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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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die das machen, die ihr Geld dafür kriegen!
    Du drehst schon wieder durch, du hältst das alles nicht aus, du landest wieder in der Psychiatrie!
    Weiter, vorwärts.
    …schau immer vorwärts und niemals zurück…! Konfirmation 1948, aus dem Gedicht seiner Großmutter. Beim Kaffeetrinken war sie aufgestanden.
    Vorüber an der nächsten Trink- und Speisestätte, Berliner Gasthaus genannt, Schaukästen die Fülle, rührend-amateurhaft aufgemacht: Seit 60 Jahren singt Irmchen für ihre Gäste. Hatte also schon gesungen, bevor er selber an der Mutterbrust… O nein! Jennifer Rush im engen Lederrock mußte schnell her, die inzestuösen bösen und auch sonstwie perversen Bilder zu verscheuchen.
    Mannhardt, du bist und bleibst ein selten blödes Schwein!
    Er hatte die Augen für Sekunden geschlossen, um sich neu konzentrieren zu können, und als sich die Lider nun öffneten, aufsprangen wie die Klappen einer teuren Kamera, die Linsen auf eine kleine Fläche gerichtet, schrak er zusammen, starrte auf chinesische, auf japanische Zeichen, verlor auf Herzschlaglänge jegliches Bewußtsein und Gefühl für Zeit und Raum: Wo bin ich, wer bin ich? Was mach ich hier in Tokio…!?
    War er schon wieder in der Klinik zurück? Kam die Schwester mit der Spritze? Bei einer Panikstörung am besten Alprazolam, anfangs 0,5 mg viermal pro Tag.
    Nein! Ich bin doch in der Schlüterstraße hier!
    Ja, biste; bleibste, weiter!
    … das nächste Restaurant ließ seine Schilder weit in den Straßenraum ragen, horizontale Balken wie alte Eisenbahnsignale: Stop, tritt ein! Matscho, las er, Nobelschuppen, dachte erst an Matsch gleich Schlamm, dann englisch: match. Matchwinner, war er heute einer? Bekam erst spät den Sinn der Aufschrift mit, machismo, haßte jene hier gemeinte gockelhafte, aufgeputzte Männlichkeit, Goldkettchengeflimmer am behaarten Bullenkörper, großes Maul und kleines Hirn, wäre nicht mal gegen Honorar in einen solchen Laden essen gegangen, wollte seinen Weg fortsetzen…
    … als ein zehnkämpferkräftiger Mann aus dem zum Greifen nahen Hausflur vor dem Matscho stürzte, ihn fast rammte.
    Koch!
    Beiderseitige Verwirrung.
    Mannhardt: «Was machst du ‘n hier…!?»
    Koch: «Scheiße alles!»
    Mannhardt: «Was is ‘n passiert?»
    Koch: «Ach, wir haben endlich ‘n Haftbefehl gegen diesen Torro erwirkt und wollten ihn gerade… Na ja, jetzt hat er sich hier im Matscho verschanzt und die Besitzer als Geiseln genommen…!»
    Ohne mich geht’s halt nicht, dachte Mannhardt, voll klammheimlicher Freude, war aber sofort zu jeder Hilfe bereit, als sein alter Freund ihn bat, von nebenan per Telefon die Kollegenschar in Marsch zu setzen, Großeinsatz, lief mit seinem Koffer los, ins Berliner Gasthaus hinein, tat das Seine, die Maschinerie auf Touren zu bringen.
    Hundt bewachte hinten den Hof, Koch die Vorderfront, und sie wußten, daß nun lange Verhandlungen anstanden.
    «…das ist ‘n ganz hochkarätiger Bursche», sagte Koch, als Mannhardt wieder bei ihm war, «und zu verlieren hat er auch nichts mehr. Daß er Grobi umgebracht hat, steht völlig außer Frage. Wir haben Beweise, wir haben die Aussage eines seiner Mittäter, wie sie ihn allegemacht und dann zu dieser Edelnutte in den Sarg reingelegt haben…»
    Mannhardt erfuhr dann auf die schnelle noch, daß dieser «Torro» keineswegs ein Spanier war, sondern urdeutschen Geblüts und Dieter Tornow hieß, anläßlich einer Razzia, total betrunken, bei der Frage nach dem Namen aber mal das n so nachdrücklich verschluckt hatte, daß die protokollführenden Kollegen Dieter Torro aufgeschrieben hatten, «…natürlich Riesengebrüll in der Szene, und seitdem heißt er auch so. Ist aber sicherlich das Beste, was wir hier an Nachwuchs haben. War schon echt professionell, das mit dem Sarg.»
    Mannhardt fand das weniger. «Vielleicht hat er doch ‘n bißchen zu viele amerikanische Serien gesehen: alles auf den großen Gag zugeschnitten…»
    Koch stöhnte auf. «Na, hoffentlich kommt jetzt keiner mehr!»
    «Wie meinsten das?»
    «Weil er alles in die Luft sprengen will, wenn wir ihm keinen freien Abzug gewähren. Ich frag mich bloß, woher er da ‘ne Bombe…? Er ist doch ohne was in der Hand hier reingelaufen…» Kochs Blick blieb an Mannhardts Aktenkoffer hängen.
    «Hier, ich trag sie ihm doch hinterher…!» Mannhardt, Lob seiner Routine, schaffte es, kurz-sarkastisch aufzulachen.
    Koch ging wieder auf das Matscho zu, preßte das Gesicht, die Augen mit den Händen abschirmend,
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