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Dicke Luft auf Schreckenstein

Dicke Luft auf Schreckenstein

Titel: Dicke Luft auf Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Mauersäge in Kartoffelbrei
     
    „Eine Bewährungsprobe steht uns bevor, die wir merkwürdigerweise unserem guten Ruf zu verdanken haben.“ Mit diesen Worten eröffnete Direktor Meyer, kurz Rex genannt, die Schulversammlung auf Burg Schreckenstein. Wie immer, wenn es um etwas ging, das die Gemeinschaft betraf, stand er vor dem Kachelofen im Wohnzimmer. Die Lehrer und die Ritter, wie sich die Jungen der Burgschule nannten, lauschten im Halbkreis. „Wir bekommen für einige Tage Besuch“, fuhr der Rex fort. „Es handelt sich um eine Gruppe von Experten im Erziehungswesen, die sich über unser Schulsystem informieren wollen.“
    „Aha! Offizielle Werkspionage!“ alberte Witzbold Klaus.
    Der Rex schüttelte den Kopf. „Nennen wir’s eine Art Studienreise. In Fachkreisen hat es sich offenbar herumgesprochen, daß bei uns verschiedenes anders ist als in anderen Schulen und besser funktioniert. Wie das in der Praxis aussieht, möchte die Gruppe studieren. Sie betrachtet Schreckenstein sozusagen als Modell.“
    „Sind wir so berühmt?“ fragte der kleine Egon zur allgemeinen Erheiterung.
    „Es sieht ganz danach aus“, meinte der Rex. „Das ist schmeichelhaft und erfreulich, sollte für uns aber kein Grund sein, übermütig zu werden. Sonst bekommen sie einen falschen Eindruck.“
    „Klarer Fall!“ bemerkte Dampfwalze, das Kraftgebirge der Schule.
    Ritter nickten mit trutzigen Mienen. Angeberei war den Schreckensteinern zuwider.
    „Ich weiß, daß ich mich auf euch verlassen kann“, fuhr der Rex fort. „Unsere Gemeinschaft hat schon ganz andere Bewährungsproben durchgestanden. Trotzdem kann die Studiengruppe für uns zum Problem werden, so widersinnig das klingt. Es ist nämlich gar nicht leicht, natürlich zu bleiben, wenn man spürt, daß einem Interesse entgegengebracht wird. Das verleitet zu Übermut, und schon ist der falsche Eindruck da.“
    „Genau!“ bestätigte Mücke. Als Chefredakteur der Schulzeitung Wappenschild war er unter den Schnelldenkern mit der Schnellste und rückte seine Brille zurecht.
    Der Rex fuhr fort: „Ich könnte mir vorstellen, daß sich die Studienmacher allerhand ausdenken, um uns auf den Zahn zu fühlen. Zum Beispiel was unsere Ehrlichkeit betrifft…“
    „Da sind wir eisern!“ bekannte Musterschüler Strehlau, auch Computergehirn genannt.
    „Ich weiß.“ Der Rex nickte ihm zu. „Wir müssen jedenfalls mit Vorurteilen rechnen. Aber das sind wir ja gewöhnt. Wenn jeder seine Arbeit tut und nicht in den Tag träumt…“
    „Und wie ist das mit Streichen?“ wollte Beni wissen. Ein Raunen ging durch die Ritterschaft.
    „Ja“, pflichtete Pummel ihm bei, „vielleicht haben sie davon auch schon was läuten hören, wenn wir so berühmt sind.“
    „Auf diese Frage habe ich gewartet.“ Der Rex schmunzelte. „Nun, das liegt bei euch. Seid, wie ihr immer seid, tut, was ihr nicht lassen könnt, ob ihr euch beobachtet fühlt oder nicht. Dann kann eigentlich nichts schiefgehen.“
    Mit aufmunterndem Nicken setzte sich Direktor Meyer in Bewegung, Schulkapitän Ottokar öffnete ihm die Tür. Von den Lehrern folgten Doktor Schüler, Gießkanne und Doktor Waldmann. Die Ritterschaft rührte sich, obwohl die Schulversammlung beendet war, nicht von der Stelle. Fragende Blicke begegneten einander.
    „Bizarre Sache!“ Mit diesen Worten umriß Hans-Jürgen, der Dichter, die Stimmung im Raum. „Da wird eine Studiengruppe angekündigt, die uns offenbar bewundert, und der Rex hat Bedenken, wir könnten nicht natürlich genug sein. Das ist unnatürlich.“
    „Vor Freunden wird gewarnt!“ alberte Witzbold Klaus. „Nicht, daß einer jetzt Autogramme gibt, wo wir so berühmt sind!“
    „Quatsch keine warme Limo!“ rügte Stephan. „Der Rex gibt nur zu bedenken, wir sollen uns bewußt sein, daß die uns testen. Weiter nichts.“
    „Du sagst es!“ Sein Freund Ottokar trat hinzu. „Sollen sie erst mal kommen, dann sehen wir weiter. Gehen wir!“
    „Ist ja ein ewiges Kommen und Gehen!“ flachste der kleine Eberhard und strebte mit den Mini—Rittern Kuno, Egon und Herbert zur Tür.
    Jetzt kam Bewegung in die Ritterschaft.
    „Ich weiß nicht“, meinte der vorsichtige Dieter im Gedränge, „irgendwie hab ich ein komisches Gefühl bei der Sache.“
    „Das hab ich jeden Tag, wenn ich dich sehe, du Miesepetersilie!“ pflaumte Andi ihn an. Unkereien waren auf der Burg verpönt.
    „Wenn wir ein Modell sind, wie der Rex sagt…“, murmelte Dampfwalze vor sich hin, und sein
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