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Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)

Titel: Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)
Autoren: Robert Thier
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Mann großzügig hinzu, »wir wollen nicht, dass du auf dem großen Felsen im Himmel verhungerst, und deswegen wollen wir dir ein bisschen Proviant mitgeben, den du essen kannst, wenn du es geschafft hast die Steine auszukotzen.«
    Tosender Applaus und Hurrarufe ertönten. Wenn die einzige sonstige Freizeitbeschäftigung darin besteht, Felsen beim Erodieren zuzusehen, wird eine Beerdigung schnell zum Großereignis. Das Publikum jubelte und stampfte mit den Füßen auf, Helme wurden in die Luft geworfen und einige Leute sanken bewusstlos zu Boden, weil sie anderer Leute Helme auf den Schädel bekommen hatten.
    »Man bringere die Verpflegigung!« verkündete der Älteste über den Tumult hinweg, in Einklang mit der überlieferten Tradition.
    Und niemand behauptet, dass Traditionen viel Wert auf Rechtschreibung legen.
    Zwei Männer mit Klammern auf den Nasen – was nicht unbedingt Teil der Überlieferung, aber dafür sehr olphaktorisch schonend war – trugen die Ausrüstungskiste des Forschers herbei. Man hatte sie nach seinem Tod leergeräumt und alles verwendet, was verwendet werden konnte. Zum Beispiel gab es da ein dickes Objekt, das viele mit seltsamen Zeichen bedeckte und an einem Ende zusammengeklebte Blätter enthielt, die sich hervorragend zum Entzünden eines Feuers eigneten. Der Jarl hatte einige Männer damit beauftragt, ein paar von den wundersamen Zeichen auf einen Felsen zu übertragen, doch aus irgendeinem Grund weigerte er sich beharrlich, genauso gut zu brennen.
    Was das unrechtmäßige Aneignen des Eigentums verschiedener Geologen anging, so hatten die Windfelser eine recht robuste Einstellung. Sie gaben dem Lümmel ja Proviant, da konnte man schließlich auch etwas als Gegenleistung erwarten, oder?
    Nun, der betreffende Forscher hätte vielleicht widersprochen, wenn er den ‚Proviant’ zu seinen Lebzeiten gesehen hätte. Oder er hätte sich übergeben.
    »Hier«, schmetterte Wanknieknie stolz, »präsentieren wir dir unser Geschenk. Einen ganzen Korb voller Smjürgsfdlrag!«
    Der Korb wurde geöffnet.
    Die Erzählkünste meiner Wenigkeit reichen nicht sehr weit, und es ist schwer den Effekt zu beschreiben, den Windfelser Smjürgsfdlrag auf jemanden hat, der es zum ersten Mal sieht –und vor allem riecht. Nur so viel sei gesagt – die Bezeichnung Smjürgsfdlrag bedeutet übersetzt in etwa ‚lass es lang genug stehen und alles schmeckt gut’, und bezeichnet verfaultes Robbenfleisch – unzureichende Worte, aber Buchstaben liest man nun einmal nur mit den Augen, nicht mit der Nase.
    Eine in der Tat sehr spezielle Spezialität. Die Windfelser Küche ist in allen Länder der weiten Welt bekannt, sie ist neben großen Steinen und Feuerkugeln fester Bestandteil der Katapultgeschossarsenale.
    »Es ist …«, krächzte der Dorfälteste und versuchte nicht zu atmen, »sogar … das Beste, das ich … je gerochen … oh du meine Güte, seht euch die Fliegen ahabe.«
    Er hustete.
    »Wirklich das … Beste … nur leider hat der Totengräber … etwas länger gebraucht als normal … du weißt ja wie das ist … harter Fels, und deshalb … stand es etwa drei Monate zu lang- du meine Güte, sie legen ja schon Eie- zu lang herum.«
    Er hustete erneut und wedelte mit der Hand.
    »Deckt den Korb … bitte wieder zu.«
    »Aber das wäre gegen die Tradition«, erwiderte einer der beiden Glücklichen mit den Klammern auf der Nase.
    »Zum … Dämon mit der … Tradition!«
    Das Publikum nickte zufrieden. Eine Beerdigung war keine gute Beerdigung ohne mindestens einen ordentlichen Fluch vom Redner, der fast immer der Jarl war. Religionen und ihre Vertreter auf Erden hatten sich auf Windfels nie durchsetzen können, da die Kutten- und Robenträger immer zu spät begriffen, welche Nachteile ein weites, lockeres Gewand mit großer Oberfläche bei Windgeschwindigkeiten von über zweihundert Meilen die Stunde hatte. Hin und wieder, wenn es sich eine religiöse Gemeinschaft in den Kopf gesetzt hatte, das Wort Gottes bzw. der Götter, der Göttin oder sonstiger sakraler Entitäten nicht nur über die Erde, sondern auch übers Meer zu verbreiten, erschien ein Priester auf Windfels. Spätestens beim nächsten großen Sturm konnte er seine Aufgabe ganz wörtlich genommen erfüllen. Doch seltsamerweise hörten die Windfelser immer wenn ein heiliger Mann über ihre Köpfe hinwegsegelte nie Gebete, sondern immer nur ausgesprochen fantasievolle Flüche. Daraus hatten sie geschlossen, dass so etwas für eine Beerdigung, die ja
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