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Dampfnudelblues

Dampfnudelblues

Titel: Dampfnudelblues
Autoren: Rita Falk
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gäb’s uns denn dann wohl noch? Wenn man bedenkt, dass immer vier sterben und mindestens einer in den Knast muss. Und darum sollte man dann auch mit so unspektakulären Einsätzen wie bei einer Wandschmiererei zufrieden sein, gell.
     
    Wie ich mittags daheim zur Tür reinkomm: ein Albtraum allererster Klasse. Kein würziger Essensduft im Hausgang, kein zischendes Brutzeln in den Pfannen, kein Geschirrklappern.
    Gar nichts.
    Stattdessen ein scharfbeißender Gestank nach Desinfektionsmittel und zwei Menschen in Ganzkörperschutzanzügen. Die Oma und der Papa, beide in geblümten Schürzen über den Overalls, Kopftücher im Nacken gebunden und Gummihandschuhe bis hinter zum Ellbogen.
    »Um Gottes willen! Was ist denn passiert?«, frag ich jetzt, weil mir gleich ein Atomunfall im nahen KKI Ohu durchs Hirn schießt.
    »Der Leopold kommt doch am Wochenende«, hör ich den Papa durch eine Sagrotanwolke frohlocken.
    »Ja, und?«
    »Und er bringt die Mädchen mit!«
    Jetzt muss ich vielleicht kurz erklären, dass der Leopold erstens mein Bruder (worauf ich wirklich nicht stolz bin)und zweitens grad Vater geworden ist. Und wenn der Papa von den Mädchen redet, so ist das nicht ganz verkehrt. Weil nämlich die zukünftige Frau vom Leopold, übrigens dann seine dritte, die ist gerade erst volljährig geworden und schaut auch noch viel jünger aus. Wie er sie das erste Mal mitgebracht hat, hab ich ihn direkt gefragt, ob sie denn schon zur Schule geht. Sie ist übrigens Thailänderin und praktisch ein Souvenir aus seinem letzten Urlaub.
    Das zweite Mädchen ist die gemeinsame Tochter der beiden, gerade mal zehn Wochen alt und ständig in Unmengen Tücher gewickelt. Sie heißt Uschi, nach ihrer Großmutter. Weil das aber der Name von meiner verstorbenen Mama ist, nenn ich sie lieber Sushi. Sushi passt ganz einwandfrei, weil es sich hierbei auch um ein kleines, asiatisches Röllchen handelt. Also, noch mal: Der Papa sagt, dass der Leopold die Mädchen mitbringt.
    »Und deshalb macht ihr jetzt hier alles keimfrei, oder was?«
    »Ja, freilich! Ja, was meinst denn du, wie empfindlich so ein kleines Kind überhaupt ist. Besonders so ein Mischling. Da weiß doch das Immunsystem noch gar nicht, auf was es jetzt reagieren soll. Auf asiatische oder europäische Keime. Brandgefährlich, sag ich dir.«
    Ich geh zum Ofen und schau in die Töpfe. Leer.
    »Ja, Franz, heut gibt’s nix zum Essen«, sagt die Oma, zieht mit den Zähnen einen der Gummihandschuhe aus und kramt dann in ihrer Schurztasche. Fingert einen Fünfer hervor und drückt ihn mir in die Hand.
    »Da, schau her. Gehst rüber zum Simmerl und kaufst dir ein paar schöne Leberkässemmeln. Weißt, wir müssen da jetzt weitermachen. Weil, was glaubst denn du, wie empfindlich so ein Kleinkind ist. Besonders, wenn es ein Mischling ist!«
    Vielleicht sollten wir die Sache mit dem Hörgerät für die Oma doch noch mal in Angriff nehmen.
    »Aha«, sag ich und hol erst mal den Ludwig, der wie verreckt im Hof rumliegt, ganz benebelt vor lauter Sagrotan. Wie er mich sieht, wedelt er mit dem Schwanz und wir machen uns auf den Weg.
     
    »Ein paar Warme gibst mir«, sag ich gleich, wie ich zur Metzgerei reinkomm und mein damit die Leberkässemmeln. Der Simmerl weiß genau, was ich will.
    »Drei oder vier?«, fragt er und öffnet die heiße Vitrine.
    »Zwei«, sag ich und greif körpermittig nach dem Winterspeck, der sich dort in den letzten Wochen angesammelt hat. Die Leberkäswolke findet auf Anhieb den Weg direkt in meine Nasenlöcher. Mir trieft der Zahn.
    »Vier«, sag ich. »Mach vier, Simmerl!«
    Der Metzger schneidet vier dicke Scheiben ab und legt sie jeweils zwischen die halbierten Semmeln.
    Senf drauf – Händlmaier – fertig.
    »Du sag einmal, Simmerl, den Höpfl, den kennst du doch auch? Dein Max geht doch zu dem in die Schule, oder?«, frag ich genau zwischen der ersten und zweiten Semmel.
    »Den Höpfl-Arsch? Ja, den kenn ich schon. Ziemlich gut sogar, würd ich meinen. Wir haben so eine Art Standleitung direkt in sein Büro«, sagt der Simmerl.
    Interessant.
    »Eine Standleitung? Wie meinst du jetzt das?«
    »Ja, weil wir halt ständig in Kontakt sind, der Höpfl und ich.«
    »So speziell seid’s ihr mitnander?«
    »Speziell könnte man es auch nennen«, sagt der Simmerl und dann schweigt er. Dass man dem jetzt ein jedes Wort aus der Nase ziehen muss!
    »Herrschaft, dass man dir jetzt ein jedes Wort aus der Nase ziehen muss«, sag ich. Ich könnt niederknien vor dem
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