, der Hunger treibt’s rein. Aber der Genuss ist dahin.
    »Wieso kriegst du jetzt eigentlich einen Personalrabatt beim Real? Du bist doch gar kein Personal«, frag ich noch.
    »Ja, mei. Beziehungen halt. Beziehungen, Brüderlein«, triumphiert er mir her.
    Brüderlein! Mir würgt’s direkt den Knödel hoch.
     
    Nach dem Abwasch, bei dem ich der Oma helfe und der Leopold mit dem Papa auf der Couch hockt, fahren diezwei dem Rabattparadies entgegen. Ich steh im Hof und schau hinterher. Der Ludwig drückt mir seinen Kopf gegen den Schenkel. Mein treuer Kamerad.
     
    Ziemlich angepisst fahr ich ins Büro. Der Weg zur Susi stimmt mich jetzt auch nicht grad fröhlich, ist aber unumgänglich.
    »Servus, Susi«, sag ich sehr förmlich und schau sie gar nicht erst an. Geh direkt ans Fenster und sehe hinaus.
    Keine Antwort.
    »Du, Susi, ich brauch dringend eine Adresse.«
    Sie hackt in ihren Computer, als wär sie zur WM im Zehnfingerschreiben angetreten. Sie ignoriert mich komplett.
    Ich leg ihr ein Blatt Papier hin mit den Personalien vom Höpfl und sag: »Die Schwester von dem lebt vermutlich in Landshut. Ich brauch umgehend ihre Adresse. Das ist eine dienstliche Anordnung. Das kannst du gern auch schriftlich haben.«
    Das war ziemlich professionell, muss ich sagen. Das zeigt sie mir auch, weil sie aufhört, in ihren PC zu trommeln. Sie blickt auf den Zettel. Das ermutigt mich.
    »Du, Susi, und wegen den Dellen von gestern   …«
    Weiter komm ich gar nicht. Der Locher fliegt mir genau gegens Hirn. Mir wird leicht schwindelig. Ich geh dann mal lieber.
     
    Fünf Minuten später hab ich die Adresse am Schreibtisch. Ich sitz da grad so mit einem nassen Lappen am Hirn, wie die Kollegin reinkommt. Die Kollegin aus der Gemeindeverwaltung. Die Kollegin von der Susi also. Und eine Freundin von ihr. Auch eine, die mit will, auf die große Italiensafari.
    »Geht’s dir etwa nicht gut, lieber Franz?«, trällert sie hämisch.
    »Geht schon«, sag ich so.
    Dann legt sie mir ein DIN-A 4-Blatt auf den Tisch. Blitzsauberer Ausdruck der gewünschten Personalien. Wenigstens etwas.
    Trotz schwerster Gleichgewichtsstörungen mach ich mich auf den Weg. Bloß raus hier. Weg von Niederkaltenkirchen. Weg von der Susi. Weg von der Oma. Und weg vom Leopold. Da ist fast alles besser. Sogar Landshut.

Kapitel 5
    »Frau Höpfl?«, frag ich gleich, als mir die Tür aufgemacht wird. Eine zierliche Frau mittleren Alters steht in der geräumigen Diele einer wunderbaren Altbauwohnung.
    »Wer will das wissen?«, fragt sie zurück.
    Ich zeig ihr meinen Dienstausweis und sie ist beeindruckt. Glaub ich. Zumindest lässt sie mich rein.
    Wir gehen ein paar Schritte und landen in einem erstklassigen Wohnzimmer. Ein Balkon mit Blick auf die Isar. Nicht billig hier.
    »Sie haben da eine riesige Beule am Hirn«, sagt sie und deutet darauf. »Brauchen Sie vielleicht einen Umschlag oder so was?«
    »Nein, danke. Es geht schon«, sag ich und schüttel den Kopf, was einen leichten Schwindel hervorruft.
    »Ich bin eigentlich da wegen Ihrem Bruder.«
    »Mein Bruder ist ein Arschloch.«
    »Ganz meinerseits«, sag ich.
    Sie grinst.
    Dann setzen wir uns gemütlich auf die Sitzsäcke am Boden und plaudern über Brüder. Zu komisch, die Parallelen. Wirklich. Jedenfalls ist es dann so, dass ich einiges erfahr. Zum Beispiel erfahr ich, dass sie so gut wie überhaupt keinen Kontakt hat zum Höpfl. Und auch keinen will. Und das schon seit Jahren. Er ist sowieso ein Einzelgänger, sagtsie, und das war er auch schon als Kind. Keinerlei Freunde. Damals wie heute. Keine unbeschwerte Kindheit. Mehr so der Typ, wo ständig eins aufs Maul kriegt. Von den Mitschülern verspottet und des Öfteren aufgeknüpft. In den alten Apfelbaum auf dem Schulhof haben sie ihn häufig gehängt. An seinen Hosenträgern. Und da hat er dann gebaumelt und gewimmert, bis sich irgendein Lehrer erbarmte und ihn erlöst hat von seinem Elend.
    Wie gesagt, keine Freunde. Und was bleibt einem da übrig? Grad so als Kind? Er hat sich dann in Bücher verkrochen, der Höpfl. Und so wurde aus einem eher unterdurchschnittlichen Schüler im Laufe der Zeit und dank der Ablehnung seiner Mitschüler der Klassenbeste. Was ihm natürlich auch nicht nur Vorteile gebracht hat. Ganz klar. Aber immerhin hat er es auf diesem Weg bis hin zum
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