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Collins, Suzanne

Collins, Suzanne

Titel: Collins, Suzanne
Autoren: Flammender Zorn (Die Tribute von Panem Bd 3)
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Tränen und dem
Versprechen, gut zu leben, damit ihr Tod nicht vergeblich war. Auch Haymitch
gesellt sich zu uns und trägt die Tribute aus den dreiundzwanzig Jahren bei, in
denen er gezwungen war, den Mentor zu spielen. Irgendwann werden die Einträge
weniger. Ab und zu noch eine alte Erinnerung, die auftaucht. Eine späte Primel,
die wir zwischen den Seiten aufbewahren. Seltene Momente der Freude, wie das
Foto von Finnicks und Annies neugeborenem Sohn.
    Wir lernen, wieder unseren Beschäftigungen nachzugehen.
Peeta backt. Ich jage. Haymitch trinkt, bis der Schnaps alle ist, dann züchtet
er Gänse, bis der nächste Zug eintrifft. Zum Glück können die Gänse ganz gut
selbst für sich sorgen. Wir sind nicht allein. Ein paar Hundert andere kommen
zurück, denn was immer passiert ist, dies ist unsere Heimat. Da die Bergwerke
geschlossen wurden, pflügen sie die Asche unter und bauen Nahrungsmittel an.
Baumaschinen aus dem Kapitol bereiten den Boden für eine neue Fabrik, in der
Arzneimittel hergestellt werden sollen. Die Weide wird wieder grün, obwohl
dort niemand gesät hat.
    Peeta und ich nähern uns wieder an. Es gibt immer noch Augenblicke,
da muss er sich an einer Stuhllehne festhalten, bis die Schatten der Vergangenheit
vorbeigezogen sind. Ich erwache aus Albträumen von Mutationen und verlorenen
Kindern. Aber seine Arme sind wieder da, um mich zu trösten. Und schließlich
auch seine Lippen. Nachts empfinde ich wieder diesen Hunger, der mich damals am
Strand überrascht hat, und ich weiß, dass es so oder so passiert wäre. Dass ich
zum Überleben nicht Gales Feuer, das von Zorn und Hass genährt wird, brauche.
Feuer habe ich selbst genug. Was ich brauche, ist der Löwenzahn im Frühling.
Das leuchtende Gelb, das für die Wiedergeburt steht und nicht für Zerstörung.
Ein Versprechen, dass das Leben weitergeht, ungeachtet unserer Verluste. Dass
es wieder gut werden kann. Und das kann nur Peeta mir geben.
    Und wenn er mich fragt: »Du liebst mich. Wahr oder nicht
wahr?«, dann antworte ich: »Wahr.«
     
    Epilog
     
    Sie spielen auf der Weide. Das tanzende Mädchen mit dem
dunklen Haar und den blauen Augen. Der Junge mit den blonden Locken und den
grauen Augen, der auf seinen pummeligen Kleinkindbeinen mit seiner Schwester
Schritt zu halten versucht. Es hat fünf, zehn, fünfzehn Jahre gedauert, bis ich
eingewilligt habe. Doch Peeta wollte sie unbedingt. Als ich das erste Mal
spürte, wie sie sich in mir bewegt, packte mich ein Schrecken, der so alt ist
wie das Leben selbst. Nur die Freude, sie in meinen Armen zu halten, konnte ihn
bändigen. Bei ihm fiel es mir dann schon ein wenig leichter.
    Langsam kommen auch die Fragen. Die Arenen sind völlig
zerstört worden, Gedenkstätten errichtet, es gibt keine Hungerspiele mehr.
Aber im Schulunterricht wird darüber gesprochen, und das Mädchen weiß, dass
wir eine Rolle darin hatten. Der Junge wird es in ein paar Jahren erfahren. Wie
kann ich ihnen von dieser Welt erzählen, ohne sie zu Tode zu erschrecken?
Meine Kinder, die den Text des Liedes für bare Münze nehmen:
     
    Auf dieser Wiese unter der Weide,
    Ein Bett aus Gras, ein Kissen wie Seide.
    Dort schließe die Augen, den Kopf lege nieder,
    Wenn du erwachst, scheint die Sonne wieder.
     
    Hier ist es sicher, hier ist es warm,
    Hier beschützt dich der Löwenzahn.
    Süße Träume hast du hier und morgen erfüllen sie sich.
    An diesem Ort, da lieb ich dich.
     
    Meine Kinder, die nicht wissen, dass sie auf einem
Friedhof spielen.
    Peeta sagt, dass alles gut wird. Wir haben uns. Und das
Buch. Wir können es ihnen irgendwie so begreiflich machen, dass sie gestärkt
daraus hervorgehen. Eines Tages jedoch werde ich ihnen von meinen Albträumen
erzählen müssen. Woher sie kommen. Warum sie nie mehr ganz verschwinden
werden.
    Ich werde ihnen erzählen, wie ich es überlebe. Ich werde
ihnen sagen, dass es mir an schlechten Tagen morgens unmöglich erscheint, mich
an irgendetwas zu erfreuen, weil die Angst, es zu verlieren, übermächtig ist.
Dann mache ich mir eine Liste im Kopf und verzeichne darauf jeden Akt der Güte,
den ich je erlebt habe. Es ist wie ein Spiel. Immer das gleiche. Fast ein
bisschen langweilig nach über zwanzig Jahren.
    Aber es gibt viel schlimmere Spiele.
    ENDE
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