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Collins, Suzanne

Collins, Suzanne

Titel: Collins, Suzanne
Autoren: Flammender Zorn (Die Tribute von Panem Bd 3)
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Enkelin. Ich stimme mit Ja.«
    »Ich auch«, sagt Enobaria fast gleichgültig. »Wir zahlen
es ihnen mit gleicher Münze heim.«
    »Aber genau dagegen haben wir uns aufgelehnt! Wisst ihr
nicht mehr?« Peeta sieht uns an. »Annie?«
    »Ich stimme wie Peeta mit Nein«, sagt sie. »Finnick hätte
sich auch so entschieden, wenn er hier wäre.«
    »Er ist aber nicht hier, weil Snows Mutationen ihn getötet
haben«, erinnert Johanna sie.
    »Nein«, sagt Beetee. »Es wäre ein schlimmer Präzedenzfall.
Wir müssen aufhören, einander als Feinde zu betrachten. In unserer Lage ist
Einigkeit von fundamentaler Bedeutung für unser Überleben. Nein.«
    »Dann fehlen noch Katniss und Haymitch«, sagt Coin.
    Ob es damals genauso war? Vor fünfundsiebzig Jahren? Hat
da auch eine Gruppe von Leuten zusammengesessen und darüber abgestimmt,
Hungerspiele zu veranstalten? Gab es unterschiedliche Meinungen? Haben manche
an das Mitgefühl der anderen appelliert und wurden von denen überstimmt, die
den Tod der Kinder aus den Distrikten forderten? Der Duft von Snows Rose windet
sich durch meine Nase in meine Kehle und schnürt sie zusammen. Es ist
hoffnungslos. So viele Menschen, die ich geliebt habe, sind tot, und wir
diskutieren über die nächsten Hungerspiele als Maßnahme, nicht noch mehr Leben
zu verschwenden. Nichts hat sich geändert. Nichts wird sich je ändern.
    Sorgsam wäge ich die Möglichkeiten ab, durchdenke alles
genau. Den Blick auf die Rose, sage ich: »Ich stimme mit Ja ... für Prim.«
    »Haymitch, nun ist es an dir«, sagt Coin.
    Peeta bestürmt Haymitch, er könne sich doch nicht an solchen
Gräueltaten beteiligen, aber ich spüre, wie Haymitch mich ansieht. Jetzt
endlich stellen wir fest, wie ähnlich wir uns sind und wie gut er mich
versteht.
    »Ich folge dem Spotttölpel«, sagt er.
    »Hervorragend. Damit steht das Ergebnis fest«, sagt Coin.
»Und jetzt ist es höchste Zeit, dass wir unsere Plätze für die Hinrichtung
einnehmen.«
    Als sie an mir vorbeigeht, halte ich das Glas mit der Rose
hoch. »Wäre es möglich, dass Snow sich die ansteckt? Direkt über dem Herzen?«
    Coin lächelt. »Natürlich. Und ich werde dafür sorgen, dass
er von den Spielen erfährt.«
    »Danke«, sage ich.
    Jetzt kommen lauter Leute in den Raum und machen sich an
mir zu schaffen. Ein letztes Mal pudern, Plutarchs Anweisungen, während ich
zum Haupteingang des Präsidentenpalasts geführt werde. Der Große Platz quillt
über, die Leute werden in die Seitenstraßen gespült. Die anderen nehmen draußen
ihre Plätze ein. Wachen. Funktionäre. Rebellenführer. Sieger. Jubelrufe
verkünden, dass Coin auf dem Balkon erschienen ist. Plötzlich tippt Effie mir
auf die Schulter und ich trete hinaus in die kalte Wintersonne. Unter dem
ohrenbetäubenden Lärmen der Menge nehme ich meine Position ein. Weisungsgemäß
drehe ich mich zur Seite, damit sie mein Profil sehen können, und warte. Als
Snow aus der Tür geführt wird, rast das Publikum. Er wird mit den Händen an
einen Pfahl gebunden, was gar nicht nötig wäre. Er wird nicht fliehen. Es gibt
keinen Ort, an den er fliehen könnte. Dies ist nicht die geräumige Bühne vor
dem Trainingscenter, sondern die schmale Terrasse vor dem Präsidentenpalast.
Jetzt verstehe ich, warum niemand verlangt hat, dass ich ein bisschen übe. Er
steht keine zehn Meter entfernt.
    Ich spüre den Bogen in meiner Hand vibrieren. Greife nach
hinten und ziehe den Pfeil. Lege ihn ein, ziele auf die Rose, schaue ihm aber
ins Gesicht. Er hustet und blutiger Speichel rinnt ihm über das Kinn. Seine
Zunge fährt rasch über die aufgedunsenen Lippen. In seinen Augen suche ich nach
dem leisesten Anzeichen irgendeiner Regung - Angst, Reue, Groll. Aber ich sehe
nur den gleichen amüsierten Ausdruck, mit dem unsere letzte Unterhaltung
endete. Als würde er den Satz noch einmal sagen. »Ach, mein
liebes Fräulein Everdeen. Ich dachte, wir hätten ausgemacht, einander nicht zu
belügen.« Stimmt. Das hatten wir.
    Ich reiße die Spitze meines Pfeils nach oben. Lasse die
Sehne los. Und Präsidentin Coin stürzt über die Balkonbrüstung und knallt auf
den Boden. Tot.
     
    27
     
    In dem verblüfften Aufschrei der Menge höre ich Snows
Gelächter. Ein schreckliches gurgelndes Gegacker, gefolgt von einem
Hustenanfall und einem Schwall schaumigen Bluts. Er beugt sich vor und spuckt
sein Leben aus, dann versperren mir seine Bewacher die Sicht.
    Während graue Uniformen von allen Seiten auf mich zustürzen,
sehe ich meine Zukunft
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