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Dampfnudelblues

Dampfnudelblues

Titel: Dampfnudelblues
Autoren: Rita Falk
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nötigt, auf genau dieses Thermometer auch den einen oder anderen Blick zu werfen. Ebenfalls aus wärmetechnischen Gründen. Das wiederum kann der Besitzer des Gradmessers glasklar durch sein Klofenster sehen. Und das stört ihn. Weil er halt von seinem hartverdienten Geld das Teil gekauft hat und es beim besten Willen nicht einsieht, dass nun ein anderer ebenfalls in den Genuss davon kommt. Soll er sich doch gefälligst sein eigenes Thermometer kaufen!
    So geht das angeblich nun schon seit Wochen. Und heute   … heute hat dann der Schiesser-Feinripp wieder völlig unverfroren draufgestarrt. Ziemlich lange sogar. Provokant halt, sagt der Erdgeschossler. Und dann hat’s ihm gereicht, sagt er. Und wenn der Arsch jetzt auch nur noch ein einziges Mal die fremden Grade abliest, wird er ihn abstechen. Das waren seine Worte.
    Daraufhin hat sein Widersacher zum Telefonhörer gegriffen und mir meinen heiligen Sonntag versemmelt. Und jetzt stehen wir hier. Vor dem Eingang des Zweifamilienhauses. Wir drei. Das heißt, die Frau vom Erdgeschossler ist auch noch dabei und möchte ihren Senf dazugeben. IhrGatte aber lässt sie nicht. Verdammt sie zum Schweigen. Hat sie offenbar gut im Griff.
    »Was genau wollen Sie jetzt von mir«, muss ich dann fragen.
    »Ja, dass der halt nicht mehr auf mein Thermometer schaut.«
    Klare Aussage.
    »Würden Sie bitte nicht mehr auf sein Thermometer schauen«, sag ich zu dem Fremdgaffer.
    »Nein«, sagt der.
    Aha.
    »Ich habe ihm angeboten, die Hälfte von dem Teil zu bezahlen, aber das hat er nicht haben wollen.«
    »Fünfzig Cent! Das wär ja noch schöner! Das Ding hat einen lächerlichen Euro gekostet. Dabei geht’s doch gar nicht um den materiellen Wert. Vielmehr um den ideellen. Aber das kapiert der Schwachkopf ja nicht!«, schreit mir der andere jetzt her.
    »Ich finde das schon fair. Wenn jeder die Hälfte bezahlt, kann doch auch jeder draufschauen«, sag ich und hoffe inständig auf Einsicht.
    Nix. Kein Verständnis. Kein Einsehen. Kein Garnix. Zwei bockige Rechthaber mit verschränkten Armen.
    Und das am Sonntag!
    Ich ziehe die Waffe und erlöse das Thermometer von seinen Pflichten. Aus dem Einschussloch rieselt der Staub. Keiner wagt es jetzt noch, etwas zu sagen. Ich setz mich in den Streifenwagen und fahr meinem wohlverdienten Feierabend entgegen. Eigentlich dürfte ich so was ja gar nicht herumposaunen. Das mit dem Schießen, mein ich. Sonst ist gleich wieder der Teufel los. Meine Vorgesetzten sind nämlich sowieso der Meinung, dass ich meinen Finger zu schnell am Abzug hab. Das hat mir auch die Versetzung indie Heimat eingebracht. Weil sie geglaubt haben, ich würde in der wunderbaren Landeshauptstadt versehentlich irgendjemand niedermähen. Womöglich noch den Falschen. Nein, das geht natürlich nicht. Dann doch lieber in Niederkaltenkirchen, gell. Ja. Nein, was ich eigentlich sagen wollte, manche Dinge kann man nur bewaffnet lösen. So wie heute. Was wär die Alternative gewesen? Eine Selbsthilfegruppe für Thermometerspanner?

Kapitel 3
    Hinterher geh ich zum Wolfi und bestell mir ein Bier. Drüben am Ecktisch sitzen eine Handvoll Frauen über einem Stapel Reisekataloge. Mittendrin die Susi von der Gemeindeverwaltung und die Simmerl Gisela. Ich frag mich, wer von ihnen denn einen Urlaub plant, und tipp auf die Gisela. Plötzlich steht die Susi neben mir und sagt: »Du Schatz, ich fahr nach Italien. Was sagst du dazu?«,
    »Nach Italien?«, sag ich. »Mit wem genau?«
    »Ja, mit ein paar Mädels halt. Also?«
    Jetzt bin ich zugegebenermaßen ziemlich platt. Weil, die Susi und ich, wir haben da manchmal was am laufen. Nix Ernstes. So mehr aus Gewohnheit. Und natürlich kann ein jeder von uns in den Urlaub fahren, wann immer er will. Und freilich auch mit wem er will. Aber das tun wir nicht. Ich eher, weil ich sowieso nirgends hin will. Weil’s halt daheim am schönsten ist. Und die Susi mehr, weil ich nicht mitfahr. Und allein hat sie dann auch keine Lust.
    Normalerweise.
    Aber anscheinend hat sie jetzt ihre Einstellung geändert und kurzerhand einen passablen Ersatz für mich gefunden. Besser gesagt, sie hat mich noch nicht einmal gefragt, ob ich mit will. Das letzte Mal, wo sie gefragt hat, ist schon lang her. Genau genommen über ein Jahr. Ich hab damals natürlich nein gesagt, was auch sonst. Weil ich halt sowiesonirgends hin will. Generell nicht. Und dann bin ich ein paar Wochen später mit dem Birkenberger Rudi nach Mallorca geflogen. Aber das war mehr dienstlich. Und das
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