Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ciara

Ciara

Titel: Ciara
Autoren: Nicole Rensmann
Vom Netzwerk:
zusätzlich.
    »Der Herrscher dieses Landes«, erklärte ihm Ciara und fügte hinzu: »In der Mythologie schleppt er eine Meute Köter mit sich, aber ich hasse Hunde, weil mich als Kind einer gebissen hat. Darum tauchen sie in meinen Träumen nicht auf, habe ich recht?«
    Morgane nickte lächelnd.
    »Und noch etwas: Du hast es in der Hand zu beeinflussen, wie sie sich verhalten, ob sie als deine Gegner oder Untergebenen auftreten – zumindest bis zu einem gewissen Grad kannst du Einfluss auf sie nehmen.« In den strahlenden Augen zeigte sich philosophische Weisheit.
    »Aber sie wollten mich töten«, sagte Ciara.
    »Nein. Du selbst wolltest tot sein und hast sie nur dafür benutzt.«
    Weiße Rauchschwaden stiegen aus dem Schornstein einer aus morschen Brettern gezimmerten Hütte auf. Ein muskulöser Hüne mit einer Glatze, die so gewaltig glänzte, dass Mike sich an eine fleischfarbene Bowlingkugel erinnert fühlte, trat durch den Eingang ins Freie. Er begrüßte die Ankommenden mit einem dieser Blicke, bei denen Mike stets das Gefühl bekam, sofort tot umfallen zu müssen oder sich zumindest in einen zuckenden Wurm zu verwandeln. Der Typ erinnerte ihn an Fear. Mike zögerte, aber die beiden Frauen gingen forsch auf den Mann zu, neben dem nun ein weiterer auftauchte, der etwas kleiner und schlanker als der Riese war und dessen Haltung auf eine eigentümliche Weise Stolz vermittelte. Ciara trat auf ihn zu.
    »Arawn. Es ist mir eine Freude.« Sie verbeugte sich vor dem Alten, und Mike glaubte, ein Lächeln unter dessen wirrem Bart zu erkennen.
    Der Glatzköpfige starrte überrascht: »Was wird das hier? Ein Empfang für die Herrin?« Niemand antwortete ihm. »Arawn, ich bitte Euch. Ist das eine Verschwörung?« Er wandte sich an den alten Mann, den Herrscher von Annwn.
    Dieser seufzte. »Pwyll! Verstecke Wut und Zorn an diesem Tage, da wir gemeinsam das Fest in unserem Lande feiern werden. An dem wir nicht durch die Nebel zu den Lebenden zurückkehren, sondern hier verweilen mit der Einzigartigen.«
    »Du hast es in der Hand«, flüsterte Mike.
    »Nur wie? Ich bin nicht mal in der Lage, meine Träume ohne Hass und Streit zu gestalten!«
    »Weil auch Träume nicht unbegrenzt beeinflussbar sind«, erklärte Morgane. »Lasst uns zum Feuer gehen.«
    »Noch eine letzte Frage, Mom.«
    Morgane schaute ihre Tochter auffordernd an.
    »All die Feiern in unserem Haus, jedes Jahr, wie kamen sie –«, Ciara machte eine Handbewegung, die das Volk umfasste, das soeben am Horizont auftauchte, »durch den Nebel zu uns?«
    »Der Nebel, der unser Haus umgibt, ist das Ergebnis deiner Müdigkeit. Unsere Samhain-Feste zu Hause waren nichts weiter als von dir erzeugte Träume.«
    Ciara schnappte nach Luft, sie schüttelte den Kopf. »Nein, dazu kann ich unmöglich in der Lage gewesen sein.«
    »Du warst klein, du hast geschlafen und dir eine Familie erträumt. Und du bist jetzt noch zu viel mehr in der Lage, aber das wird dir die Zeit zeigen.«
    Mike stöhnte auf und sah sich im Geiste eine Pipeline bauen, durch die Schweineblut direkt vom Schlachthof ins Haus floss.
    Es blieb ihnen keine Zeit, um über diese Eröffnung nachzudenken. Menschen stürmten nun auf sie zu und umringten die Neuankömmlinge. Sie lachten, Männer klatschten in die Hände, Frauen rafften ihre Röcke und tanzten im Kreise um sie herum. In dieser Formation trieben sie wie ein riesiger Ameisenhaufen vorwärts. Schon aus der Ferne hörten sie das Knistern und Knacken des gewaltigen Samhain-Feuers. Mike begann zu schwitzen. Die Flammen spiegelten sich inzwischen in den Augen aller Anwesenden, Schattenarme streichelten ihre Gesichter und griffen nach ihren Kleidern und Umhängen.
    Die Menge teilte sich, als Ciara näher an das Feuer trat. Sie ging in die Knie und beugte sich über einen geflochtenen Korb, in dem ein Berg von Äpfeln aufgeschichtet lag. Sie nahm zwei davon, in jede Hand einen, reckte die Arme und hielt sie über den Kopf. Beide Äpfel warf sie mit einem befreienden Aufschrei, in dem so viel Gefühl mitschwang, dass alle Anwesenden zu jubeln begannen, gleichzeitig in das heiße Feuer hinein, das sich mit feinen sprühenden Funken über die Äpfel hermachte.
    Nun ahmten Frauen wie Männer Ciara nach und schleuderten weitere Opfergaben in Form von Obst, Getreide und Kräuterbüscheln in das lodernde Feuer.
    Ciara legte Mike zwei Äpfel in seine Hände, die er skeptisch betrachtete. Sie nickte ihm lächelnd zu. Zögernd warf er zunächst einen Apfel. Ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher