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0752 - Lauras Leichenhemd

0752 - Lauras Leichenhemd

Titel: 0752 - Lauras Leichenhemd
Autoren: Jason Dark
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Lange genug hatte sie gequält, gebettelt und immer wieder gefragt.
    Sie hatte auch nie eine konkrete Antwort bekommen, doch aus dem Erfahrenen hatte sie folgern können, wo der Gegenstand, auf den es ihr ankam, aufbewahrt wurde.
    Nur mehr zwei kleine Schritte trennten sie endgültig von ihrem Ziel. Auch die legte Laura zurück. Dabei lauschte sie dem Knarren der alten Bohlen, die unter ihrem Gewicht stöhnten.
    Sie spürte den Druck hinter ihren Augen. Ihr Herz klopfte stärker als sonst. Zitternd streckte sie den rechten Arm aus und berührte die hölzerne Truhe.
    Irgendwann war sie einmal angestrichen worden. Im Laufe der Zeit aber war die Farbe verblasst und abgeblättert.
    Den Schlüssel für die Truhe besaß das Mädchen. Er steckte in Lauras rechter Jeanstasche. Mit vorsichtigen Bewegungen holte sie ihn hervor. In der dämmerigen Dunkelheit gab er einen fahlen Glanz ab.
    Für Laura war dieser Schlüssel der Weg ins Paradies, dehn er allein brachte sie zu ihrem großen Ziel.
    Und es war genau der richtige, er passte ins Schloss. Wieder umzuckte ein Lächeln ihre Lippen.
    Sie drehte ihn nach links, die Truhe ließ sich ohne Mühe öffnen.
    Dann hob sie den Deckel hoch.
    In den Angeln quietschte es leise, was Laura ärgerte, doch das überging sie einfach, denn ihr hatte sich mit dem öffnen der Truhe eine völlig neue Welt eröffnet.
    Ein Kind hätte beim Eintritt in ein riesiges Spielzeugland nicht viel mehr staunen können.
    Dabei gab es kaum etwas zu sehen. Die Truhe war leer. Eine dunkle, kantige Höhle, mehr war es nicht. Laura bewegte die Nase, als ihr der ungewöhnliche Geruch entgegenwehte. Sie kannte so etwas nicht Eine Mischung aus Fäulnis und saurem Schweiß. Vielleicht auch noch mit einem Hauch von Moder infiziert, jedenfalls ziemlich widerlich..
    Sie drückte den Kopf trotzdem vor und schaute in die dunkle Truhe.
    Da war etwas, das wusste sie, sie musste es nur noch finden.
    Laura Saracelli schaute nach rechts.
    Nichts zu sehen.
    Sicherheitshalber streckte sie den Arm aus und bewegte ihre Finger, doch auch sie tasteten ins Leere.
    Dann der Blick nach links.
    Zuerst wollte sie es nicht glauben und zwinkerte mit den Augen, aber sie hatte sich nicht getäuscht.
    Da war der Schatten!
    Er hob sich kaum von der Dunkelheit ab. Er bewegte sich auch nicht und schwebte trotzdem über dem Boden. Der Schatten hing von ihr zu weit entfernt, um ihn normal erreichen zu können. Laura musste sich vorbeugen, so bekam sie den ersten Kontakt mit ihm.
    Es durchzuckte sie wie eine heiße Berührung, als sie das spürte, was sich unter ihren tastenden Fingern befand. Es war Stoff, also war es nicht nur ein Schatten oder eine Einbildung gewesen. Sie hatte genau das gefunden, wonach sie so lange gesucht hatte.
    Beinahe hätte sie vor Glück geschrieen und konnte sich im letzten Augenblick noch zusammenreißen. Hinter ihren Augen wurde es so heiß, als würde dort ein Feuer brennen. Sie kam sich doppelt so groß und mächtig vor, schon jetzt, wo sie nicht einmal das endgültige Ziel erreicht hatte.
    Laura Saracelli beugte sich in die Truhe, bis der Stoff ihr Gesicht streichelte.
    Laura schloss die Augen.
    Es war ein wahnsinniges Gefühl, davon berührt zu Werden. Es war heiß und kalt zugleich. Der Stoff lebte, in ihm steckte etwas, das sie faszinierte. Es war einfach wunderbar, nein, viel mehr, aber ihr fehlten die Worte für einen Vergleich. Sie störte auch nicht mehr der alte Geruch. Sie wunderte sich darüber, wie fest der Stoff nach der langen Zeit noch war, in ihm verbarg sich eine Kraft, die sie fühlen konnte.
    Es war einfach wunderbar.
    Laura schloss die Augen. Jetzt umhüllte sie die absolute Dunkelheit. Sie konnte sich einzig und allein auf den Stoff konzentrieren und ließ ihn mehrmals durch die Lücken zwischen ihren Fingern gleiten.
    Das Gefühl wurde immer besser. Schon wuchs sie über sich hinaus. Dabei hatte sie das Kleid nicht einmal übergestreift. Wenn das hinter ihr lag, würde alles viel größer und mächtiger werden, und sie spielte dabei die Hauptrolle. Sie hängte das Kleid über ihren Arm und trat zurück. Wieder knarrten die Bohlen, und wieder zuckte sie zusammen, schaute zur Tür, lauschte, es bewegte sich nichts.
    Sie war allein und blieb allein.
    Bisher hatte sie nichts gestört, nun fiel ihr auf, dass es einfach zu dunkel war.
    Es gab elektrisches Licht auf diesem alten Speicher. Die Birne hing nackt von der Decke. Ihre Fassung war mit einem dünnen Draht verbunden. Das Isoliermaterial
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