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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns
Autoren: Götz Justus
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sei zerrüttet. Also bewertest du alle Ereignisse vor diesem Hintergrund, solange dieser nicht durch einen plausibleren abgelöst wird. Und schon kam der Professor durchaus als Übeltäter in Betracht. Hinzu kam dein merkwürdiges Verhalten …“
    „Mein merkwürdiges Verhalten?“ Schöllers Verblüffung war echt.
    „Na klar! Ich weiß nicht, wie lange ich brauchte, zu erkennen, dass du ein mit dem Fall betrauter Kriminalbeamter warst! Nächtelang hingst du in deiner Küche rum, stundenlang hocktest du vor dem Laptop. Tagsüber bliebst du zu Hause oder triebst dich in exakt dem verdächtigen Umfeld herum, in dem ich die Entführer und die in das Verbrechen verstrickten Mittäter vermutete. Und abends trafst du dich in schöner Regelmäßigkeit mit dem Professor, den ich zu diesem Zeitpunkt noch für den möglichen Täter hielt. Ich konnte deine Rolle überhaupt nicht einschätzen! Ich hab‘ dich dem Täterkreis zugeordnet, da dies aufgrund der Sachlage die wahrscheinlichste Option war ...“
    „Wieso wusstest du, was ich in meiner Küche tat?“
    „Du solltet hin und wieder einen Blick auf das Dach der gegenüberliegenden Garage werfen …“
    „Sag‘ bloß, du hast mich die ganze Zeit beobachtet!“ Schöller schien ernsthaft erbost.
    „Was hättest du an meiner Stelle getan?“
    „Ich war für dich einer der Kindesentführer?“ Schöller starrte Fortman ungläubig an.
    „Was denn sonst? Nie sah ich dich während dieser Phase im Polizeipräsidium! Du triebst dich überall dort ‘rum, wo ich die Strippenzieher vermutete. Auch dein dämliches Verhalten auf dem Friedhof …“
    „Mein dämliches Verhalten auf dem Friedhof?“
    „Mensch, Harald! Du triffst dich regelmäßig mit dem Professor, aber anlässlich des Begräbnisses seiner Frau versteckst du dich abseits davon hinter einem Rhododendronbusch. Und das so auffällig, dass es jeder halbwegs Sehfähige bemerken musste! Soll ich da etwa auf die Idee kommen, der Typ dort hinterm Gebüsch ist Hauptkommissar Schöller, befasst mit der Aufklärung dieses Verbrechens?“
    Sie schwiegen eine Weile. Schöller hatte Anlass genug, über die Missverständlichkeit seines Handelns nachzudenken. „Irre! Einfach irre!“
    Fortman blickte ihn überrascht an. „Was ist irre?“
    „Da jagen zwei denselben Täterkreis und bringen sich aufgrund lächerlicher Missverständnisse um ein Haar um!“
    „Na, na, Herr Hauptkommissar! Ermorden wollte ich dich sicherlich nicht.“
    Wieder herrschte eine Weile Schweigen. Sie blickten hinaus zum Horizont, dem sich der Feuerball der Abendsonne mit beeindruckender Geschwindigkeit näherte. Plötzlich meldete sich Fortman zu Wort. „Darf ich dir auch mal ‘ne Frage stellen?“
    „Na klar.“
    „Was hat dir auf der Henrietta die junge Frau gesagt, als sie in deinen Armen starb? Ich wollte dich das immer schon gefragt haben.“
    „Du meinst ‚Tante Helena‘?“
    „Ja. Die meine ich.“
    „Sie war Samir Charifs Frau oder Lebensgefährtin, so genau weiß ich das nicht. Jedenfalls war sie nicht die Mutter seiner Söhne, dazu war sie zu jung. Sie wusste offensichtlich nichts von seinem Selbstmord. Sie sagte, Charif sei pädophil veranlagt, habe sich ihr gegenüber schon vor Jahren geoutet. Sie verachte zwar seine Veranlagung zutiefst, hätte sie aber stets im Interesse der Söhne und der ganzen Familie stillschweigend hingenommen. Auch seine Verstrickung in die Machenschaften des Netzwerks. Sie wusste offensichtlich, was sich im Pink Horse und im Babylon tat. Charif sei zu diesem Verbrechen von einem einflussreichen Mitglied des Pädophilennetzwerks erpresst worden. Die Sache sei aus dem Ruder gelaufen, nie und nimmer hätte Charif der Ermordung von Pohls Frau zugestimmt. Sie schien das loswerden zu wollen. Sie wusste, dass ihr nur noch wenige Minuten blieben …“
    „Gab sie einen Hinweis auf die Rolle Sven Heisterkamps. War dessen Vater das ‚einflussreiche Mitglied‘?“
    Schöller hob die Schultern. „Darüber haben wir nicht mehr sprechen können. Ich hatte ihr ohnehin nur zugehört, sie nicht befragt. In den letzten Minuten ihres Lebens war sie einfach zu schwach. Ich wollte sie in ihrem Zustand nicht aushorchen. Ich kam mir richtig beschissen vor …“
    „Verstehe.“ Fortman bückte sich nach einem Krebs, warf ihn zurück ins Wasser. „Wir müssen besprechen, wie’s weitergeht.“
    Schöller nickte, froh, sich wieder mit der Gegenwart befassen zu können. „Wir müssen das Programm umstellen. Wir können
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