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Dampfnudelblues

Dampfnudelblues

Titel: Dampfnudelblues
Autoren: Rita Falk
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Simmerl seinem Leberkäs.
    »Er ist halt ein unglaubliches Arschloch, der Höpfl. Beschwert sich praktisch über alles, wirklich alles, was der Max tut. Oder nicht tut.«
    »So ein Hund ist dein Max also? Ja, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.«
    Der Simmerl war seinerzeit auch ausgesprochen beliebt bei den Lehrern. Wir müssen grinsen.
    »Ja, wegen was beschwert er sich denn so alles, der Höpfl?«, frag ich ziemlich exakt zwischen der zweiten und dritten Warmen.
    »Ja, wegen nix halt. Wegen lauter Schmarrn. Hausaufgabe vergessen zum Beispiel. Mitschülerin an den Haaren gezogen. An den Haaren gezogen, verstehst!«
    Der Simmerl schüttelt dramatisch den Kopf und hat so ein hämisches Lachen drauf. »So was halt, was kein Schwein interessiert. Bei uns damals hätt’s einen gescheiten Anschiss gegeben oder eine auf den Hinterkopf und aus. Aber heutzutage haben diese mordswichtigen Pädagogen ein Mitteilungsbedürfnis, das ist einfach unglaublich.«
    »Unglaublich«, sag ich und wackel kooperativ auch mit dem Kopf.
    »Am Anfang hat er ja noch bei mir eingekauft, der Höpfl-Arsch. Ein Pfund Tartar meistens. Wie sich dann diese Ärgernisse angehäuft haben, hab ich ihm immer in das Fleisch reingespuckt. Das hat der gar nicht gemerkt, weil ich’s hinten im Schlachthaus frisch durchgelassen hab. Jetzt kauft er beim Niederer in Landshut. Mit dem hab ich seinerzeit die Meisterprüfung gemacht. Und der spuckt ihm jetzt auch ins Tartar. Stellvertretend sozusagen. Ja, wir Metzgermeister müssen schon zusammenhalten.«
    Er wischt mit einem Tuch über den Tresen und schaut mich an. »Wegen was fragst jetzt du ausgerechnet nach dem Höpfl?«
    »STIRB, DU SAU!, steht auf dem Höpfl seiner Hauswand. Direkt auf dem wunderbaren Rauputz.«
    Der Simmerl grinst. Zufrieden. Sehr zufrieden sogar.
    »Da hat sich aber mal einer was getraut. Respekt!«, sagt er noch.

Kapitel 2
    Ein paar Tage später rollt wie angekündigt die Kleinfamilie vom Leopold an. Die Oma hat gekocht, grad so, als käm eine ganze Kompanie direkt aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Der Papa ist ganz aufgeregt und hängt ständig am Fenster, damit er die Ankunft der Hochherrschaft auch ja nicht verpasst. Dann schreiten sie einher in unsere alte Wohnküche, in Glanz und Gloria. Der Leopold schiebt vornweg sein winziges Weib durch die Tür, er selbst mit dem Balg auf dem Arm dahinter.
    Brust raus – stolzstrotzend.
    Wenn man bedenkt, dass er im Grunde nur ein popeliger Buchhändler ist, dem ständig seine Weiber abhauen, wirkt das natürlich lächerlich. Aber wenn es darum geht, den Papa zu beeindrucken, ist ihm jedes Mittel recht. Eine panzerbreite Schleimspur geht vom Leopold aus direkt auf den Papa zu. Schon immer. Und jetzt erst recht, mit dem Kind   – Treffer Ziel Mitte, würd ich mal sagen.
    Logischerweise müssen wir dann alle das junge Familienglück umkreisen und bestaunen. Das erwartet der Leopold. Das erwartet auch der Papa, immerhin ist er mindestens genauso stolz. Um die junge Mutter nicht ganz auszuschließen, die ja kein Wort Deutsch beherrscht, findet das alles auf Englisch statt. Na gut, alles ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben.
    »Very nice«, sagt der Papa.
    »It is a very nice baby«, sag ich.
    Die Mutter freut sich darüber und darüber freut sich wiederum der Leopold. Die Oma sagt, das Essen ist fertig und der junge Vater gibt sein Bündel großzügig an die Mutter weiter. Er ist als Erster am Esstisch und beginnt gleich seinen gierigen Schlund zu stopfen.
    »Schmeckt gut, gell? Tastes good, Panida?«, sagt er.
    Da schau her, der Leopold praktisch bilingual. Panida heißt übrigens seine zukünftige Ehefrau. Sie nickt.
    »Bist du jetzt eigentlich von der Roxana schon geschieden?«, frag ich so. Roxana heißt seine noch amtierende Ehefrau.
    »Nein«, sagt er und häuft sich noch ein paar Scheibchen Rindfleisch auf den Teller.
    »Und wann wollt ihr zwei Hübschen dann heiraten?«, will ich jetzt wissen.
    »Sobald ich geschieden bin.«
    Das leuchtet ein.
    Das Kind fängt an zu plärren. Es hat Hunger. Die Panida legt die Gabel beiseite und knöpft ihre Bluse auf. Entblättert die jugendliche Brust und legt das Kind an. Das fängt an zu schmatzen und dem Papa haut’s die Augen raus. Mir eigentlich auch, bloß weil ich seh, wie dämlich das beim Papa ausschaut, reiß ich mich zusammen. Reiß mich zusammen und konzentrier mich außerordentlich auf meinen Teller.
    »Das Kohlrabigemüse ist wunderbar«, sag ich. Der Papa
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