Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Titel: Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff
Autoren: Paul Preuss
Vom Netzwerk:
Seine Bemerkung ist an den Commander gerichtet. »Später kamen wir dahinter, was Nemo in den folgenden Minuten dachte und tat. Es war wohl nicht das erste Mal, daß wir diesen Mann gefährlich unterschätzt hatten …«
     
    Wenige Augenblicke nach Ende der Beschleunigungsphase hatte McNeil Randolph Mays – immer noch ein Bündel in seinem Raumanzug und schlaff wie ein Sack voller Wäsche – in seine Schlafkabine getragen und dort eingeschlossen. Redfield sagte mir, er hätte eine Minute später die Tür kontrolliert. Abgesehen davon war Mays alleine und vergessen. Er kämpfte sich aus seinem Anzug und stopfte ihn in eine Ecke der ursprünglich für zwei Personen vorgesehenen Kabine. Sein Raumanzug war sperrig genug, um den zusätzlichen Platz auszunutzen.
    Er duckte sich unter die Ansaugdusche seines Körperpflegemoduls und rieb sich das Gesicht mit Wasser ab. Ich kann mir denken, daß er dabei vor Vergnügen gegrinst und anschließend den Luxus noch ausgedehnt und sich mit einem chemosonischen Rasierer den grauen Schnäuzer gestutzt hat, den er sich seit unserer überstürzten Abreise aus dem Jupiterorbit hatte wachsen lassen. Noch eine halbe Stunde vorher war er ein toter Mann gewesen. Das muß ihm vollkommen klar gewesen sein.
    Gewiß hatte er sein Gesicht lange nicht im Spiegel betrachtet. Es war derb und eckig, mit tiefen Furchen, dichten Brauen, einem breiten Mund und kräftigen Kiefermuskeln. Das Gesicht eines Raubtiers. Aber ein markantes Gesicht. Er hatte dieses Gesicht lange genug getragen, um sich daran zu gewöhnen – beinahe jedenfalls.
    Als er es leid wurde, sich selbst zu betrachten, legte er sich auf die Koje und starrte gegen die graue Metallschutzwand. Denn Sir Randolph Mays – das war der Name, den er in seiner gegenwärtigen Gestalt trug – konnte weder irgendwohin noch hatte er einen Grund, irgendwohin zu gehen.
    ›Randolph Mays‹, ›Jacques Lequeue‹, ›William Laird‹ oder auch schlicht ›Bill‹ – er war eine austauschbare Gestalt, die im Laufe der Jahre immer wieder als Führer des mittlerweile nicht mehr existierenden Freien Geistes aufgetreten war, eines tausend Jahre alten Geheimbundes, der bereits vor geraumer Zeit die Rückkehr der Außerirdischen verkündet hatte. Wer war er in Wirklichkeit? Das wußte niemand.
    Er hatte geplant, uns alle umzubringen, jedes einzelne Mitglied unserer Expedition, und er war seinem Ziel gefährlich nahe gekommen. Andererseits wußte er, daß niemand von uns ernsthaft die Absicht hatte, es ihm mit den gleichen Mitteln heimzuzahlen. Daß keiner von uns Zeit darauf verschwenden wollte, seinen Gefängniswärter zu spielen. Daß wir nach einer Diskussion zu dem Schluß kommen mußten, in seiner Gegenwart schlicht und einfach vorsichtig zu sein – zum Beispiel, indem wir dem Computer befahlen, uns über seinen Aufenthaltsort auf dem laufenden zu halten, ihn niemals alleine aus dem Mannschaftsbereich zu lassen, und natürlich den Medizinschrank mit seinen Heilgiften unter Verschluß zu halten und so weiter und so fort – und ihn ansonsten einfach zu ignorieren. Schließlich hatte er kein erkennbares Motiv mehr uns zu töten, und wenn er es doch tat … wie gesagt, er konnte nirgendwohin.
    Coventry hat keine räumliche Ausdehnung, dennoch ist es ein greifbarer Ort. Niemand sprach mit Mays. Wenn wir uns zum Essen hinsetzten, war in unserer Runde kein Platz für ihn. Betrat er einen Raum, verließen ihn alle anderen – oder, falls das nicht möglich war, sprachen und sahen wir durch ihn hindurch, als existiere er nicht.
    Nemo, so hatte Troy ihn genannt. Ein Mensch ohne Namen ist kein Mensch. Es dauerte nicht lange, und selbst diese Bezeichnung sollte sich als überflüssig erweisen. Ich bin sicher, er wußte das. Dank der von uns selbst veränderten Wahrnehmung würde die Besatzung der Ventris ihn vergessen. Wir sollten so tun, als gäbe es ihn nicht, und schon bald wären wir soweit, es selbst zu glauben.
    Das war sein Vorteil. Er hatte mehr Jahre seines Lebens in einsamer Meditation verbracht, als irgendeiner von uns sich vorstellen konnte.
    Jetzt dachte er über die nahe Zukunft nach. In dem WISSEN – für dessen Erhalt der Freie Geist gearbeitet (und oft genug gemordet) hatte – gab es nichts, das ihn auf die Geschehnisse der Vergangenheit vorbereitet hätte, ganz zu schweigen von dem, was noch bevorstand. Bis auf einen unbedeutenden Unterschied in der Anzahl waren er und seine Feinde gleichgestellt.
    Nur die Kontrolle über die Michael
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher