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Ciara

Ciara

Titel: Ciara
Autoren: Nicole Rensmann
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Rache für all die Frauen, die er nach wenigen Nächten ausgetauscht hatte? Oder manipulierte Ciara ihn doch? Er wünschte sich die Kraft, sie zu verlassen, und doch sehnte er sich danach, bei ihr zu bleiben und diese Nacht mit ihr zu teilen. Es war Zeit, endlich eine Entscheidung zu treffen. Wenn sie ihn in dieser Nacht zurückließ, würde er den Platz räumen.
    Der zunehmende Mond sah aus wie ein runder Keks, von dem jemand ein Stück abgebrochen hatte. Er prangte leuchtend über dem dichten Tannenhain, der Ciaras Haus umgab. Und dann zeigten sich die ersten Nebelschwaden in dieser sternklaren Nacht des Samhain. Mike schüttelte ungläubig den Kopf. Alles passte perfekt.
    »Komm, schnell!« Ciara zog ihn ins Haus und verschloss die Tür.
    »Hast du Angst?«
    »Nein, aber heute gibt’s hier keine Party. Heute gehen wir zu ihnen. Lass uns schlafen gehen.«
    Mike wandte sich zur Treppe, um in sein Zimmer zu gehen.
    »Bleib heute Nacht bei mir. Bitte!«
    Ein tiefer Seufzer befreite sich aus Mikes Brust. »Ciara – nur dieses eine Mal.« Sie nickte und zog ihn mit in ihr Schlafzimmer, wo sie sich angekleidet auf das Bett legten und darauf warteten, dass der Schlaf sie übermannte. Unruhig wälzten sie sich hin und her, ohne Ruhe zu finden. Nur das Frettchen schlief leise schnurrend zwischen ihnen.
    »Wir werden nie einschlafen, wenn wir uns so darauf konzentrieren«, stellte Mike fest.
    »Ich mach uns einen Tee.« Ciara erhob sich.
    »Du kannst auch eine Tablette nehmen, das wirkt schneller.«
    »Ja, schon, aber ob es die gewünschte Wirkung hat?«
    »Du meinst, ob der künstlich erzeugte Schlaf uns dahin bringt, wohin wir möchten?«
    Ciara nickte. Als sie im Türrahmen stand, drehte sie sich noch einmal um. »Kommst du mit?« Woraufhin auch Mike auf die Füße sprang und Ciara in die Küche folgte.
    Von dem Teeschrank wusste Mike längst, jedes Mal jedoch bestaunte er den Inhalt aufs Neue. Darin befanden sich unzählige Glasbehälter, in denen getrocknete Kräuter lagerten, deren Namen Mike teilweise nie zuvor gehört hatte.
    »Was kommt in deinen Schlaftee?« Mike betrachtete Ciara fasziniert, während sie, ohne auf die Aufschriften zu achten, getrocknete Blätter oder Blüten aus unterschiedlichen Dosen in einen Mörser aus schwarzem Marmor füllte und darin zu groben Stückchen zerstampfte.
    »Melisse, Rosmarin und Baldrian«, antwortete Ciara, stellte den Wasserkocher an und Tassen sowie eine Teekanne bereit.
    »Hast du nicht vier Sachen verwendet?«
    »Gut aufgepasst!«
    »Und? Was ist die vierte Zutat?«
    »Spinnenbeine.«
    »Und ich dachte schon Froschaugen. Spinnenbeine gehen ja noch.«
    Ciara drehte sich zu ihm. »Nein, Froschaugen kommen nur in die Suppe morgen Mittag. Davon hab ich nicht mehr so viele.«
    Sie lächelte ihn an. Bei jeder anderen Frau wäre Mike jetzt aufgestanden und hätte sie, ohne lange darüber nachzudenken, auf dem Küchentisch geliebt, stattdessen senkte er den Blick und starrte auf den Kocher, der sich in diesem Augenblick mit einem leisen Klick selbst ausschaltete.
     
    Nachdem der Tee gezogen war und trinkfertig vor Mike und Ciara stand, fragte Mike erneut nach der vierten Zutat.
    »Du musst nicht alles wissen. Aber es sind weder Spinnenbeine noch Froschaugen. Auch keine anderen tierischen oder menschlichen Produkte, keine Sorge.«
    »Na gut. Kräuterfeengeheimnis, ja?!«
    Ciara verdrehte die Augäpfel. »Genau. Trink jetzt und gib Ruhe!« Ihre Miene blieb ernst, aber ihre Augen lachten ihn an.
    Mike kam dem Befehl unverzüglich nach und trank einen Schluck des heißen Getränks. Er hatte sich an den manchmal eigentümlichen Geschmack ihrer Tees gewöhnt, nur selten benötigte er noch Honig oder Sirup, um die Bitterkeit einiger Kräuter zu verdrängen. Er trank einen weiteren Schluck. Dann fächerte er sich den Dampf zu und schnupperte daran. Er stöhnte leise auf. »Es ist dein Geruch, du bist die vierte Zutat!« Noch einmal sog er den Duft der Schwaden ein, dann rief er: »Lavendel!«
    Auch Ciara nippte an ihrer Tasse. »Baldrian überdeckt normalerweise den Duft des Lavendels. Erstaunlich, deine Sinne. Nicht übel für einen Mediziner.«
    »Nicht übel für einen Mediziner?«, wiederholte Mike ihre Worte.
    »Du weißt, wie ich es meine.«
    »Ja? Weiß ich das?« So neckten sie sich oft, jetzt aber ging Ciara nicht mehr darauf ein. Mike ahnte, warum.
    Sie tranken schweigend den Tee aus und versuchten ein weiteres Mal, der Realität zu entkommen und in einen traumreichen Schlaf
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