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Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Titel: Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)
Autoren: Robert Thier
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waren die Priester nie gekommen. Es war ihnen nicht gelungen den Windfelsern begreiflich zu machen, wozu es gut sein sollte einen Haufen Steine von einem Ort zum andern zu schleifen, um ein riesiges Haus für jemanden zu bauen, den sie nicht kannten und von dem sie nicht mal wussten, ob er ein netter Nachbar sein würde. Bei dem Windfelser Glockenstuhl handelte es sich um einen Stuhl, einen ganz gewöhnlichen Stuhl aus Holz – mit Eisenklammern am Boden befestigt, damit er nicht wegflog – auf dem zwei bronzene Handglocken von unterschiedlicher Größe lagen. Die Aufschrift der einen verkündete ‚Geologen’, die der anderen ‚Priester’. Mjir zögerte. Ein diffiziles Dilemma tat sich vor ihm auf. Missionare hatten immer irgendein religiöses Symbol auf ihrem Segel, Geologen trugen auf ihrem Segel für gewöhnlich das Wappen der Königlich-Geographischen Einsamkeit. (Niemand wusste, warum es nicht Gesellschaft hieß oder hatte sich je getraut danach zu fragen.)
    Aber keiner von ihnen war jemals auf einem Schiff nach Windfels gekommen, dessen Segel so bunt war wie … so bunt wie … er dachte verzweifelt nach und gab die Suche nach einem passenden Vergleich schließlich auf. Auf Windfels gab es nichts Buntes.
    Instinktiv griff er mit jeder Hand nach einer Glocke und läutete wie wild. Innerhalb von fünf Minuten waren alle Windfelser zugegen. Die Ankunft eines Geologen oder Priesters war schon ein großes Ereignis, aber dies …
    Dies war eine Sensation !
    Das Schiff näherte sich der Küste.
    In solchen Momenten, in denen eine Gemeinschaft einem Moment entgegenfiebert, dehnt sich oft die Zeit und fließt zäh wie Honig; alles scheint in Zeitlupe zu geschehen. Das war diesmal nicht der Fall. Das Schiff näherte sich schnell. Erstaunlich schnell sogar. Immer schneller, sogar, sogar, sogar.
    Kapitäne, die sich mit ihren Schiffen der Insel näherten, trafen auf besondere Verhältnisse und begriffen bald, dass das ‚Wind’ im Namen des bezaubernden Eilands nicht von ungefähr kam. Spätestens wenn sie auf die Küste trafen, ereilte sie die Erkenntnis, dass auch das ‚Fels’ seinen Grund hatte, auf ziemlich abrupte und mitunter fatale Weise.
    Holz splitterte.
    Aufgespießte und umherfliegende Leute schrien.
    Interessiert beobachteten die Eingeborenen das Schauspiel, klatschten Beifall und deuteten auf die Stellen, die ihnen am besten gefielen. Kleine Kinder wurden von ihren Eltern auf die Schultern gehoben, damit sie besser sehen konnten. Als sich der Tumult gelegt hatte und kleinere Holzsplitter, die die Sicht versperrt hatten, fortgeweht worden waren, kamen alle näher, um das Wrack zu begutachten.
    »Höchst beeindruckend.« Willurd Wanknieknie nickte zufrieden. »Doch jetzt rührt sich nichts mehr. Die Vorstellung scheint erst einmal vorbei zu sein. Du, Junge! Du hast geläutet, nicht wahr? Wie ist dein Name?«
    »Mjir, Ältester.«
    Der Alte rieb sein stoppeliges Kinn, was ein Geräusch verursachte, als riebe man zwei Feilen aneinander. Mjir zuckte zusammen und widerstand dem immer stärker werdenden Drang sich die Ohren zuzuhalten.
    »Mjir, Mjir … ach ja, Brausesturms missratener Sprössling! Warum hast du beide Glocken zugleich geläutet, Mjir, hmmm? Das ist gegen die Tradition! Man darf nicht leichtfertig mit der Tradition herumspielen, Junge. Wenn wir erlauben würden, dass jeder junge Spund macht, was er sich in den Kopf setzt, dann würde hier bald das totale Chaos herrschen!«
    Mjir hätte antworten können ‚Auf der Beerdigung, als Ihr einen zum Himmel stinkenden Korb verdorbenes Smjürgsfdlrag unter der Nase hattet, habt Ihr Euch einen Dreck um die Tradition geschert!’
    Er hätte antworten können ‚Das Chaos? Ja, das wäre schrecklich. Es wäre sehr viel schlimmer als die völlige Ordnung, die herrscht, wenn das halbe Dorf stockbesoffen in der Taverne tanzt und die Theke vollkotzt.’
    Aber leider Gottes sind wir, der bedauernswerte Leser und der noch sehr viel mehr zu bedauernde Autor (das können Sie mir ruhig glauben, ich muss es ja wissen) mit einem schüchternen, höflichen und logisch denkenden Helden gestraft.
    Also sagte er: »Ja, Ältester. Ich wusste nicht, welche Glocke ich läuten sollte, Ältester. Seht Euch sein Segel an.«
    Wanknieknie kniete sich hin, schob einen stöhnenden Matrosen beiseite und schnappte sich einen Fetzen des zerrissenen Segels, bevor er davonflattern konnte.
    »Seltsam, in der Tat«, brummte er. »Dies verspricht interessant zu werden. Sammelt die
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