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Ciara

Ciara

Titel: Ciara
Autoren: Nicole Rensmann
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seltsames Gefühl von Freiheit überkam ihn, als sei ein Knoten in seinem Inneren geplatzt. Er holte Schwung und katapultierte den zweiten Apfel wie ein Geschoss mit einem Schrei in die Flammen. Das Gefühl der Erlösung breitete sich weiter in ihm aus.
    Ein neues Jahr begann, die Altlasten musste er hinter sich lassen, um Platz für Neues zu schaffen und aufnahmefähig für die Zukunft zu werden. Wieder und wieder griff er nach Birnen, Kohlrabi und weiteren Geschenken der Natur und schleuderte die Opfergaben mit kraftvollen Stößen ins Feuer: Für die Verletzungen des vergangenen Jahres, für Fragen und Sehnsüchte, gegen Ängste und um die Trauer zu vergessen, gegen nicht gestillte Lust und zu viele Verluste. Und zum Abschluss eine große Zuckerrübe, die Mikes altes Leben verkörpern sollte. Die lodernden Zungen des Feuers geiferten danach. Schweißflecken bildeten sich unter den Achseln seines Hemdes und auf seinem Rücken, er zog es sich aus, wischte sich mit dem Stoff den Schweiß von der Stirn, warf das Hemd der Rübe hinterher ins Feuer und lachte Ciara glücklich an. So gut hatte er sich noch nie gefühlt.
    Plötzlich verstummte das Rufen und Jauchzen der Menge um sie herum. Selbst das Knistern des Feuers schien leiser geworden zu sein.
    Die Menschen umringten Mike und Ciara, als erwarteten sie eine Vorstellung. Aufgerissene Augen, in denen sich Erstaunen und Neugier zeigten, musterten sie. Dann rief von hinten eine weibliche Stimme: »Er trägt die Schlange!«
    Mike wischte mit der rechten Hand, als wolle er eine Fliege verscheuchen, über den linken Oberarm, wo der Kopf der tätowierten Schlange ruhte. Nun sah es auch Ciara, und sie schien nicht minder erstaunt. Und dann begann das tosende Erwachen in einer anderen Welt. In der Mitte des Feuers wirbelte eine Windhose die orangefarbenen glühenden Feuerzungen umher, bis sie in der Mitte des Sturms verglommen, der sich nun auf die Menge zubewegte. Kreischend retteten sich die Menschen in ihre Häuser und Keller, die Ciara für sie erträumt hatte. Sie selbst hielt sich an Mike fest. Suchend schaute sie sich nach ihrer Mutter um und entdeckte sie an einem Baumstamm geklammert. »Ciara«, schrie sie zu ihr hinüber. »Ciara, du musst zurückkehren und aus dem Kessel des ewigen Lebens trinken. Wenn du stirbst, wird auch unsere Welt sterben. Das ist mein Erbe!«
    Ciara konnte nicht mehr antworten, denn der Wirbelsturm trieb auf Mike und sie zu und erfasste ihre Leiber, sog sie in seinen Kegel hinein und schob sie unermüdlich nach oben, um sie schließlich aus seinem Trichter auszuspucken. Mike und Ciara hielten sich aneinander fest und fielen … fielen … in die Dunkelheit hinein,
bis sie zuckend auf Ciaras Bett erwachten.
     
    Mike lag auf dem Rücken, sein nackter, muskulöser Brustkorb bebte. Wie üblich beruhigte sich Ciara schneller als Mike, der noch schnaufte wie eine Dampflok.
    »Ich kann es nicht glauben.« Sie stützte sich auf einen Ellbogen und schaute zu Mike herüber, der sich auf die Seite legte und den Blick erwiderte. »Ich auch nicht. Ich habe längst noch nicht alles verstanden, was da eben geschehen ist.«
    »Zeig sie mir!«
    »Was? – Wen?«
    »Die Schlange.«
    Ruckartig setzte sich Mike auf, legte seine zu einem Zopf zusammengebundenen Haare nach vorn, damit Ciara die schwarze Schlange bewundern konnte.
    Sie begann mit den Fingerkuppen ihrer rechten Hand über den flachen Kopf der Kobra zu streicheln, folgte weiter dem Verlauf des schlanken, gewundenen Körpers über Mikes Bizeps zu seinen Schulterblättern, streichelte den Bauch der Schlange, der sich über Mikes Nacken legte, und gelangte schließlich von der anderen Schulter hinunter zum schmaler verlaufenden Schwanzende.
    »Es ist nur ein Tattoo«, stöhnte Mike, seine Erregung brachte ihn an den Rand des Wahnsinns. Allmählich verlor er die Kontrolle über sich. Doch seine Gier konnte nicht durch Blut gestillt werden.
    »Ich hab noch nie an Zufälle geglaubt.« Er spürte ihren warmen Atem auf seiner Haut und roch den Duft ihrer Haare. Dann begann Ciara erneut den Schlangenkopf mit den Fingern zu streicheln, und schließlich küsste sie die Stirn des glänzenden Tattoos. Seine Muskeln darunter spannten sich. Mit der Zungenspitze leckte sie über die salzige Haut der Schlange, vom Kopf bis zu ihrem Schwanzende. Mike atmete schneller, dann drehte er sich hastig zu ihr um. Er packte Ciara an den Oberarmen und hielt ihren Blick gefangen. Langsam näherten sich ihre Köpfe, sie
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