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Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Titel: Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)
Autoren: Robert Thier
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Geschichte braucht einen Helden. Noch mehr allerdings braucht ein Held eine Geschichte, denn wozu soll man schon Heldentaten vollbringen, wenn man nicht berühmt dadurch wird?
    Dieser spezielle Held allerdings, Mjir mit Namen, dachte im Moment nicht ans Berühmtwerden, was für einen Vierzehnjährigen schon recht erstaunlich ist. Und was für einen Vierzehnjährigen noch erstaunlicher war: Er sinnierte über die Möglichkeit, dem Beispiel des kürzlich verschiedenen Geologen zu folgen. Sinnend saß er an der Küste, starrte auf den Schotter zu seinen Füßen und dachte darüber nach, wie viel davon er wohl würde essen müssen, bevor er daran starb. Außerdem dachte er an das Leben, dass ihn hier erwartete, wenn er sich gegen diesen Kurs entschied.
    Felsen. Wind. Robbenjagd und Fischfang.
    Das war’s im Großen und Ganzen. Keine sehr berauschenden Aussichten.
    Er hatte sich schon überlegt fortzugehen. Einfach eines der Boote zu nehmen, die am Schotterstrand lagen und damit die große, weite Diur-Bucht zu durchfahren, um zu sehen, was dahinter lag – ferne, exotische Lande voller Abenteuer und wunderbarer Möglichkeiten. Bisher hatte er nie mehr gesehen als manchmal, an klaren Tagen, die weit, weit entfernten Küstenfelsen der Nachbarinsel.
    Doch was konnte es dort draußen schon geben? Nach seinen bisherigen Erfahrungen zu urteilen waren alle Leute, die nicht auf Windfels lebten, entweder Missionare oder Geologen. Keiner dieser beiden Berufstände faszinierte ihn besonders.
    Er seufzte und stand auf.
    Es lag an diesen verdammten Fremden. Eigentlich hatte er sich mit seinem Schicksal abgefunden, hatte begriffen, dass der Rest seines Lebens aus steiniger Langeweile bestehen würde. Aber jedes Mal, wenn einer von ihnen auftauchte, bekam er das unbestimmte Gefühl, dass es da draußen noch mehr geben müsse, dass dort noch etwas sein müsse, etwas … Schönes. Erlebenswertes. Interessantes.
    Aber was sollte das sein?
    Hinter ihm flog die Tür der Taverne auf, und ein Mann wurde im hohen Bogen durch die Luft, direkt in den Misthaufen des Pferdestalls nebenan, befördert. Mjir drehte sich nicht einmal um.
    »Was ist das Leben doch beschissen«, sagte er laut.
    Wäre er bei Bewusstsein gewesen, hätte der Unglückliche, der kopfüber im Misthaufen steckte, ihm sicherlich zugestimmt.
    Ist Euch aufgefallen, verehrte Leser (die -innen nicht zu vergessen), dass in diesem Buch bisher keine Frauen vorkamen? Und doch muss unser Held eine Mutter gehabt haben. Sowohl Mutter und Vater sind für die Existenz von Helden wie von Menschen aller Art unbedingt notwendig, von einigen sehr besonderen und unwahrscheinlichen Gestalten abgesehen, deren Geschichten, weiß der Himmel warum, bei den Leuten aber trotzdem gut ankommen.
    Die Abwesenheit des weiblichen Geschlechts in der bisherigen Erzählung auf Windfels ist keinesfalls auf eine sexistische Einstellung des Autors zurückzuführen. Nein, ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Autor nicht sexistisch ist. (Beweis siehe vorherige Klammer) Dafür waren es aber die Windfelser umso mehr. Das erkennt man schon an der Tatsache, dass sie ihre Frauen nicht wie alle normalen Menschen ‚Frauen’ nannten, nein sie bezeichneten sie als ‚Weiber’ oder ‚Fruwen’, wirklich sehr verdächtige Ausdrücke, deren Verwendung aber nicht erstaunen sollte. Sexismus ist, besonders in archaischen Gesellschaften, ein weit verbreitetes Phänomen. Interessant war lediglich, dass sich bei den Windfelsern dieses Phänomen nicht auf die Männer beschränkte. Der allgemeine Ausdruck, den die Frauen für ihre Mitmenschen männlichen Geschlechts benutzten, war ‚Kotzbrocken’. Manchmal, wenn sie sich in einer liebevollen Stimmung befanden, nannten sie sie auch ‚fette Walrösser’.
    Die Männer waren allgemein der Ansicht, dass Frauen nichts außerhalb des Hauses zu suchen hatten, was soweit in Ordnung war auf einer Insel, auf der es außerhalb des Hauses nichts gab außer Steinen. Die Frauen waren der Ansicht, dass die Männer nichts im Haus zu suchen hatten, schon gar nicht mit dreckigen Stiefeln an den stinkenden Quadratlatschen, was ebenfalls kein Problem darstellte: Die Männer besoffen sich fast jeden Abend und schliefen ihren Rausch in der Taverne aus.
    Das Prinzip der Scheidung war in Felswind unbekannt. Als einer der Priester sie einmal als Todsünde bezeichnet hatte, hatten die Windfelser, immer interessiert an agrarischen Verbesserungen, ihn gefragt, was für eine besondere Art
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