Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mission Spyflight

Mission Spyflight

Titel: Mission Spyflight
Autoren: Ilkka Remes
Vom Netzwerk:
|7| 1
    Das Paradies war ein riesiges Gebäude aus Glas, rostfreiem Stahl und dunklem Stein. Aaro starrte es mit pochendem Herzen an. »Ob die uns überhaupt ernst nehmen?«, murmelte er.
    »Mach dir keine Gedanken. Sobald das Geld spricht, hören die Leute zu«, erwiderte Niko und klopfte auf seine Brusttasche, ohne den gebannten Blick vom Gebäude zu lösen.
    Aaro war da nicht so überzeugt. Gerade trat ein Mann mit Anzug und Krawatte durch die Eingangstür, während sie Jeans, T-Shirt und Turnschuhe trugen. Aaro hatte einen Rucksack auf, Niko hielt eine Plastiktüte von Lidl in der Hand, die ihren Proviant enthielt: Bratwurst und Energiegetränke.
    »Nun komm schon«, sagte Niko und ging ungeduldig auf den Haupteingang zu. Auf dem Dach des Tempels drehte sich ein kreisförmiges Symbol mit Stern. Der warme Juniwind wehte von Süden her, aber die Sonne war hinter einer Wolke verschwunden.
    Aaros Blick glitt über all die Mercedes-Limousinen, die millimetergenau in schrägen Lücken geparkt waren. »Mercedes-Benz Klughof« war einer der größten Vertragshändler |8| der deutschen Nobelmarke in der Region München. An Nikos verklärter Miene las Aaro ab, dass sein Freund sich in einem fast gefährlichen Zustand befand. Was das Autofieber besonders gefährlich machte, war die Tatsache, dass sich in Nikos Brusttasche ein Bündel astreiner violetter Fünfhunderteuroscheine befand.
    Sie hatten das Geld in einem Schmuckgeschäft in der Münchner Innenstadt bekommen, wo sie den Goldbarren verkauft hatten, den sie im Mai in der Nähe von Bergstein im Wald versteckt hatten. Ein zweiter Barren wurde in einem Bankschließfach in Helsinki aufbewahrt. Nur widerwillig hatte Aaro den Vorschlag von Niko akzeptiert. »Wenn wir den zweiten Barren aus Deutschland holen«, hatte Niko gesagt, »kaufen wir bei der Gelegenheit einen Benz, bringen ihn nach Finnland und verkaufen ihn dort mit Gewinn weiter.« An sich fand Nikos Absicht, das gemeinsame Kapital zu vergrößern, durchaus Aaros Unterstützung, aber die Methode war ihm nicht geheuer, denn er kannte sich mit Autos nicht aus.
    Bei Niko war es genau umgekehrt. Und er war schnell beleidigt, wenn seine fachliche Kompetenz auch nur ansatzweise infrage gestellt wurde.
    Die Innenräume der Autohandlung waren noch beeindruckender als die Fassade. Der blank polierte Marmorboden reflektierte den Schein der kleinen, sternförmigen Spots an der Decke. Jedes Auto thronte auf einem Podest, hier und da standen komfortable Sitzgruppen und moderne Kunstwerke.
    Der Anblick ließ beide Jungen verstummen. Im Hintergrund |9| lief gedämpfte klassische Musik. Niko fummelte nervös am Tragegriff seiner Plastiktüte und Aaro musste sich erst wieder ins Gedächtnis rufen, dass sie als Kunden kamen   – als zahlende Kunden.
    »Wo ist denn hier die Gebrauchtwagenabteilung?«, flüsterte Niko.
    »Guten Tag«, sagte eine kühle Frauenstimme in ihrem Rücken. Sie drehten sich um. Hinter einem geschwungenen Schalter, der aussah wie eine riesige Blumenvase, stand eine blonde, unglaublich gebräunte und sorgfältig geschminkte Frau und fragte ohne jedes Lächeln: »Kann ich Ihnen helfen?«
    Aaro räusperte sich und richtete sich samt seinem Rucksack so weit wie möglich auf. »Wo stehen denn die gebrauchten Autos?«, fragte er auf Englisch.
    Die Frau wies nach rechts und musterte die beiden Jungen verächtlich.
    »Danke. Darf man damit rechnen, dort beraten zu werden?«, fuhr Aaro in seinem besten britischen Englisch fort.
    Die Frau antwortete nicht.
    Die Jungen gingen in die angrenzende Halle, die um einen Grad karger wirkte, aber so sauber war wie ein Operationssaal. Auf dem hell gestrichenen Betonboden standen die Autos in geraden Reihen. Ein älterer Mann im Arbeitsoverall ging mit dem Staubwedel zwischen ihnen hindurch.
    »Die sind auch noch furchtbar neu«, sagte Niko.
    Die Schilder an den Windschutzscheiben zeigten irrwitzige |10| Preise. Wo waren die billigen Autos? Deutschland sollte doch voll davon sein, hieß es in Finnland immer.
    Ein Verkäufer im dunklen Anzug unterhielt sich lebhaft mit einer Kundin. Niko blieb vor dem preiswertesten Fahrzeug einer Reihe stehen und sah die Angaben zu technischen Daten und Ausstattung durch. »Sieh dir diese Zubehörliste an!«, sagte er begeistert. » E-Klasse , drei Jahre alt. Ein paar Kilometer zu viel drauf, aber das stört bei einem Benz nicht weiter.«
    »Sieh du dir lieber den Preis an!«, gab Aaro zurück.
    »Ja, ja, aber dementsprechend mehr könnte man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher