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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Grüner – zum Heulen. Und jetzt machst du auch noch auf Profi, Mann…!»
    «Immerhin haben wir den Grunerwald hier…»
    «Nein, nein!» Corzelius schlug mit der Stirn, wie ein entfesselter Specht, mehrmals gegen die hölzerne Tür. «Herr, laß das bitte nicht wahr sein! Und mach mein Auto ganz schnell wieder ganz, damit ich selber fahren kann!»
    «Komm jetzt, sonst klaun sie mir die Taxe noch.»
    «Ja, und fahrn damit zum Klo!» Ein Aufschrei. «Mama, ich bin angesteckt…!»
    Sie riefen Jessica, die mit dem Baby längst ins Bad gegangen war, schnell noch hinterher, daß sie wegmüßten, sie wüßte schon, dann verließen sie die Wohnung.
    Mannhardt fand die Taxe wie beschrieben, und sie setzten sich hinein. Als sie losfuhren, griff er nach rechts hinüber, um die Uhr einzuschalten.
    Corzelius lachte. «Willst du mir etwa Geld dafür abknöpfen?»
    «Na, sicher! Beim Geld hört schließlich alles auf, und mein Sohn is’n armer Student, du hingegen bist ‘n reicher Journalist.»
    «Höchstens reich an Erfahrung. Ansonsten: arm am Beutel, krank am Herzen.»
    «Besser als umgekehrt.»
    «Konzentrier dich lieber auf ‘n Verkehr?»
    «Ja, gerne, aber wozu…?»
    «Bald bist du ja wieder mit Lilo vereint.»
    «Du weißt ja, wie das so ist mit der Wiedervereinigung…»
    Sie schwiegen bedeutungsschwer vor sich hin, bis Corzelius sagte, ihm schmecke Berlin und rege ihn an wie ein großes Glas Champagner, und Mannhardt erwiderte, für ihn sei es, als müßte er einen Becher seiner eigenen Pisse austrinken; seine einzige Hoffnung sei seine neue Stelle in Bramme.
    «Hätteste man schon hinfahren sollen», meinte Corzelius, ganz
    hingerissen von den hiesigen Frauen und Mädchen; in Bramme dagegen alles nur biedere Bäuerinnen. «Schnapsidee von dir, das mit der organisierten Kriminalität hier in Berlin.»
    «Wie steh ich denn da als Lehrbeauftragter – ohne jede eigene Veröffentlichung? Ich brauch wenigstens ‘n kleinen Aufsatz in der Kriminalistik…» Er hupte, überholte, reihte sich bei den Linksabbiegern ein. «Und Grobi, so wie der da eingebunden ist, der kann mir ganz sicher… Schließlich hätt ich ihn damals auch abknallen können, Notwehr, Eigensicherung, anstatt ihm lediglich in seine sehr geehrte Wade…»
    Corzelius wußte, daß hier am Tiergarten der Autostrich war, und hielt mit verdrehtem Kopf Ausschau nach lustbringenden Bildern, Lederröcken im Lendenschurz-Look, entdeckte aber nichts. «Sag mal, warum heißt denn der Typ eigentlich ‹Grobi›…?»
    «Keine Ahnung. Vielleicht, weil er bei unserer geliebten Beton-Mafia hier der Mann fürs Grobe ist oder weil er bürgerlich Grobelny heißt… Da: Großer Stern, Ost-West-Achse, Brandenburger Tor, Rotes Rathaus, Ost-Berliner Fernsehturm drüben…! Hauptsächlich aber Grobi, weil er wie der Grobi aus der ‹Sesamstraße› aussieht, das Krümelmonster: spillrig und immer furchtbar hippelig, mit blauen Sachen an, so flauschigen Jacken und so, und ganz verrückt nach Keksen.»
    Als sie am Schloß Bellevue vor einer Ampel halten mußten, zeigte er Corzelius einen Ausschnitt aus der BZ («…Springer, offiziöses Organ der Diepgen-Regierung…»), auf dem man Grobi, fein in Schale, im Kreise vieler Stadtprominenter bei der Eröffnung eines wissenschaftlichen Instituts erblicken konnte.
    «Ah, ja», sagte Corzelius. «Wieder so ‘n überflüssiger Stall, um der FU das Wasser abzugraben. Ausrangierte linientreue Professoren, die mit aufgesetztem Einstein-Charisma Texte verlesen, die ihre Assistenten am Morgen zuvor aus Zeit und FAZ abgeschrieben haben.»
    «… eine Stadt, die sich gewaschen hat… Sehnse, das ist Berlin!» sang Mannhardt dazu.
    «Wie und wo trefft ihr euch denn, Grob und du?»
    «Halb elf Kudamm/Ecke Joachim-Friedrich-Straße. Da steht er und winkt ‘ne Taxe herbei.»
    Corzelius, der westberlinische Entfernungen noch kaum einprogrammiert hatte, blickte auf die Uhr. «Schaffste das denn noch?»
    «Dicke, ja.»
    Sie rollten durch etliche Moabiter Straßen, eine immer häßlicher als die andere, doch Corzelius konnte nicht anders, als dies alles, Gründerzeit verrottet, herrlich zu finden. «Dieser Hauch von New York, Mann! Nicht mehr dieses Kuhdorf von Bramme!»
    Mannhardt sah die Sache völlig anders. «Endlich hin nach Bramme! Immer nur diesen New Yorker Pißgestank hier.»
    «Ja, ja…» höhnte Corzelius. «Das Glück wohnt immer am anderen Ufer!»
    Sie redeten noch ein paar Minuten intensiv über Bramme, wo Corzelius lange Jahre dem
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