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Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See

Titel: Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
Autoren: Andrea Schacht
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Sturmflut
    Ich hatte es in den Schnurrhaaren! Ganz deutlich spürte ich es in den Schnurrhaaren.
    Schnurrhaare sind äußerst sensibel. Und meine ganz besonders.
    Ein Unglück dräute!
    Ein gewaltiges Unglück.
    So gewaltig, dass ich mich zitternd und zagend am liebsten in einem Loch im Sand vergraben hätte.
    Aber das durfte ich nicht. Denn da war ja noch Janed. Und Janed musste gewarnt werden. Also gab ich mein schützendes Fleckchen unter den Hortensien auf und streckte meine Nase in den Wind.
    Wind – na ja, das war schon etwas mehr als nur ein Wind.
    Die aufgewühlte Luft zerrte an meinen Ohren, fuhr mir von hinten durch den Pelz, was überhaupt kein schönes Gefühl war. Sandkörnchen fegten durch die Luft und verfingen sich in dem wei chen Unterfell, Staub wirbelte mir in die Augen, und – pfui – ein schaumiger Fetzen salziger, weißer Gischt klatschte mir mitten ins Gesicht.
    Möwenkacke!
    Das mochte ich gar nicht.
    Auch dieses Geräusch mochte ich nicht. Dieses Donnern
und unterirdische Grummeln, wenn die Wellen gegen die Felsen unter mir krachten. Dieses Gestöhne, mit dem der Sturm um die Klippen fegte. Das Knarren der Pinienstämme, die ihre Kronen bis fast auf den Boden beugten. Noch weniger liebte ich die ekstatischen Schreie der Möwen, dieser blöden Vögel, die den Sturm auch noch genossen und wie wild gewordene Papierfetzen über die Klippen tänzelten.
    Möwen waren meine geschworenen Feinde.
    Sie lachten immer so höhnisch.
    Über mich. Über wen sonst?
    Ich hasse Möwen.
    Trotzdem, ich musste zum Haus, zu Janed.
    Dunkelgraue Wolken fetzten über den Him mel, der Horizont hatte sich widerlich gelb verfärbt, das Meer draußen brodelte wie sonst nur die Suppe in Janeds Kessel. Tief geduckt, um dem heulenden Wind nicht zu viel Angriffsfläche zu bieten, schlich ich mich über den steinigen Pfad zwischen dem kratzigen Heidekraut. Nur dann und wann hielt ich inne, um den Kopf zu heben. Ich musste mich auf meine Augen verlassen, die Nase tat es bei derartig durcheinandergewirbelten Luftmassen nicht mehr.
    Eine besonders gemeine Böe hätte mich beinahe erfasst und gegen einen spitzen Stein geschleudert. Mit den Krallen konnte ich mich gerade noch in dem niedrigen Gestrüpp festhalten. Schon platschten Regentropfen auf den Boden, Wasser kroch mir in das linke Ohr, und ich musste meinen Kopf heftig schütteln.
    Ich hasse Wasser. Es ist so nass!
    Aber trotzdem, ich musste zum Haus, zu Janed.

    Noch ein paar Schritte zwischen den Felsbrocken hindurch, dann konnte ich den breiten Weg erkennen, der vom Dorf zu unserem Haus auf den Klippen führte.
    Da! Dahinten kam sie. Mit einer Hand hielt sie ihr Kopftuch fest, in der anderen trug sie die Korbtasche und versuchte, mit ihr den flat ternden Rock zu bändigen.
    Arme Janed. Auch sie hatte gegen den gemeinen Wind zu kämpfen. Und sie hatte noch nicht einmal Krallen an den Füßen, mit denen sie sich festhalten konnte. Gebeugt stemmte sie sich gegen die Böen und kam nur Schritt für Schritt voran.
    Ich woll te ihr entgegenlaufen, aber das war ausgesprochen mühsam.
    Also kroch ich geduckt weiter.
    Am Mäuerchen vor dem Haus trafen wir endlich zusammen.
    »Ei, Pantoufle, gut, dass du es geschafft hast. Schnell hinein ins Trockene, mein Kleiner. Das wird ein schlimmes Unwetter!«
    Man brauchte also nicht einmal Schnurrhaare, um das zu erkennen.
    Erleichtert betrat ich mit ihr das schützende Haus.
    Man muss es den Menschen lassen, sie haben es raus, sich gemütliche Unterschlupfe zu schaffen. Dieser hier bestand aus Feldsteinen und hatte ein festes Dach, sodass es nicht hineinregnen konnte. Und eine Tür und Fensterläden, blaue, die man zumachen konnte, damit der Wind nicht hindurchfegte. Und eine Feuerstelle. Eigentlich ist mir Feuer ja unheimlich, aber Janed hat es gut im Griff. Sie stellte die Tasche ab und kümmerte
sich um den Kamin. Das war ihre Aufgabe. Meine war es, den Inhalt der Tasche zu prüfen.
    Sar dinenpaste, ein paar Stücke ro hen Fisch, irgendein unnützes Gemüsezeug, Milch in ei nem Krug. Das war gut.
    Weniger gut war es, dass der Rauch in den Raum gedrückt wurde, weil der Sturm im Schornstein jammerte. Janed stieß ein paar unwirsche Worte hervor und machte das Feuer wieder aus.
    »Es wird eben etwas ungemütlich heute Abend, Pantoufle«, sagte sie zu mir, und ich beschloss, mich dicht bei ihr zu hal ten, um ihr das Leben ein we nig angenehmer zu machen. Beispielsweise auf ihren Schoß zu springen, um sie anzuschnurren. Das mö gen
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