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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Autoren: Charlotte Thomas
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Teil 1: Landgut in Veneto, März 1594
    Mucksmäuschenstill lag ich der Länge nach ausgestreckt auf dem Deckenbalken und starrte hinunter zu dem Paar auf dem Küchentisch.
    Von oben betrachtet kam mir der Akt nicht so aufregend vor, wie ich es gehofft hatte. Vor allem von Paulina konnte ich kaum etwas erkennen, und das Wenige, das sich mir bot, mutete eher komisch als aufregend an. Das mochte daran liegen, dass Paulina hinter Onkel Vittores Rücken ihre Fingernägel begutachtete und dabei einen recht gelangweilten Eindruck machte. Es schien fast so, als wäre sie in diesem Moment lieber woanders.
    Ich wiederum gab mich die ganze Zeit der stillen Hoffnung hin, Onkel Vittore würde vielleicht seine Position ändern, damit ich mehr von Paulinas Körper erkennen konnte. Wie Onkel Vittore aussah, ob von vorn oder von hinten, wusste ich nur zu gut, da ich ihm gelegentlich beim Baden helfen musste, weil seine Gicht in den letzten paar Jahren solche Verrichtungen wie das Besteigen eines Zubers zu einer gefährlichen Angelegenheit machte.
    Bei seinen Bemühungen mit Paulina kam er allein zurecht, auch wenn es den Anschein hatte, dass es ihn mehr Kraft kostete, als ihm zu Gebote stand. Sein Ächzen klang wesentlich lauter als beim letzen Mal.
    Dass er mit seinem Glied in jenen unaussprechlichen Teil ihres Körpers eingedrungen war, wusste ich, schließlich hatte ichschon beobachtet, wie sich die Tiere paarten. Der Vorgang als solcher war für mich kein Geheimnis, und doch ging es bei Menschen ganz anders vonstatten. Allein die Tatsache, dass mein Onkel auf Paulina lag, fand ich höchst bemerkenswert, vor allem im Hinblick darauf, dass er dabei ihre Brüste direkt vor Augen hatte. Was für eine geniale Einrichtung der Natur, dass Menschen sich von Angesicht zu Angesicht vereinigen konnten!
    Paulina streckte die Hand aus und ergriff einen Brotkanten. Zerstreut biss sie hinein und kaute, während ihr Blick müßig über die Decke streifte. Ich hielt die Luft an, doch dann wurde Paulina vom Gackern eines Huhns abgelenkt, das von draußen den Weg in die Küche gefunden hatte und in der Nähe des Kochkamins herumpickte.
    Onkel Vittore steigerte unterdessen seine Anstrengungen und bewegte sich schneller. Nach allem, was ich inzwischen wusste, würde es nun nicht mehr lange dauern.
    Eines war jedoch sonderbar: Die Laute, die sich Onkel Vittore entrangen, waren mit einem Mal von seltsam fiependen Tönen unterlegt, es klang, als würde eine Gans erwürgt.
    Paulina hatte anscheinend den Geschmack am Brot verloren. Sie legte es zurück und pulte mit den Fingern zwischen ihren Zähnen herum.
    »Ich liebe deine Leidenschaft.« Ihre Stimme klang eigentümlich monoton, und ich fragte mich, ob sie die Wahrheit sprach. Zweifeln ließ mich, dass sie dabei die Nase rümpfte – Onkel Vittore pflegte schon zum Frühstück reichlich Zwiebeln zu sich zu nehmen.
    Ich fühlte mich zu einem stummen Zitat inspiriert. Nam quotiens futuit, totiens ulciscitur ambos: illam affligit odore, ipse perit podagra … 1
    Mir stockte der Atem, denn in diesem Moment bewegte sich Onkel Vittore ein wenig zur Seite, sodass Paulinas nackte Brüste sichtbar wurden. Vorhin, als sie ihr Gewand geöffnet hatte, hatte ich sie nur kurz sehen können, weil die kahle Kugel, die der Schädel meines Onkels von hier oben aus betrachtet war, sofort die weiblichen Wölbungen verdeckt hatte. Jedenfalls eine davon, für alle beide war er zu klein, denn sie waren, zumindest nach meinem Dafürhalten, gewaltig. Die andere lag unter seiner Schulter verborgen, doch nun, da er sich zur Seite schob, wurde ihr ganzer Oberkörper sichtbar.
    Da waren sie! Ehrfürchtig bestaunte ich dieses unfassbare anatomische Wunder und wünschte mir, an Onkel Vittores Stelle zu sein. Wenigstens für einen kleinen Moment, um einmal diese ungeheuren Auswüchse weiblicher Besonderheit aus der Nähe betrachten zu können.
    »Bist du schon fertig?«, fragte Paulina.
    Mein Onkel antwortete nicht. Er hatte aufgehört, sich zu bewegen. Paulina tätschelte ihm den kahlen Schädel. »Vittore? Das ging aber schnell.«
    Das fand ich auch. Das letzte Mal, vor zwei Wochen, hatte ich hinter der Kiste mit den Zwiebeln gehockt und von dieser Warte aus nur die herabbaumelnden Füße von Paulina sowie die bleichen Waden meines Onkels gesehen, doch der Akt war mir bedeutend länger vorgekommen als dieser. Desgleichen alle anderen, denen ich schon zuvor heimlich hatte lauschen können. An diesem Tag befand ich mich dank des
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