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Ciara

Ciara

Titel: Ciara
Autoren: Nicole Rensmann
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zu sinken.
     
    »Wo ist das Frettchen?«
    »Das Frettchen, mein Kind, trägt mein erdzeitliches Wissen in sich. Nun, bedingt nur verwendbar, aber dennoch wachsend in seinen Fähigkeiten – zumindest für einen frechen Marder.«
    Ciara drehte sich zu der Stimme um und flog beinahe in die Arme ihrer Mutter.
    Die Ähnlichkeit der beiden Frauen verblüffte Mike. Mit gemischten Gefühlen fand er sich in Ciaras Traum wieder. Obwohl sie vorher darüber gesprochen hatten und er diesen Schritt mit ihr machen wollte, fühlte er sich in dieser Atmosphäre unwohl, die nur aus Ciaras Gedanken entstand. Was würde passieren, wenn sie sich über ihn ärgerte? Verschwand er dann einfach, oder würde sie ihn als Traumgestalt zurücklassen?
    Aus dem Nichts erwuchsen riesige Grasflächen, durch die sich Trampelpfade schlängelten. Aus einzelnen Halmen entstanden Bäume, deren Stämme von Größe und Umfang her Jahrtausende alt sein mussten. Mit jedem Atemzug verwandelte sich die Traumwelt in eine reich bewachsene Dimension.
    Morgane trat auf Mike zu, der daraufhin ihre Hand ergriff und einen Kuss darauf hauchte. »Es ist mir eine Ehre«, hörte er sich sagen.
    »Ich hab dich so vermisst, Mom!«
    »Ich weiß, doch du kannst in den Nächten zu mir kommen.«
    Ciara runzelte die Stirn.
    »Sieh, all das erschaffst du durch deine Gedanken und dein Unterbewusstsein, wenn du schläfst. Du hast stets Zuflucht in dieser Welt gefunden, um aus deiner für dich so schwer zu ertragenden und zu verstehenden Realität zu flüchten.«
    Morgane griff nach einer Hand ihrer Tochter.
    »Gibt es Annwn nicht wirklich?«
    »Auf deiner unterbewussten Traumebene gibt es diese Welt, so wie es Millionen andere geben könnte. Dies ist dein eigener Traumkosmos, in dem du schon als Kind deine Vorfahren besucht hast, immer auf der Suche nach deinem Vater. Aber es war nie die richtige Zeit, ihn dort zu finden. Du bist es, die all das entstehen lässt oder verändert, wenn du es willst.«
    »Warum Annwn? Warum die Anderwelt? – Weil ich die keltischen Traditionen verehre?«
    Morgane nickte. »Darum lebst du sie in deinen Träumen und in deiner Realität nach den dortigen Möglichkeiten.« Morgane lächelte ihre Tochter an und streichelte über ihre Wange.
    »Und das Frettchen, warum kommt es nicht mit hierher?«
    »Weil es mich hier verdrängen würde. Dein Unterbewusstsein wusste dies und verbannte es aus deinen Träumen.«
    »Das heißt«, mischte sich Mike ein, »diese Welt existiert nur in Ciaras Träumen?«
    Morgane nickte. »Wir alle verharren bewegungslos auf der Stelle, wenn Ciara in eurer Welt wach ist, so wie –« Morgane dachte einen Augenblick nach und meinte dann: »Wie bei Dornröschen, als all die Untertanen in einen hundertjährigen Schlaf fielen.«
    »Darum hasst mich Pwyll so?«
    »Wer ist Pwyll?« Mike wurde schwindelig bei all den fremd klingenden Namen.
    »Er ist der Knecht deines Schlafes und du benutzt ihn als den Bösewicht. Du machst ihn zum Sündenbock für das, was auch in deiner Realität geschah«, beantwortete Morgane zunächst Ciaras Frage und schaute dann zu Mike. »Komm, ich zeige ihn dir, mein Sohn.«
    Während Morgane und Ciara ohne Schwierigkeiten den Hang hinaufkletterten, schnaufte Mike vor Anstrengung und fragte sich, warum Ciara nicht auch einmal von Flachland träumte.
    Als sie auf dem Gipfel standen, strahlte das Firmament in derselben Farbe wie Ciaras Augen, und eine Helligkeit breitete sich über das Land aus, die Mike an Ciaras Lachen in dieser Nacht erinnerte.
    »Wieso können wir jetzt miteinander reden?«, richtete Ciara eine weitere Frage an ihre Mutter.
    »Weil du deinen Weg gefunden hast. Ich glaube, als Kind konntest du unbeschwert in deinen Träumen umherschweifen, aber erinnere dich zurück. Niemals hast du mit jemandem gesprochen, oder?«
    Ciara schüttelte den Kopf.
    »Und deine Träume waren eher farblos, nicht wahr?«
    Zaghaft nickte Ciara.
    »Mein Erbe, mein Kind, konntest du erst mit deinem 19. Geburtstag erlangen.«
    »Dein Erbe? Dann war dein Tod kein Zufall?«
    »Doch, das war er, aber du hättest meine Aufgabe auch übernehmen können, wenn ich noch gelebt hätte.«
    »Was sind meine Aufgaben? Die Seelen der Toten in mich aufnehmen?«
    »Oh, nein. Das ist das Erbe deines Vaters. – Kommt, lasst uns Pwyll und Arawn einen Besuch abstatten.«
    »Wer ist nun wieder Arawn?« Mike erschienen all die Namen wie Fremdwörter aus einem gälischen Wörterbuch, und das, was Ciaras Mutter erzählte, verwirrte ihn
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